Die Frage nach dem Wert von Events ist für die Branche essenziell. ROI oder Return on Relationship – welcher Maßstab wird die Zukunft prägen? Wir haben vier Event-Professionals gefragt, wie sie dazu stehen. Ein Perspektivwechsel.
(Bild: Edge Creative / Shutterstock)Dominik Heigemeir, Director Global Market Communication, Festo SE & Co. KG (Bild: Dominik Heigemeir)
Wer Messen und Events ausschließlich am ROI misst, übersieht das Wesentliche: die Menschen und Beziehungen, die hinter jeder Begegnung stehen. Veranstaltungen sind heute weit mehr als reine Kostenstellen. Sie sind strategische Hebel, die Vertrauen schaffen, den Dialog fördern und langfristige Bindungen ermöglichen: den ROR (Return on Relationship). Gerade in einer Zeit, in der digitale Technologien und Automatisierung viele Geschäftsprozesse dominieren, wird der persönliche Kontakt zu einem immer wertvolleren Gut.
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Der klassische ROI bleibt zwar unverzichtbar, um den direkten Einfluss von Messen auf Pipeline, Umsatz oder Markenwert zu dokumentieren. Doch er greift zu kurz, wenn es um die nachhaltige Wirkung von Events geht. Zukunftsfähiges Event-Controlling muss deshalb harte Kennzahlen wie Leads, Deals und Conversion Rates mit weichen Erfolgsfaktoren wie Interaktionsqualität, Community-Building und Beziehungstiefe vereinen. Nur so gelingt es, Messen und Events als Business Driver und gleichzeitig als Relationship Enabler zu positionieren.
Dabei geht es nicht nur um kurzfristige Abschlüsse, sondern um den Aufbau eines nachhaltigen Netzwerks, das über die Veranstaltung hinaus Wirkung zeigt. Langfristige Partnerschaften, Vertrauen und ein offener Austausch sind die Grundlage für nachhaltigen Geschäftserfolg und Innovationskraft. Unternehmen, die diese Perspektive einnehmen, schaffen es meiner Meinung nach, den wahren Wert von Messen sichtbar und steuerbar zu machen.
Die zentrale Frage lautet daher für mich nicht mehr: ROI oder ROR? Sondern: Wie gelingt es uns, beide Perspektiven zu integrieren und so den umfassenden Mehrwert von Messen und Events für das Unternehmen zu maximieren? Denn nur wer beides im Blick hat, kann in einer zunehmend vernetzten und digitalen Welt nachhaltig erfolgreich sein.
Michaela-Susan Pollok, Head of Events & Social Media, Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (Bild: Peter Neher, picslocation)
Die Frage ist so alt wie das Event-Budget – immerhin fließen laut Studie des Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik) 30 % des Marketing-Budgets dorthin – selbst: Was bringt uns das Ganze eigentlich? In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten wird sie wieder lauter gestellt – oft verbunden mit einem reflexhaften Blick auf Leads, Reichweite oder harte Absatzziele. Doch ich glaube: Wer heute nur auf ROI setzt, denkt zu kurzfristig. Denn die wahren Werte von Messen und Events lassen sich oft nicht in Echtzeit messen – sondern entfalten sich in Beziehungen, Netzwerken, Vertrauen.
Return on Relationships (ROR) heißt der Maßstab, der aus meiner Sicht künftig an Relevanz gewinnt – gerade im Zeitalter von KI, Remote- Work und digitalem Overload. Während Technologie unsere Kommunikation rationalisiert, steigt der Wert des echten Austauschs ins Unermessliche. Wer heute ein B2B-Event besucht, sucht keine Informationsflut, sondern Orientierung. Keine Show, sondern Haltung. Keine Werbeparade, sondern Beziehung.
ROR ist nicht „weich“ – es ist strategisch. Denn aus starken Beziehungen entstehen langfristige Kundenbindungen, Markenloyalität, Innovationen. Aber: ROR lässt sich nicht einfach zählen wie Leads. Es braucht neue Bewertungsmodelle – qualitative KPIs, Community- Bindung, Wirkungstiefe. Und vor allem: Es braucht Mut zur Haltung. Denn echte Verbindung entsteht nicht durch Masse, sondern durch Fokus.
Ich wünsche mir für die Branche eine offene Debatte darüber, wie wir Events künftig bewerten – und gestalten. Braucht es vielleicht beides? ROI und ROR? Und was bedeutet das für uns Eventmanager:innen? Sind wir Dienstleister – oder vielmehr Regisseur:innen von Bedeutung und Beziehung?
Ich sage und setze das auch mit bvik bei unserer Zukunftskonferenz, dem „Tag der Industriekommunikation“ um: Wir sind Letzteres. Und genau deshalb dürfen wir in schwierigen Zeiten nicht kürzen, sondern klüger gestalten. Damit aus Momenten wieder echte Bewegungen werden.
Events und Messen sind teuer – daher steht immer die Frage nach dem Gegenwert im Raum. Doch so einfach lässt sich das nicht beantworten: ROI ist der Klassiker unter den KPIs, für Events aber wenig geeignet. Umsatz auf eine einzelne Veranstaltung zurückzuführen, klingt bequem – ist aus meiner Sicht in den heutigen fragmentierten Customer Journeys mit unzähligen Touchpoints jedoch Augenwischerei.
ROR – Return on Relationship – kommt der Realität näher: Beziehungen, Bindung, Vertrauen. Diese spüren wir, wenn ein Event gelingt. Doch dies umfassend in harte Zahlen zu überführen, halte ich für schwierig. Empfehlungsraten oder Wiederbesuche können Teil-Aspekte erfassen, bilden aber die eigentliche Relationship nicht vollständig ab. Für eine valide Messung wären qualitative Erhebungen nötig – sind aber für viele Unternehmen kaum realisierbar.
Aus meiner Sicht wirkt ein Event nie isoliert, sondern immer im Kontext der Customer Journey. Vertrauen entsteht durch konsistente Markenerlebnisse über mehrere Kanäle hinweg. Darum haben wir bei JUMO Messen und Events stets in längerfristige Branchenkampagnen eingebettet, die aufeinander aufbauen. So kann ein Event als Katalysator wirken und seine Stärken entfalten: die Marke erlebbar machen, echte Begegnungen schaffen, Authentizität vermitteln – und dadurch eine stärkere Bindung. Gerade in Zeiten von KI-Bots und Fake News wird diese „IRL“-Kommunikation immer wichtiger und wertvoller.
Nach der Maßgabe „wer viel misst, misst manchmal auch Mist“ fokussieren wir uns bei der Auswahl der quantitativen KPIs auf das, was wirklich valide messbar ist – etwa Teilnehmerzahlen, Feedbacks oder direkt zuschreibbare CRM-Pipeline-Effekte.
Mein Fazit: Die Frage nach der Messbarkeit von Events bleibt herausfordernd. Eine Fixierung auf Zahlen birgt die Gefahr, die eigentliche Stärke von Events aus dem Blick zu verlieren – und die liegt nicht in isolierten Kennzahlen, sondern in ihrer Rolle als Beziehungs- und Vertrauensmotor. Wirklich erfolgreich wird Eventmarketing erst, wenn wir Zahlen und qualitative Wirkung zusammendenken – und Events als integralen Teil der gesamten Customer Journey verstehen.
Dale Parmenter, Group CEO, DRPGroup (Bild: DRPG)
Die Debatte um den ROI tobt seit Jahren aber um den wahren Wert einer Veranstaltung zu verstehen, müssen wir ganz am Anfang beginnen. Viele Veranstalter konzentrieren sich auf den Veranstaltungsort, die Referenten, das Erscheinungsbild, ohne darüber nachzudenken, was das Publikum nach dem Erlebnis der Veranstaltung anders machen soll. Welche Verhaltensänderung wollen wir erzielen?
Beim ROI liegt der Schlüssel im Begriff „Investition”. Wir dürfen Veranstaltungen nicht als Kostenfaktor betrachten, denn dann haben sie keinen wirklichen Wert und sind nur eine sinnlose Übung und Geldverschwendung. Um den tatsächlichen ROI zu verstehen, müssen wir das gewünschte Ergebnis noch vor Beginn des Planungsprozesses definieren und klare Ziele setzen. Es frustriert mich, wenn ein Kunde meint, den ROI anhand einer Zuschauerumfrage gemessen zu haben, denn das allein sagt sehr wenig aus.
Was wäre, wenn das Ziel darin bestünde, dass die Teilnehmer die Veranstaltung hassen, weil sie aus ihrer Komfortzone herausgeholt werden? Ihr Feedback wäre zwar bewusst negativ, aber ihr Verhalten entspricht damit so genau dem, was beabsichtigt ist.
Für den ROR oder, wie ich es nenne, den ROE (Return on Experience) bedeutet dies, dass wir hier messen müssen, wie sich die Teilnehmer fühlen, nicht, was sie tun. Die Frage ist hier: was ist die emotionale Veränderung?
Wenn wir von Anfang an konkrete Benchmarks und KPIs festlegen, können wir die Verhaltensänderung messen, zum Beispiel den Kauf oder Verkauf von mehr Produkten oder Dienstleistungen. Wichtig ist, Verhalten zu messen zusätzlich zum Feedback des Publikums: wir müssen verstehen, wie sich das Publikum fühlt und dementsprechend handelt. Entspricht die emotionale Reaktion unseren Zielen? Haben wir das gewünschte Feedback und die gewünschte Verhaltensänderung erzielt?