Mobile Bauten sicher planen

Arbeitsschutz beim Einsatz von Containern und Sonderbauten

Wenn Container und Sonderbauten auf Events und Roadshow eingesetzt werden, müssen bei Transport, Auf- und Abbau hinsichtlich des Arbeitsschutzes diverse Faktoren berücksichtigt werden.

Aufwändiger Sonderbau: der Jägermeister-Hirsch auf Festival-Tour
Aufwändiger Sonderbau: der Jägermeister-Hirsch auf Festival-Tour (Bild: Falco Zanini)

[Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel stammt von Januar 2020]

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„Nach der Saison ist vor der Saison“, lautet das Motto bei den Auftraggebern, in vielen Agenturen und bei kreativen Köpfen in der Eventbranche. Die mobilen und temporären Bauten der vergangenen Saison werden gepflegt oder sie sind bereits gut und trocken untergebracht, damit sie für die Festivals und Messen der kommenden Saison sauber und sicher aufgebaut werden können. Bei anderen laufen die Köpfe und Workstations heiß und es werden Ideen gewälzt und Pläne gezeichnet für Neueres, Größeres und Schöneres. Oft für noch Ausgefalleneres, welches den Augen des Kunden schmeicheln und vor allem das Publikum anlocken soll.

Damit ein Sonderbau, eine Sonderkonstruktion, ein Blickfang nicht nur schön wird, sondern auch heil an den Aufstellort gelangt und dort sicher auf- und auch wieder abgebaut werden kann, sind im Bereich der Arbeitssicherheit einige Dinge zu beachten und zwingend in die Kreation und Planung einzubeziehen. Die baurechtlichen Aspekte, die mit den Bauten – baurechtlich „Fliegende Bauten“ – einhergehen, werden in diesem Artikel nicht berücksichtigt. (Anmerkung der Redaktion: Dies kann ausführlich in unserem Schwesterblatt PRODUCTION PARTNER 12/2018 nachgelesen werden.)


Übersicht

Klötzchen stapeln

Sicher stapeln

Ausbau und Anbauten

Individuelle Sonderbauten

Sicherheit im Detail

Rechtsgrundlagen und Informationen

Fazit


Klötzchen stapeln

In den letzten Jahren hat der Standard-Seecontainer im Eventbau, besonders im Freien, große Beliebtheit erlangt. Diese werden in den Standardgrößen nach ISO 688 von 20-Fuß und 40-Fuß (Länge) hergestellt. Die 20′-Standardcontainer messen (außen) 6,058m × 2,438m × 2,591m und die 40-Fuß-Container 12,192m × 2,438m × 2,591m. Der Vorteil eines Containers besteht in der robusten Struktur, hohen Belastbarkeit und dem schnellen Auf- und Abbau auch komplexer Strukturen.

Die Container werden untereinander schnell und leicht mittels der sogenannten Twistlocks verbunden, die in die Eckbeschläge, die Corner Castings greifen und mit einem Dreh (Twist) am Hebel des Twistlocks eingerastet werden. Zusätzlich gibt es eine Reihe von weiteren, ebenfalls genormten Verbindern, mit denen Container-Stapel übereinander oder nebeneinander stehend fest miteinander verbunden werden können.

Der Transport zur und von der Location erfolgt dann mittels LKW, die über die notwendigen Twistlock-Aufnahmen und je nach gewähltem Dienstleister auch über einen Ladekran verfügen. Abhängig von der Komplexität der gedachten Event-Containeranlage reicht jedoch ein LKW-Ladekran mitunter nicht mehr aus und es muss zusätzlich ein Autokran für das Handling bestellt (und bezahlt) werden. Ein weiterer Grund für den Einsatz eines Autokrans besteht oft darin, dass die Anlieferung mittels gewöhnlicher Speditionen erfolgen kann, die üblicherweise nicht über LKW mit Ladekran verfügen. Dazu kommt, dass der Aufbau einer komplexen Anlage selbstverständlich nicht irgendeinem Fahrer überlassen werden sollte.

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Einsatz von Container und Sonderbauten(Bild: Falco Zanini)

Sicher stapeln

Welche Überlegungen sind denn nun für den sicheren Auf- und Abbau und im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung anzustellen? Grundsätzlich werden Container mit dem Kran bewegt und positioniert. Dazu befindet sich am Kranhaken ein sogenanntes Gehänge mit vier Ketten und an der Kette jeweils ein Haken. Zum Einhängen der Haken wird ein Mitarbeiter auf den Container steigen müssen und sich auf dem Container von Ecke zu Ecke bewegen und dann wieder herabsteigen. Auf dem Container und dem Weg rauf und runter besteht Absturzgefahr und durch die Ketten die Gefahr des Kopfanstoßens. Nach den entsprechenden Regelwerken im Arbeitsschutz ist für den Aufstieg eine Anlegeleiter erforderlich, die mindestens einen Meter höher ragt, als das Containerdach hoch ist.

Grundlagen für die Ermittlung von Gefährdungen und die Ableitung von Schutzmaßnahmen werden am Ende des Artikels genannt.

Gegen die Gefahr des Absturzes muss sich der Mitarbeiter in der Regel mittels Auffanggurt sichern. Doch wo soll der Auffanggurt befestigt werden? Eine praktikable Lösung besteht darin, aufzusteigen, zur Mitte des Containers zu gehen, in den Kranhaken das Verbindungsmittel der Absturzsicherung einzuhängen, DANN die vier Haken einzuhängen und sich wieder zu entsichern.

Gegen die Gefahr des Kopfanstoßens ist mindestens eine Anstoßkappe, besser noch ein Schutzhelm zu tragen. Beim Ab- oder Aufladen und Positionieren des Containers ist darauf zu achten, dass nicht über andere Personen geschwenkt wird. Für die bessere Sichtbarkeit der beteiligten Personen sollten alle Warnkleidung bzw. eine Warnweste tragen. Dies gilt umso mehr, wenn die Arbeiten am Straßenrand oder anderweitig befahrenen Orten durchgeführt werden.

Beim Stapeln mehrerer Container ist daran zu denken, dass der Aufstieg sicher über jede neue Ebene führen muss. Somit sind mehrere Leitern einzuplanen, damit die Kollegen sicher rauf- und runterklettern können. Die Leitern müssen sicher auf den oft rutschigen Containerdächern stehen. Im Zweifel sollte eine weitere Person die Leiter sichern können.

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Einsatz von Container und Sonderbauten(Bild: Falco Zanini)

Ausbau und Anbauten

Sollen nach dem reinen Aufbau an und auf den Containern weitere Arbeiten durchgeführt werden, wie z.B. das Anbringen von Beleuchtung oder Dekorationen, sind weiterhin alle Gefährdungen der Mitarbeiter zu bedenken und Schutzmaßnahmen umzusetzen. Dies betrifft besonders die Absturzsicherung. Sollte die technische Schutzmaßnahme „Geländer“ nicht umgesetzt werden können, so ist auf den jeweils zu begehenden Dächern eine geeignete Anschlageinrichtung (z.B. Stahlseil) anzubringen. In diese kann sich ein Mitarbeiter mit einem mitlaufenden Personensicherungsgerät und persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) einhängen. So kann er sich frei und dennoch geschützt auf dem Dach bewegen. Als Ankerpunkte für die Anschlageinrichtung können z.B. die Corner Castings der Container dienen. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Anschlageinrichtung bereits vor dem Kran auf den Stapel angebracht werden sollte.

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Individuelle Sonderbauten

Die Steigerung des bisher geschriebenen ergibt sich, wenn der Kunde nicht mehr auf Standardlösungen setzt, sondern individuell gebaute, aufwändige Sonderbauten wünscht, die ins Auge stechen und einen hohen Wiedererkennungswert besitzen sollen. So bereiste die letzten Jahre z.B. ein aus Holz und Stahl gebauter, teilweise begehbarer Hirsch als Markenbotschafter eines Kräuterlikörs die Festivals in Deutschland.

Die Basis dieses Baus bestand zunächst ebenfalls aus Containern, die im Inneren als Barmodule und Lagerhäuser dienten. Daran wurden Sonderteile angedockt, die dann die tierische Note ergaben. Durch diese Sonderteile standen keine ebenen und sicheren Flächen zum Begehen mehr zur Verfügung. Die Oberflächen mussten jedoch begangen werden, um die Lasthaken ein- und auszuhängen, Verriegelungen zu setzen, weitere Anbauteile einzubauen oder auch zur Reparatur.

Die gute Planung beginnt hier damit, dass die Einzelteile zunächst so konstruiert werden, dass sie transportabel sind, also in LKW oder idealerweise Container passen. Im nächsten Schritt sind geeignete Lastaufnahmen einzuplanen, mit denen das gedachte Teil direkt mit einem Kran aus dem LKW oder Container gehoben werden kann, ohne dass es die Lage verändern muss oder schwierige und gefährliche Andockmanöver gefahren werden müssen.

Sollte ein Teil begangen werden müssen, sind Anschlageinrichtungen bzw. Ankerpunkte für eine PSAgA einzuplanen, die fest in der Struktur befestigt sind oder befestigt werden können. Ein sicherer Zugang von innen mittels Leiter oder Steigleiter sollte ebenfalls eingeplant und gewährleistet werden.

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Einsatz von Container und Sonderbauten(Bild: Falco Zanini)

Sicherheit im Detail

Wo Menschen klettern und sich beruflich bedingt in Höhen aufhalten müssen, muss auch eine rechtzeitige Rettung geplant werden. Eine Rettung „von unten“ mittels Hubarbeitsbühne ist je nach Baufortschritt oft nicht mehr möglich. Sollte ein Mitarbeiter ausrutschen und in seiner PSAgA hängen, bleiben ca. 15 bis 20 Minuten, um den Verunfallten zu retten und aus seinem Gurtzeug zu befreien. Ansonsten kann durch das Hängen der Tod durch das sogenannte Hängetrauma auftreten. Der Betreiber bzw. Erbauer der Bauten ist hier verpflichtet, ein Höhenrettungskonzept zu erstellen und gegebenfalls notwendige Rettungsmittel bereitzustellen sowie eine Rettung unter Kollegen zu üben. Alle PSAgA-Träger müssen zudem jährlich durch Übungen in dem Gebrauch ihrer PSAgA unterwiesen werden und die Ausrüstung ebenfalls jährlich durch eine befähige Person prüfen lassen.

Je nach Ort des Aufbaus kann zudem eine vollständige Absperrung der Montagestelle mittels Flatterband oder Absperrgittern erforderlich sein. Dies besonders, wenn ständig Personen durch die Montagestelle laufen oder laufen können. Sollte sich die Montagestelle in der Öffentlichkeit befinden und nicht z.B. auf einem halbwegs abgesperrten Festivalgelände, ist die vollständige Absperrung mittels Zauns unerlässlich.

Abschließend wird dringend empfohlen, zusätzlich zu den Plänen ausführliche Montageanweisungen und Unterweisungen zu erstellen und alle Beteiligten nachweislich darin zu unterweisen.

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Rechtsgrundlagen und Informationen

Rechtsgrundlagen sind besonders die Arbeitsstättenverordnung mit der Arbeitsstättenrichtlinie – ASR A2.1 „Schutz vor Absturz …“ und die Betriebssicherheitsverordnung mit der technischen Regel TRBS 2121 und den Teilen 2 und 3 dazu. Weitere Informationen finden sich in der DGUV Information 201-056 „Planungsgrundlagen für Anschlageinrichtungen auf Dächern“, der DGUV Information 201-057 „Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz bei Bauarbeiten“, der DGUV Regel 112-198 „Benutzung von PSA gegen Absturz“ sowie der DGUV Regel 112-199 „Rettung aus Höhen und Tiefen unter Benutzung von PSAgA“.

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Fazit

Viel Geld, Zeit und Ärger kann mit guter, rechtzeitiger und umfassender Planung von Sonderbauten gespart werden. Über eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung können Gefährdungen rechtzeitig erkannt und Schutzmaßnahmen, inklusive rechtzeitiger Konstruktionsänderungen, abgeleitet werden. Hierbei unterstützt eine branchennahe Fachkraft für Arbeitssicherheit.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich habe mir privat vor Kurzem einen Bürocontainer gekauft. Ich sah darin den gleichen Vorteil wie die Eventbranche. Die robuste Struktur und die hohe Belastbarkeit. Weitere Informationen habe ich hier gefunden: hansabaustahl.de/mobile/container/buerocontainer

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  2. Ich arbeite selbst in der Logistik und viel mit Containern. Ich finde die Idee mit Containern zu bauen sehr interessant. An den begehbaren Hirsch aus u.A. Containern kann ich mich sogar erinnern. Weitere Informationen habe ich hier gefunden: treude.de

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