Neue Ergebnisse des Forschungsprojekts „Future Meeting Space“

Teilnehmer-Experience im Fokus – so begeistern Veranstaltungen

Der deutschen Eventbranche geht es gut – steigende Besucherzahlen, Location-Neueröffnungen im ganzen Land und regelmäßig hohe Platzierungen in diversen Destinations- und Kongressrankings bescheinigen dies. Doch das große Schreckgespenst „Digitalisierung“ macht auch vor der Veranstaltungsbranche keinen halt und so versucht man sich gut aufzustellen mit neuen Tools, Formaten und innovativen Ideen für die digital Natives und kommenden Generationen, die (scheinbar) Events ganz anders erleben wollen.

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Begeisterte Menschen(Bild: Pexels)

Übersicht

Homo eventus wird zu Homo eventus digitalis

Teilnehmer Experience 4.0

Teilnehmertypen

Erfolgsfaktoren

Praktische Handlungsempfehlungen

So geht’s weiter


Um sich auf die kommenden Entwicklungen einstellen und Prozesse weiterentwickeln zu können, ist es jedoch hilfreich, den Ist-Zustand zu kennen. Also welche Bedürfnisse Veranstaltungsteilnehmer schon heute an Events haben, welche Faktoren dafür sorgen, dass Besucher von einer Veranstaltung begeistert sind. Genau dies hat das GCB German Convention Bureau gemeinsam mit dem EVVC – Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren und dem Fraunhofer IAO im Forschungsprojekt Future Meeting Space in einer zweiten Projektphase untersucht.

„Das Ziel der zweiten Forschungsphase des Projekts ‚Future Meeting Space‘ war nicht primär eine Vorhersage über die Gestalt von Veranstaltungen in der Zukunft, sondern zunächst einmal eine solide Analyse des Status quo, die es in dieser wissenschaftlichen Form bisher noch nicht gab“, erläutert Matthias Schultze, Managing Director des GCB. Diesen Ist-Zustand zu kennen, sei laut Schultze eine wichtige Voraussetzung, um im nächsten Schritt die Akteure der Veranstaltungsbranche auf ihrem Weg in die Zukunft begleiten zu können. Durch die zweite Projektphase seien die Partner aus der Branche nun in der Lage, die für sie beziehungsweise ihre Zielgruppe jeweils relevanten Faktoren zu identifizieren und ihren Fokus darauf zu richten – mit dem Ziel, künftig ihre Veranstaltungen zu optimieren.

Homo eventus wird zu Homo eventus digitalis

Denn glaubt man Matthias Schultze wird aus dem Homo eventus, dem sich seit Urzeiten zu rituellen, gemeinschaftlichen Versammlungen zusammentreffenden Veranstaltungsbesucher, in Zukunft ein Homo eventus digitalis. Die Digitalisierung wird das Zusammentreffen von Menschen, die Art wie Veranstaltungen durchgeführt werden, nachhaltig verändern. Damit die Branche nicht nur Schritt halten, sondern den Prozess maßgeblich mit beeinflussen kann, wurde der Innovationsverbund Future Meeting Space gegründet. Eine erste Projektphase untersuchte dabei die räumlichen und infrastrukturellen Anforderungen an Veranstaltungen und stellte neue Eventformate, sechs sogenannte „Future Meeting Szenarien“, vor.

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Future_Meeting_Space_Szenarien(Bild: GCB German Convention Bureau e. V)

Teilnehmer Experience 4.0

In der zweiten Projektphase wurden nun Teilnehmertypen herausgearbeitet und gängige Annahmen zur Wirkungsweise bestimmter Faktoren bei Events überprüft. Dabei lautete die Fragestellung, so Schultze, ob und wie sich der Einsatz unterschiedlicher methodischer und technologischer Elemente bei Veranstaltungen im Hinblick auf Akzeptanz, Wissensvermittlung, Lernfortschritt und Erlebniswert auswirkt und ob sich dabei auch Unterschiede bei den unterschiedlichen Teilnehmertypen feststellen lassen.

Im Hinterkopf dabei immer die Frage, wie sich Veranstaltungen erfolgreich durchführen lassen. Eine erste zentrale Antwort der Untersuchung: Um ihre Teilnehmenden zufriedenzustellen, sollten Veranstaltungsplaner den Fokus auf Wissensvermittlung sowie überraschende oder verändernde – disruptive – Elemente richten und gezielt auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Teilnehmertypen eingehen.

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Sechs Teilnehmertypen

Insgesamt sechs Teilnehmertypen konnten im Rahmen der zweiten Projektphase, für die zwischen September 2017 und Juni 2018 in einer Online-Umfrage 1.100 Personen befragt wurden, ermittelt werden. Dabei wurden die Modellpersonen nach soziodemografischen Fakten sowie einer Reihe von Indizes geclustert. Sie unterscheiden sich beispielsweise im Grad der Technikaffinität und im Kommunikationsverhalten, sind mehr oder weniger stark karriereorientiert und auf jeweils unterschiedlichen Ebenen in ihrer Organisation zu finden. Je nach Teilnehmertyp spielen auch Alter und Geschlecht eine Rolle.

Future Meeting Space Teilnehmertyp(Bild: GCB German Convention Bureau e. V)

Typ 1

So kann ein Teilnehmertyp, dem laut Untersuchung ¼ der Befragten zugeordnet werden können, beispielsweise als technikaffin, jung und eher introvertiert bezeichnet werden. Die Person steht am Anfang ihres Berufslebens, wird die Veranstaltungen der Zukunft prägen und sollte von den Veranstaltern als Wiederbucher gewonnen werden.

Typ 2

Eine weitere Modellperson ist eher älter, überwiegend männlich, beruflich erfolgreich, technikaffiner und ein entspannter erfahrener Typ. Dieser Besucher ist auch selber als Referent unterwegs und macht ca. 10% des Datensatzes aus.

Typ 3

An den Typ 2 anschließend kann dieser Eventbesucher eingeschätzt werden. Auch er ist eher älter und männlich, ist jedoch ein ausgesprochen kommunikativer Mensch, der aktiv auf andere Personen zugeht und sich auch ungefragt beteiligt. Er weiß, was er will, und stellt für seine Karriere auch öfters die Familie hinten an.

Typ 4

Der Teilnehmertyp 4 hingegen kann auf allen hierarchischen Ebenen angetroffen werden, ist in seinem Unternehmen aber ebenfalls gut etabliert. Dieser eher ruhige und wenig technikaffine Besucher lässt sich gerne inspirieren, beteiligt sich aber, wenn gefragt und erforderlich, auch aktiv am Event.

Typ 5

Als eher ruhig, beobachtend, weiblich und weniger technikaffin kann der fünfte Teilnehmertyp beschrieben werden. Diese Besucherin arbeitet oft in Teilzeit und verhält sich auf einer Veranstaltung eher zurückhaltend, sie übernimmt nicht ungefragt die Gruppenmoderation oder lädt sich im Vorfeld die Event-App herunter, um schon erste Fragen zu stellen.

Typ 6

Jung überwiegend weiblich wissensbegierig – so lässt sich der letzte Teilnehmertyp beschreiben. Dieser Besucher verfügt über eine hohe Technikaffinität und rückt sich, obwohl er karriereorientiert ist und sich auf dem Weg nach oben befindet, nicht in den Vordergrund. Stattdessen beobachtet er auf einer Veranstaltung lieber und eignet sich möglichst viel Wissen an.

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Future Meeting Space Phase 2
Matthias Schultze (GCB) bei der Präsentation der Ergebnisse der Projektphase 2 des Innovationsverbunds Future Meeting Space (Bild: GCB German Convention Bureau e. V.)

Sechs Erfolgsfaktoren

Zusätzlich zu den Teilnehmertypen identifizierte der Innovationsverbund sechs Erfolgsfaktoren von Veranstaltungen. Diese Erfolgsindizes hängen alle miteinander zusammen und beeinflussen sich gegenseitig unterschiedlich stark. So ist allen voran der „Meta“-Faktor Zufriedenheit wesentlich von den beiden weiteren Faktoren Wissensvermittlung und Disruption geprägt. Teilnehmende sind dann mit einem Event zufrieden, wenn sie neues, im Arbeitsalltag umsetzbares Wissen erwerben konnten und wenn die Veranstaltung sie überrascht oder Veränderungen angestoßen hat. Weitere Erfolgsfaktoren sind der Netzwerkindex, der Interaktionsindex und der Digitalisierungsindex.

Für Dr. Stefan Rief, Leiter Forschungsbereich Organisationsentwicklung und Arbeitsgestaltung Fraunhofer IAO, war die Rolle, die der Faktor Disruption bei Veranstaltungen spielt, ein unerwartetes Ergebnis der Studie, auch wenn es natürlich Sinn mache, so Rief, dass Events, die überraschende Elemente böten, stärker in Erinnerung bleiben und somit für größeren Erfolg sorgen. Als ebenfalls unerwartet stuft Rief einige „Nicht-Korrelationen“ ein. So habe es ihn überrascht, dass es für den Faktor Netzwerken keine Rolle spielt, ob man alleine oder gemeinsam mit Kollegen eine Veranstaltung besucht, auch die Dauer des Events habe hier keine Auswirkungen. Auch habe die Analyse gezeigt, dass derzeit weniger neue und interaktive Formate zum Einsatz kommen als erwartet: Viele Veranstaltungen böten zum Beispiel ein dichtes Programm aus Frontalvorträgen, kaum Interaktionsmöglichkeiten und auch wenig Netzwerkgelegenheiten.

Die sechs Erfolgsfaktoren im Detail

Zufriedenheitsindex

Hierbei handelt es sich um eine Art „Meta“-Index, der grundlegend anzeigt, ob sich das Event für die Teilnehmer gelohnt hat und ob die Erwartungen erfüllt wurden.

Wissensindex

Wissensvermittlung gehört zu den wesentlichen Eigenschaften von Veranstaltungen. Der Wissensindex gibt an, ob Veranstaltungsteilnehmende neues Wissen erwerben, das Verständnis für ein Thema steigern und die neuen Erkenntnisse im Beruf implementieren konnten.

Netzwerkindex

Über diesen Index wird angezeigt, wie leicht Teilnehmer bei einem Event ins Gespräch gekommen sind, ob ihnen Networking-Möglichkeiten angeboten wurden und ob die Veranstaltung als eine Bereicherung für das persönliche Netzwerk wahrgenommen wird.

Interaktionsindex

Mit der Intensität interaktiver Formate befasst sich der Interaktionsindex. Hier zeigt sich, ob Teilnehmer interaktive Formate nutzen, ob sie dadurch neues Wissen oder Inspiration erhalten und ob die interaktiven Formate der Visualisierung von Ergebnissen dienen.

Digitalisierungsindex

Im Digitalisierungsindex finden sich sowohl interaktive Formate und Event-Apps als auch virtuelle Werkzeuge, digitale Visualisierungs-Tools oder Einbindungsmöglichkeiten durch Live-Schaltungen, Holografie und VR wieder.

Disruptionsindex

Der Disruptionsindex, der im Rahmen einer solchen Analyse erstmals betrachtet wurde, zeigt an, ob die Veranstaltung für Überraschung, Veränderung oder ein Gemeinschaftsgefühl gesorgt hat und dadurch in Erinnerung bleibt. Disruption wird in diesem Zusammenhang als das Aufbrechen gewohnter Strukturen hin zu etwas völlig Neuem verstanden.

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Praktische Handlungsempfehlungen

Abgeleitet aus den sechs Teilnehmertypen und Erfolgsfaktoren ergeben sich praktische Handlungsempfehlungen, die Planer bei der Durchführung erfolgreicher Veranstaltungen unterstützen sollen. So müssten eher stille Teilnehmertypen beispielsweise bei der Kommunikation unterstützt werden, um die gleichen Business-Chancen zu haben. Die Integration solch stiller Teilnehmenden kann durch Sitzplatzwechsel oder ein aktives Anleiten in kommunikativen Situationen gefördert werden. Teilnehmertypen, die wenig technikaffin sind, kann durch Hilfestellungen der Zugang zu neuen Medien und Technologien erleichtert werden.

Diskussion beim Meeting
Interaktive Formate und Kleingruppen fördern die Wissensvermittlung

Generell kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass der Aufwand, der mit der Veranstaltungsteilnahme verbunden ist, im Verhältnis zum Nutzen stehen muss. Beim Thema Vernetzung, Visualisierung und Präsentation sollten Planer zudem auf neuartige innovative Formate und Technologien setzen, dabei können Licht und Sound unterstützend wirken. Die Wissensvermittlung wird insbesondere durch interaktive Formate wie „Fish Bowl“ sowie Feedback-Apps und Kleingruppen gefördert, entscheidend sind dabei auch Referenten, die ein Thema umfassend beleuchten können. Neue Formate wie beschreibbare Wände oder großflächige Projektionsflächen, aber auch von Teilnehmenden selbst gestaltete Visualisierungshilfen intensivieren den Aufbau von Wissen. Angeregt wird dieser zusätzlich durch die Interaktion zwischen und mit den Teilnehmenden und Referenten, auch auf den Faktor Disruption zahlt dies positiv ein. Denn, so eine wichtige Erkenntnis der Studie, Veranstaltungen mit disruptivem Charakter, die Lebensläufe und Organisationen verändern, bleiben nachhaltig in Erinnerung.

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Zwei Menschen sitzen mit Rücken zueinander am Laptop
Technikaffin, jedoch introvertiert: Diesem Teilnehmertyp muss aktiv bei der Integration geholfen werden. (Bild: Pexels)

So geht’s weiter

„Nachdem die Ergebnisse jetzt in Rohform vorliegen, werden die beteiligten Partner im Innovationsverbund ‚Future Meeting Space‘ bis Jahresende einen ausformulierten Ergebnisbericht veröffentlichen, in dem die Ergebnisse der Analyse ausführlich beschrieben sein werden“, erläutert Matthias Schultze das weitere Vorgehen der Forschungsgruppe. Sämtliche relevanten Ergebnisse sollen zudem in Artikeln und Blogposts erläutert und schließlich in einem Dossier zusammengefasst werden. Darüber hinaus will der Innovationsverbund in Impulsvorträgen, Sessions und Transferworkshops die Ergebnisse der Analyse vermitteln und zu einem Transfer auf die eigene Organisation animieren.

Da ja die Wissensvermittlung einer der übergeordnet wichtigen Faktoren für den Erfolg von Veranstaltungen sei, werden sich die geplante dritte Forschungsphase des Projekts „Future Meeting Space“ mit der übergeordneten Rolle von Veranstaltungen als Impulsgeber für Wirtschaft und Wissenschaft beschäftigen, so Schultze. Wann die dritte Projektphase losgeht, steht noch nicht fest.

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