Arbeitssicherheit bei Events

Hilfreicher Überblick zum Thema Arbeitsschutz bei Veranstaltungen

Sicherheit! Ein Begriff, der in der Eventindustrie seit einigen Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt. Nach diversen spektakulären Unfällen in der Vergangenheit in Deutschland und immer wieder auch im Ausland wird mit „Sicherheit“ häufig der Unterbegriff „Publikumssicherheit“ verbunden. Doch was für den Besucher gilt – sicher in die Veranstaltung und sicher und heil wieder nach Hause – sollte auch für das Personal gelten.

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Inhalt

Staatlicher und berufsgenossenschaftlicher Arbeitsschutz

Dabei ist es gleich, ob damit der Angestellte, der Praktikant oder der freie Mitarbeiter gemeint ist. Die Verpflichtung, für den Schutz der Beschäftigten zu sorgen – aller Beschäftigten –, ergibt sich aus einer großen und für den einzelnen Unternehmer oft unübersichtlichen Bandbreite des Regelwerks. Einfacher wird es nicht dadurch, dass in Deutschland der Arbeitsschutz auf zwei gleichberechtigten Säulen steht: Dem staatlichen und dem berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutz.

Auf der einen Seite erlässt der Staat Gesetze wie das Arbeitsschutzgesetz, konkretisierende Verordnungen wie die Betriebssicherheitsverordnung und weitere technische Regeln zu verschiedenen Arbeitsschutzthemen. Auf der anderen Seite steht das über das Sozialgesetzbuch legitimierte autonome Satzungsrecht, welches das Recht der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen darstellt, als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen. Auch hier findet eine Konkretisierung statt, indem zu den Vorschriften eine Vielzahl von Informationen, Regeln und Grundsätzen herausgegeben werden, die je nach Thema alle vom Unternehmer zu beachten sind. Speziell für die Event-Branche wurden Schriften herausgegeben, die die Besonderheiten der Branche berücksichtigen und die dank der daran mitwirkenden Fachleute aus Branchenverbänden praxisnah gestaltet werden konnten.

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Stagehands und Techniker bei der Arbeit.(Bild: Falco Zanini)

Unfallversicherung

Die meisten Leute werden mit der Berufsgenossenschaft im besten Fall einmal im Jahr in Berührung kommen, dann nämlich, wenn die Lohnsummen der Arbeitnehmer übermittelt werden müssen, anhand derer die jeweilige Berufsgenossenschaft den (vom Unternehmer zu zahlenden) Beitrag für das abgelaufene Jahr errechnet. Der ein oder andere wird vielleicht noch das regelmäßig erscheinende Magazin der BG sehen oder gar durchblättern. Dabei bietet jede BG – sei es die BAU BG, bei der in der Regel die Messebauer versichert sind, oder die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG), die meistens die Agenturen und oft auch Technikdienstleister unter ihren Fittichen hat – eine Reihe von Seminaren, die für die versicherten Unternehmen kostenfrei sind.

Der nächste Anlass, die BG kennenzulernen oder manchmal auch den Vertreter des staatlichen Arbeitsschutzes, ist, wenn es einen Unfall zu melden gibt. Da die Kontrollorgane chronisch überlastet sind, werden häufig Unfälle bei vorher nicht auffälligen Unternehmen als Anlass genommen, einen Betriebsbesuch mit anschließender Begehung durchzuführen. Spätestens nach diesem Besuch beginnt für das betreffende Unternehmen ein Wettlauf mit der Zeit. Nach Erfahrung des Autors in der Eventbranche und auch nach bundesweiten Erhebungen aus der Arbeitsschutzverwaltung erfüllen lediglich rund ein Drittel aller Firmen in Deutschland ihre Pflichten aus den zahlreichen Arbeitsschutzvorschriften.

Das auffällig gewordene Unternehmen gehört dann zu denen, die in kürzester Zeit die Anforderungen und Aufgaben aus dem Begehungsprotokoll erfüllen müssen. Das beginnt manchmal mit der Pflicht, am Arbeitsplatz eine feuerfeste Unterlage unter die Kaffeemaschine zu legen, viel häufiger jedoch muss nun unter Zeitdruck das ganz kleine Einmaleins recherchiert, erfasst, eingeführt und umgesetzt werden.

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Helm-Sicherheit-Walkie-Talkie(Bild: Pexels)

Das ganz kleine 1 × 1

Zu diesem „ganz kleinen Einmaleins“ gehört zuallererst, dass der Arbeitgeber nicht nur „für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen hat“. Im Rahmen einer  dokumentierten  Gefährdungsbeurteilung muss er alle möglicherweise auftretenden Gefährdungen für die Gesundheit seiner Mitarbeiter durch die Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen und Tätigkeiten beurteilen, das Risiko bewerten und anhand des vorhandenen Regelwerks alle erforderlichen Maßnahmen zu deren Gesundheitsschutz ableiten und umsetzen. Der Katalog der möglichen Gefährdungen umfasst bis zu elf Gefährdungsgruppen, darunter mechanische Gefährdungen, wie z. B. stoßen, stolpern oder angefahren werden, elektrische Gefährdungen, körperliche Belastungen und auch psychische Faktoren.

Die Gefährdungsbeurteilung ist dabei kein starres Instrument, sondern muss nach der ersten Erstellung regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Für den Eventbereich bedeutet das insbesondere, dass nicht nur die Arbeitsplätze im Büro, dem Lager oder der Werkstatt beurteilt werden. Selbstverständlich müssen auch ein Messestand inklusive Auf- und Abbau, eine Tournee, eine Hauptversammlung oder ein Mega-Event eingehend und individuell betrachtet werden.

Zum Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung können verschiedene Schutzmaßnahmen gehören, die in der Reihenfolge erstens technische, zweitens organisatorische und drittens persönliche Schutzmaßnahmen umzusetzen sind. So sind technische Maßnahmen z. B. Schutzeinrichtungen an Maschinen. Zu den organisatorischen Maßnahmen zählen regelmäßige, gemeinhin jährliche Prüfungen aller Arbeitsmittel, wie z. B. Hubwagen, Regale und alle elektrischen Betriebsmittel, die Qualifizierung des Personals für verschiedene Tätigkeiten wie beispielsweise Hubarbeitsbühnenbediener oder die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorge. Am Ende der Maßnahmenkette stehen dann die persönlichen Schutzmaßnahmen wie etwa Sicherheitsschuhe oder Helme (auch für das Leitungsteam) und ggf. Warnkleidung.

Eine weitere Pflicht des Arbeitgebers bzw. Unternehmers ist die regelmäßige Unterweisung der Beschäftigten in die ermittelten Gefahren und Schutzmaßnahmen. Die Unterweisung muss bei der Einstellung als Erstunterweisung und regelmäßig jedes Jahr als Wiederholungsunterweisung stattfinden. Selbstverständlich kann bei einem Groß-Event nach der projektspezifischen Gefährdungsbeurteilung eine ebensolche Unterweisung aller Beschäftigten vor Ort notwendig sein.

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Unterstützung vorgesehen

Ein kaum bekannter Baustein im Arbeitsschutz besteht darin, dass jedes Unternehmen in Deutschland mit mindestens einem Angestellten eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi) und einen Betriebsarzt (BA) beauftragen und bestellen muss, die den Unternehmer dann durch den Dschungel des deutschen Arbeitsschutzes leiten und ihn beraten und unterstützen sollen. So ist eine der vorgesehenen Grundberatungsaufgaben im Rahmen der vorgeschriebenen Betreuung durch diese Fachkräfte die Unterstützung des Unternehmers bei der „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ und der Ableitung und Umsetzung der Schutzmaßnahmen. Selbstverständlich führen diese Akteure im Arbeitsschutz regelmäßige Begehungen im Betrieb durch, die für den Unternehmer oft zu überraschenden Erkenntnissen führen.

Weitere Akteure im Arbeitsschutz können, je nach Beschäftigtenzahl des Unternehmens oder auf der „Baustelle“ der Produktion, dann Ersthelfer, Betriebssanitäter, Sicherheitsbeauftragte, der Arbeitsschutzausschuss, Führungskräfte und auch Sicherheitskoordinatoren sein.

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Stagehands und Techniker bei der Arbeit.
Stagehands und Techniker bei der Arbeit. (Bild: Falco Zanini)

Nachhaltigkeit, CSR und Compliance

Bei all den vielleicht kompliziert oder altmodisch klingenden Begrifflichkeiten wird oft vergessen, dass es hierbei, wie eingangs erwähnt, vor allem um den Schutz, die Gesundheit und das Wohlergehen des Menschen und auch der Umwelt geht. Genau davon sprechen auch die neuerdings häufiger im Eventbereich zu lesenden Begriffe „nachhaltig“, „Corporate Social Responsibility – CSR“ und „Compliance“. So besteht Nachhaltigkeit aus drei Säulen, bei der die dritte die soziale Säule ist und besonders den arbeitenden Menschen und die Maßnahmen zu seinem Schutz meint. Auch CSR bedeutet die soziale neben der ökologischen Verantwortung, und dabei über die rechtliche Verpflichtung hinaus. Compliance ist der dritte Begriff im Bunde und stammt aus der BWL. Gemeint ist (auch) hier die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien. Wie viel einfacher kann es denn nun für ein Unternehmen sein, als mit der Einhaltung des Arbeitsschutzregelwerks zu beginnen, damit alle drei Begriffe mit echtem Leben gefüllt werden?

Als letzter Mitspieler bleibt noch der Kunde übrig. Hat sich die eigene Firma erfolgreich um einen Auftrag beworben oder eine Ausschreibung gewonnen, steht vor dem Beginn der Planungen die Vertragsunterzeichnung. Wie im normalen Leben ist der Vertrag mit Sicherheit auch mit Sätzen versehen, die ganz selbstverständlich die Beachtung und Einhaltung aller anzuwendenden gesetzlichen und sonstigen Regeln zum Vertragsinhalt machen. Dazu gehören selbstverständlich auch alle Schutzvorschriften für Beschäftigte mit den genannten Pflichten und Verantwortlichkeiten – vom eigenen Praktikanten bis zum Sub-Unternehmer des Sub-Unternehmers.

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Wovon bezahlen?

Für Unternehmer, die die vorgenannten Fakten noch nicht kannten, stellt sich natürlich die Frage, wovon das alles bezahlt werden soll und ob das überhaupt nötig ist. Nach allen Erfahrungen – nicht nur aus unserer Branche – wird der Aufwand oft wieder eingespielt. Dies wird erreicht durch zufriedenere, gesündere Mitarbeiter, Effizienzgewinne und vorausschauendes Agieren.

Auch bei Produktionen „on the road“ sind durchgeführte ganzheitliche Betrachtungen von Arbeits- und Gesundheitsschutz Pflicht und machen Sinn. In den letzten Jahren wurde speziell im Ausland Druck in Bezug auf vorhandene Gefährdungsbeurteilungen (engl.: risk assessment) aufgebaut. Mittlerweile gibt es bereits eine Hand voll Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die aus der Branche kommen und einen geschulten Blick für die speziellen Bedürfnisse und Umstände haben.

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Dass für die Mitarbeiter einer Veranstaltung leider nicht immer alles rosig läuft, können Sie hier in unserer Kontroverse über die Arbeitsbedingungen freier Stagehands und Techniker nachlesen!

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Gerade in einer Branche, wo schnell auch mit schwerem Material gearbeitet werden muss, sollte Arbeitssicherheit im Vordergrund stehen und auch öfter mal trainiert werden. Daher würden sicherlich auch ein paar Notfallübungen von Zeit zu Zeit Sinn machen. Aber auf jeden Fall gut, dass sich da jemand Gedanken macht! 🙂 [Anmerkung der Redaktion: URL entfernt]

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