Personenzählung auf Events

Zuverlässige Personenerkennung mittels Infrarottechnik

Die genaue Teilnehmerzahl einer Veranstaltung zu kennen, ist nicht nur für Statistik und Marketing nützlich, sondern auch aus Gründen der Sicherheit für Veranstalter unerlässlich. Dafür bietet der Markt verschiedene Technologien und Systeme, mit deren Hilfe Personen erfasst werden können. Das Fraunhofer Institut für Mikroelektrische Schaltungen und Systeme IMS hat nun eine infrarotbasierte Lösung entwickelt, die die Nachteile anderer Methoden ausmerzt.

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Infrarotkamera (Bild: Fraunhofer IMS)

Im Handel und auf gut ausgeleuchteten Messeständen erfolgt die Personenerkennung häufig auf Basis von 3D-Sensoren, die ein komplettes Kamerabild der Menschen erfassen, dafür aber auf eine aktive externe Beleuchtung angewiesen sind. Eine andere, gern genutzte Möglichkeit sind Lichtschranken und Lasertechnologien, die unabhängig von der Lichtsituation Bewegungen und Personenströme erkennen können. Meist müssen mehrfache Übertretungen hier jedoch aufwändig vom System herausgerechnet werden, damit sich die tatsächliche Personenzahl ergibt.

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Infrarottechnik benötigt keine aktive Beleuchtung

Diesen Nachteilen schafft der vom Fraunhofer Institut für Mikroelektrische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg eigens entwickelte, hochauflösende, ungekühlte Infrarotsensor Abhilfe. Der Bildsensor erfasst die sogenannte Wärmestrahlung im langwelligen Infrarotbereich. Dadurch ist die Personenerkennung unabhängig von aktiver Beleuchtung durch Tageslicht oder künstliche Lichtquellen möglich, denn die Menschen leuchten für den Bildsensor einfach durch ihre Körpertemperatur. Dies hat den weiteren Vorteil, dass optische Beeinträchtigungen wie Rauch und Nebel die Zählung weniger stark beeinflussen können.

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Personenerkennung mittels Infrarot-Technologie (Bild: Fraunhofer IMS)

Messung ist resistent gegen störende Einflüsse

Interessant ist das System damit insbesondere für Events im Außenbereich oder mit anderweitig schwierigen Sichtverhältnissen. Ob Dunkelheit, Gegenlicht durch Effektbeleuchtung, Nebelmaschinen oder Rauch von Pyrotechnik – Störfaktoren und atmosphärische Hilfsmittel stellen für die Personenerkennung mit dem Infrarotsensor kein Problem dar. Die Bildaufnahmen im langwelligen Infrarot-Spektralbereich sind mit einer Auflösung von 320 x 240 Pixeln möglich und lassen sich aufgrund ihrer hohen Qualität gut weiterverarbeiten. Für den Veranstalter ergibt sich so auch in kritischen Situationen ein schneller, zuverlässiger Überblick, was für Evakuierungen und die Überwachung in schwierigem Gelände Gold wert ist.

Künstliches neuronales Netz ermöglicht anwendungsspezifisches Training

Für die Anwendung der Infrarot-Bildaufnahmetechnik haben die Wissenschaftler des Fraunhofer IMS ein künstliches neuronales Netz eigens auf die Erkennung von Personen trainiert. So sind Einsätze nicht nur auf Veranstaltungen, sondern auch bei der Verkehrsüberwachung oder Kontrolle sensibler und zugangsbeschränkter Bereiche möglich. Zudem kann das Netz anwendungsspezifisch auf weitere Bedürfnisse hin ausgebildet und angepasst werden, um beispielsweise zusätzlich Objekte wie Fahrzeuge erkennen zu können.

Zum Einsatz dieser Infrarottechnik in der Praxis hat der am IMS verantwortliche Wissenschaftler Dr. Dirk Weiler EVENT PARTNER einige Fragen beantwortet:

Dirk Weiler
Dirk Weiler (Bild: Fraunhofer IMS)

Herr Dr. Weiler, wie kann die Personenerkennung mittels Infrarottechnik genau auf Veranstaltungen eingesetzt werden; bei welchen Veranstaltungen und an welchen Stellen ist dies sinnvoll?

Die Personenerkennung mittels Infrarottechnik erfolgt sehr ähnlich zur Personenerkennung mittels Kameras im sichtbaren Bereich. Der Unterschied ist, dass die sogenannte Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung, Wellenlängenbereich 8 µm bis 14 µm) genutzt wird und daher keine aktive Beleuchtung (z.B. durch Scheinwerfer, Lampen oder Sonne) benötigt wird. Es wird ausgenutzt, dass Personen von sich aus Infrarotstrahlung emittieren, so dass Wärmebildkameras passiv arbeiten. Es lassen sich durch den passiven Ansatz auch unter erschwerten Sichtverhältnissen (Blendung, Dunkelheit, Nebel) Personen oder Gesichter erkennen. Durch Algorithmen, die an die klassische Personenerkennung angelehnt sind, lassen so dennoch Personen sicher erkennen. Somit ist diese Technologie insbesondere für Konzerte sehr geeignet, bei denen Bereiche nicht gut ausgeleuchtet sind und somit klassische Kameras keine geeigneten Bilder liefern.

 

Wie ist die Technologie für die Veranstalter zugänglich und praktisch einsetzbar? Kann man Geräte erwerben oder mieten, wie sehen die Kosten aus?

Die Technologie befindet sich zurzeit noch in der Entwicklung, daher sind keine Geräte direkt am Markt verfügbar und somit auch aktuell keine Kosten zur Anschaffung bzw. zum Mieten eines solchen Equipments kalkuliert. Es existiert ein Demonstrator-Aufbau, der erfolgreich auf mehreren Messen vorgeführt wurde. Das Fraunhofer IMS ist aktuell auf der Suche nach Entwicklungspartnern für diese Technologie.

 

Gibt es Nachteile oder Gefahren bei dem Einsatz von Infrarottechnik zur Personenerkennung?

Es handelt sich bei dieser Technologie um eine passive Technologie, d.h. es wird ausgenutzt, dass die Personen von sich aus die Infrarotstrahlung aussenden und daher keine aktive Beleuchtung benötigt wird. Durch diese Grundlage entsteht im Vergleich zur klassischen Personenerkennung keine Gefahr bei einem Einsatz dieser Technologie. Der einzige Nachteil der Infrarottechnologie ist, dass die verwendeten Infrarot-Bildaufnehmer eine deutlich kleinere optische Auflösung im Vergleich zu Kameras im sichtbaren Bereich aufweisen.


Zur Person Dr. Dirk Weiler:

Dirk Weiler studierte Elektrotechnik an der Universität Duisburg-Essen und promovierte 2001 auch dort. Seit 1997 ist Dr. Weiler am Fraunhofer IMS tätig – zwischen 2006 und 2016 als Gruppenleiter Infrarotsensorik, seit 2010 als Geschäftsfeldleiter „Infrarot Imager“ und seit 2017 als Abteilungsleiter „Optische Sensoren und Anwendungen“. Seine technischen Spezialgebiete sind die integrierte Sensorsignalverarbeitung, CMOS Schaltungstechnik und ungekühlte IR-Bildaufnehmer (Mikrobolometer, Vakuumgehäuse und Ausleseschaltung).

Über das Fraunhofer IMS:

Seit über 30 Jahren beschäftigen sich WissenschaftlerInnen am Fraunhofer IMS in Duisburg mit der Entwicklung von mikroelektronischen Schaltungen, elektronischen Systemen, Mikrosystemen und Sensoren. Aufgrund seines umfangreichen Know-hows, dem Zugang zur Technologie und den hochwertigen Entwicklungsleistungen ist das Institut ein weltweit anerkannter Partner für die Industrie. In acht Geschäftsfeldern widmet sich das Fraunhofer IMS der angewandten Forschung, der Vorentwicklung für Produkte und deren Anwendungen. Stabile, effiziente und vermarktbare Technologien und Verfahren, die in sehr vielen Branchen zum Einsatz kommen, stehen dabei im Mittelpunkt der Auftragsarbeiten.

www.ims.fraunhofer.de

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