Kommunikation im Einsatz für die Politik

Manipulation oder Aufklärung? Merkmale politischer Events

Die Frage, die sich jeder stellen muss, der Kommunikation betreibt, ist, ob er sich auf die Seite der Aufklärung oder die Seite der Manipulation schlägt. Das gilt im Besonderen für politische Events. Erst recht in der Demokratie.

Ein Foto der Familie am 7.7.2017 in Hamburg
(Bild: Beto Barata)

In der Diktatur will der Politiker Gefolgschaft, in der Demokratie Zustimmung. Letztere kann er nur mit Überzeugung erreichen. Sprache spielt deshalb eine größere Rolle als bei klassischen Marken-Events. Was die angeht, hat eigentlich schon der alte Grieche Aristoteles alles gewusst, was geht und wie es geht. Auch die Basis für jedes gute Event findet sich in seiner „Rethorik“. Es ist das goldene Dreieck aus Ethos, Pathos und Logos. Also eines aus der Haltung, die sich aus dem Charakter des Redners (ethos) ergibt, dem emotionalen Zustand des Hörers (pathos) und dem schieren Argument (logos). Die Botschaft und der Sender desselben bieten ein unzertrennliches Paar, da in der Politik die Person das handelnde Element ist. Die Partei wäre das Äquivalent zum Unternehmen. Die Partei ist ebenfalls untrennbar mit ihrem Protagonisten verbunden. Die Botschaft ist dagegen der ständigen Veränderung unterworfen. Zumindest in der Demokratie.

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Die Botschaft muss mit dem Argument unterfüttert werden. Dies erfordert Information, die das Argument wiederum stützt. Glaubwürdigkeit und Wirkung müssen in erster Linie über Sprache hergestellt werden. Die Inszenierung von Personen ist zwar schon aus den frühesten Kulturen bekannt, ihre Bedeutung ging aber mit zunehmender Demokratisierung zurück. Das Imponieren tauschte mit der Authentizität, um die es bei der Personenvermittlung heute in Demokratien geht. In der Diktatur will der Politiker Gefolgschaft, in der Demokratie Zustimmung. Letztere kann er nur mit Überzeugung erreichen. Sprache spielt deshalb eine größere Rolle als bei klassischen Marken-Events.

Kulturelle Elemente und bezahlte Nähe

Kulturelle Elemente gehören schon immer zu Politevents. Das gemeinsame Absingen der deutschen Hymne bei der CDU, oder von „Wenn wir schreiten Seit an Seit“ bei der SPD sind solche Rituale. Es gibt aber durchaus politische Events außerhalb des Parteienspektrums. Dazu zähle ich den Kongress „ContractFuture“ des Initiativkreises Ruhrgebiet, der die Möglichkeit bot, Problemstellungen auch mit künstlerischen Mitteln darzustellen. Ein Spielraum, den man auf diesem Feld so oft nicht hat.

Plakatives Agitproptheater war schon mal ein beliebtes Mittel der Indoktrinierung für die richtige Gesinnung. Je einfacher die Botschaft daherkommt, desto drastischer die Mittel, war die Devise. In der Demokratie ist es etwas schwieriger, sie zwingt zu Tiefgang, da viele Sachverhalte recht komplex sind. Eine konservative Politikerin in Regierungsposition wie die Bundeskanzlerin hat es dabei etwas einfacher, da sie sich auf das „irgendwie weiter so“ fixieren kann und keine neuen Ideen entwickeln muss. Ein simples „Wir schaffen das!“ oder „Sie kennen mich!“ wird dann zur Generalthese für die ganze Nation. Und damit wären wir bei der Glaubwürdigkeit.

Zollverein in Essen (NRW) Contractfuture RUHR 2030.
(Bild: Georg Lukas)

Einige Parteien machen aus Parteitagen halbe Messen, um sie zu finanzieren. Unternehmen und Lobbyisten zahlen für die Nähe zu den herrschenden Volksvertretern. Die SPD hatte dafür sogar mal eine eigene Agentur, ehemals Network Media GmbH, jetzt ask.Berlin. Politiker sollten für Auftritte und Gespräche jedoch kein Geld nehmen. Auch nicht für ihre Parteien. Beide werden für ihre Arbeit schließlich aus Steuermitteln alimentiert. Und das ist richtig so, damit sie unabhängig sein können.

Formen der politischen Kommunikation hinterfragen

Eine andere Problematik bei politischen Events ist die Sicherheit der Teilnehmer und der Veranstaltung selbst. Vorbei sind die seligen Zeiten, als der damalige US-Präsident Bill Clinton beim Doppel-Gipfel 1999 in Köln spontan in eine Kölschkneipe ging und sich rheinischen Sauerbraten vorsetzen ließ. Der Terrorismus ist leider inzwischen auch in Deutschland angekommen. Aber auch andere Attentate durch psychisch Kranke hat es schon gegeben wie auf Schäuble und Lafontaine; eine extreme Form des Stalkings.

Bei bestimmten Events mit hohem Symbolgehalt kommen natürlich auch politische Gegner auf den Plan, wie zuletzt beim G20-Gipfel in Hamburg. Dort gab es nicht nur im Umfeld die sattsam bekannten Krawalle. Rastlose Demonstranten versuchten immer wieder, die Zufahrten der Teilnehmer zu blockieren und trieben ein Katz- und Mausspiel mit der Polizei. Die Absicht dahinter ist, wie der linke Publizist Jakob Augstein twitterte, den Preis für solche Events hochzutreiben, natürlich mit dem Ziel, sie dadurch unmöglich zu machen. Das erinnert an die dunklen Zeiten der Weimarer Republik, als die Nazischläger der SA demokratische Veranstaltungen störten und sprengten, aber auch ihnen missliebige Film- und Theateraufführungen zum Abbruch zwangen oder verhinderten. Jeder Beteiligte versucht, im politischen Geschehen zuerst die Erzählung und dann die Bilder zu bestimmen und vice versa. Diktatoren wollen unbedingt die alleinige Hoheit über Worte und Bilder.

Politiker und Parteien in der Demokratie befinden sich dagegen im ständigen Wettbewerb. Dort ist es legitim, Formen der politischen Kommunikation zu hinterfragen. Nur so geht Demokratie. Skepsis ist das Salz in der politischen Suppe. Es schien eine Zeit, dass einfache Lösungen und einfache Phrasen mit einem wolkigen Wir-Gefühl überall erfolgreich sein könnten. Nationale Populisten konnten in der Türkei, Polen, Ungarn, selbst in den USA Wahlen gewinnen. In Frankreich wurde dieser Siegeszug zunächst gestoppt. Ein junger Emmanuel Macron bläst nun dort präsidial zum Aufbruch. Er konnte sich mit dem Versprechen, Verkrustungen aufzubrechen, zunächst triumphal gegen das alte Parteienestablishment durchsetzen. Manchmal goutiert der vielumworbene Wähler auch neue Narrative und unverbrauchte Charaktere. Das hat er in den USA ja irgendwie auch getan. In Deutschland werden wir auf so etwas noch warten müssen, so wie das bei den Demoskopen aussieht. Alles beim Alten.

 

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