Marke trifft auf Hemmungslosigkeit

Festival × Brand: Sponsoring und Markenaktivierung auf Festivals

EVENT PARTNER sprach mit Arne Heyen, Leitung Konzeption/Kreation, Joke Event AG, über Chancen und besondere Anforderungen von Marken auf Festivals.

John Player Markenaktivierung
„John Player“: Aktivierend – die größten, durch Muskelkraft und Taktgefühl betriebenen Turntables der Welt (Bild: HYPEUP GmbH)

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Warum sollten sich Marken auf Musikfestivals präsentieren?

Arne Heyen: Festivals schaffen einen kommunikativen Rahmen, ein Thema, das uns ermöglicht, über einen langen Zeitraum On- und Offline zu werben.

Wir erreichen eine sehr gut planbare, erlebnisorientierte Zielgruppe – (meist) jung und kommunikativ; oftmals meinungsbildend in ihrem Umfeld. Und wer auf welche Festivals geht, ist meist sehr gut vorhersehbar. Die großen Veranstalter erheben mittlerweile Daten der Besucherstruktur.

Und das Thema ist extrem positiv besetzt! DER Ausbruch aus dem Alltag. Intensiv, hemmungslos, emotional, verrückt und meistens, zumindest zeitweise, berauscht. Berauscht von Acts und Bühnenshows, atemberaubenden Kulissen- und Bühnenbauten, inspirierenden Momenten, einem einmaligen Umfeld, idyllischem Camping mit Freunden und Bier.

Die Leute freuen sich das ganze Jahr aufs Hurricane, Wacken, Parookaville … Als Brand wirst du Teil der Vorfreude, der Erlebnisse, der Erinnerungen.


Über Arne Heyen

Arne Heyen(Bild: Martin Ebeling)

Arne Heyen hat vor knapp 20 Jahren mit der Organisation von Festivals und Konzerten begonnen und bringt heute als Leitung Konzeption/Kreation bei der Agentur für Markeninszenierung und Live-Kommunikation Joke Event AG die Welten von Live-Kommunikation, Markeninszenierung und Rock´n´Roll zusammen.


Funktioniert das bei allen Marken?

Heyen: Nein. Die Produkte oder Dienstleistungen der Brand brauchen eine Relevanz für die breite Masse oder die spezifischen Festivalzielgruppen. Die Partnerschaft muss Sinn machen und möglichst authentisch sein. Im besten Fall fügt sich die Marke in die notwendige Grundversorgung eines Festivals ein.

Marken bzw. Produkte, die für Festivalbesucher:innen eher irrelevant sind, oder Nischenprodukte würden viel Streuverlust erleiden. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch sinnvoll sein könnte, als z. B. Möbelhaus auf Festivals zu werben, aber der Anlass sollte sich strategisch schon klar erschließen. Eine groß angelegte Verjüngungskampagne, mit maximaler Sichtbarkeit beim Jungvolk, könnte so ein Anlass sein. Marken-Botox quasi.

Als Nischenprodukt macht es nur dann Sinn, wenn man auf Festivals genau seine Zielgruppe finden kann. Anbieter von Ohrstöpseln, Powerbanks … Man sollte als Marke genau prüfen, welcher Anteil der Besucher:innen und der am Festival Interessierten (digital) relevant sind.

Billy Boy Kanone
Einfach, aber zielsicher: die BillyBoy-Kanone (Bild: Ferdinands Feld)

Wie ist die Beziehung zwischen Festivals und Brands geregelt?

Heyen: Marken treten in der Regel als Sponsoren auf. Im Grunde läuft das so wie beim Fußball, nur anders. Werbeflächen und Fame gegen Geld. Digital und vor Ort. Die Verträge werden individuell verhandelt, bestehen aber meist aus standardisierten Bausteinen. Von Social-Media-Beiträgen, Logo-Platzierungen und gemeinsamen Online-Aktivierungen bis zu Werbeflächen auf dem Gelände, an den Bühnen und natürlich den Standflächen für Aktivierungen vor Ort.

Beim Fußball komme ich als Sponsor aber eher selten in die Situation, in einen Dialog mit den Fans zu kommen. Ich sende meine Botschaft, erhalte aber selten Antworten. Auf Festivals ist das anders. Wir sind mittendrin, nicht nur an der Bande oder auf dem Trikot. Das macht es sehr intensiv. Wir sind den Leuten, zumindest vor Ort, extrem nah. Aufgrund echter Interaktionen entstehen echte (Kunden-)Beziehungen.

Aufblasbarer Flamingo auf einem Festival
Sichtbarkeit: EWE immer mit im Bild (Bild: fotoduda.de)

Was haben Marken davon, Partner von Musikfestivals zu werden?

Heyen: Wir nutzen das Image der Festivals für unser eigenes. Wir sprechen Leute an, deren Interesse wir vermeintlich teilen. Bewerben unsere Produkte in einem positiven Kontext. Wir erzielen hohe Reichweiten (live und digital), sind auf dem Festival omnipräsent und kommen sehr nah dran an unsere Zielgruppen.

Wir haben endlich ein Thema und generieren coolen Content. Kaum Brands generieren guten und markenbildenden Content, aus sich selbst heraus. Worüber soll man reden? Was ist der Aufhänger meiner Ad-Kampagne? Was interessiert meine potenziellen Follower? Festivals liefern Themen, Namen, Bilder, Emotionen. Im besten Fall für ein halbes Jahr.

Die Festivalbesucher:innen sind b(e)reit für uns! Wir kommunizieren mit unserer Zielgruppe in einem sehr emotionalen Umfeld. Die gemeine Festival Besucher:in befindet sich auf einem mehrtägigen Dopamin-Trip. Irgendwo zwischen Abzappeln an der Mainstage, Beerpong am Zelt, Schlendern am Foodcourt oder der Suche nach einem einigermaßen ordentlichen Dixi-Klo. Und wo und wann auch immer: Die Leute haben Bock! Und Zeit. Wenn wir was Sinn- oder Erlebnisstiftendes beizutragen haben oder ein im Festival-Kontext lebensnotwendiges Produkt anbieten (z. B. Bier), dann finden wir hier Kundschaft für intensive Kontakte.

Aldi Nord Festival
Elementar fürs Festival, gut für die Marke! Aldi auf dem Deichbrand (Bild: Aldi Nord)

Kannst du „intensiven Kontakt“ etwas genauer beschreiben? Was macht man mit den Leuten?

Heyen: Im besten Fall werden wir zum Teil ihrer Festival-Experience. Wir kreieren Momente, die die Erlebniswelt Festival und Brand zusammenbringen. Wir machen Spaß, wecken Begehren, lösen Probleme, sehen geil aus und sind im besten Fall extrem instagramable.

Das bin ich als Marke übrigens nicht, wenn ich einfach nur hübsch aussehe und doof rumstehe. Es braucht Erlebnisse, an die man sich erinnert, die man teilt. Erlebnisse, die sich einreihen in drei Tage emotional aufs Mett.

Uraltersheim von Asbach
Das Uraltersheim von Asbach; Konzeption und Umsetzung von der Kölner Agentur Revo (Bild: Revo GmbH)

Wie aktiviert man Leute, irgendwo zwischen Deichkind und Beerpong? Wie fällt man auf?

Heyen: Beim Fußball müsste man nackig übers Feld flitzen! Sei dir unbedingt bewusst, wo du bist und was um dich herum stattfindet. Du konkurrierst mit unzähligen Erlebnissen, und wenn du die Leute nachhaltig aktivieren willst, musst du dir was einfallen lassen. Chillen im Markenraum reicht meistens nicht mehr aus. Zum Chillen ja, aber nicht für einprägsame Erlebnisse. Und du bist selten allein. Auf Festivals sind in der Regel viele Marken, die sich was einfallen lassen.

Sei mutig, sei laut, sei unerwartet. Und schaffe Mehrwert.

Jägermeister Gigant Festival
Ich will da rein: der Jägermeister Gigant | Urheber: Alexander Hamm Design (Innen- und Außendesign, Idee und Konzept, Entwicklung) (Bild: alexanderhamm.de / kopfdersache.de)

Was muss man als Marke wissen, wenn man auf Festivals will?

Heyen: Festivals sind in vielen Punkten sehr speziell, und Festival-unerfahrene Marken oder Berater:innen neigen regelmäßig dazu, den Aufwand und den notwendigen Vorlauf einer gut gemachten Kampagne oder Aktivierung zu unterschätzen und die Stolpersteine mitzunehmen.

Ich wundere mich zum Beispiel jedes Jahr wieder, wie viele Marken noch immer mit Containern oder Retro-Fahrzeugen im Foodtruck-Style unterwegs sind und aus der Masse kaum rausstechen. In meinen Augen ist das der falsche Weg, wenn man in der Erinnerung der Gäste einen Platz finden will. Ich nenne das Ideal-Standard. Kann man machen, ist auch praktisch, aber leider nicht besonders unique.

Festivals sind Rock´n´Roll, kein Ponyhof! Verbindlichkeit, minutiöses Timing, exakte Regiepläne, pünktliches Personal und sauberes Equipment gehören ausdrücklich nicht zu dem, was man als Maßstab setzen sollte. Spaltmaße sind zu akzeptieren. Keine Mülleimer? Kein Gabelstapler? Erst in drei Stunden? Die Hands haben abgesagt? WiFi am Stand läuft nicht? Weniger Gäste? Gewitter? Matsch? Staub? Hitze? Nützt nix. Muss fertig. Nix für Weicheier:innen.

Wer mit Festivals glücklich werden will, braucht ein hohes Maß an Improvisationsfähigkeit, die Bereitschaft für lange Tage und Nächte und vor allem Bock. Wer keinen Bock auf Festivals hat, wird dort auch nicht gern arbeiten und sich auch nur bedingt einfühlen können.

Und Festivals haben einen anderen, ganz eigenen Rhythmus, der sich auch noch von Festival zu Festival unterscheidet. Den muss man kennen. Wann haben die Leute BOCK? Wann spielen die Headliner? Wann ist Langeweile und Zeit für Aktivierung? Mit einer 12-bis-20-Uhr-Promotion verpasst man die Hälfte. Wenn man schon das Geld in die Hand nimmt, Sponsor von Festivals zu werden, dann darf es eigentlich nicht an zu kurzen Schichten scheitern. Die Initialkosten sind so hoch, dass es einfach keinen Sinn macht, den Stand nur acht Stunden zu öffnen, wenn wir 16 Stunden lang mit Menschen in Kontakt kommen könnten. Eigentlich logisch, aber tatsächlich nur selten der Fall.


Aufruf

Joke wird im Jahr 2023 mit mindestens vier Kunden auf Festival-Tour sein und möchte sein Festival-Team deutlich verstärken. Gesucht werden gute Leute mit Bock und idealerweise Festival-Erfahrung für die Bereiche Projektmanagement, Produktion und Technik.


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