Erfolgsfaktoren & Herausforderungen

MICE-Hotellerie: Investments in die Zukunft

Tagungs- und Kongresshotels stehen durch die Corona-Pandemie vor schweren Herausforderungen. Wie müssen sich Häuser zukünftig aufstellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben? Welche Investments planen MICE-Hotels?

Estrel Berlin Tower(Bild: Estrel Berlin/Barkow Leibinger)

Virtuelle und hybride Meetings, New Work oder Nachhaltigkeit sind Buzzwords, mit denen man sich seit einigen Monaten und Jahren vermehrt im Bereich der MICE-Hotellerie auseinandersetzen darf. Doch was davon ist nur ein kurzweiliger Trend und in welchen Bereichen planen Hoteliers langfristige Investments?

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Sicherlich dürfte zu Beginn der Pandemie vor allem der Bereich Hygiene und Sicherheit eine entscheidende Rolle bei Investitionen gespielt haben. Hotels und auch Locations mussten sich von heute auf morgen auf vollkommen neue Bedingungen einstellen. Programme für einen sicheren Hotelaufenthalt, aber auch Geschäftsreisen wurden kreiert.

Streaming-Studios und Konferenztechnik

Insbesondere der Bereich Veranstaltungstechnik und -technologie hat jedoch durch die Pandemie (aber auch schon zuvor; Stichwort Collaboration) einen immensen Schub erhalten. Digitale Kongresse, hybride Meetings oder Live-Streams von Hauptversammlungen stellen neue Herausforderungen an die MICE-Hotellerie. Viele Häuser haben inzwischen Technik nachgerüstet, einige sogar eigene Streaming-Studios eingerichtet.

Das bestätigt auch Tobias Warnecke, Geschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA): „Der Trend zu hybriden und räumlich verteilten Veranstaltungen wird aus der derzeitigen Situation heraus weiterhin wachsen. Menschen werden zu Face-to-Face-Events zurückkehren, die jedoch in vielen Fällen virtuell erweitert werden und somit größere Communities erschließen können.“ Viele Anbieter des Tagungs- und Kongressstandortes Deutschland würden darauf bereits entsprechend reagieren. So hätte beispielsweise die Hälfte der im Rahmen des Meeting- und Eventbarometers 2020/2021 befragten Veranstaltungszentren, Tagungshotels und Eventlocations angegeben, aufgrund von Corona in Technik für hybride oder digitale Formate investiert zu haben. Die andere Hälfte war damit bereits zuvor ausgestattet.

Auch im Estrel Berlin ist man davon überzeugt, dass nicht nur in der Coronazeit, sondern auch in Zukunft hybride und digitale Eventformate eine bedeutende Rolle neben Präsenzveranstaltungen spielen werden. Laut Ute Jacobs, geschäftsführende Direktorin des Estrel Berlin, habe man daher auch beim Bau des neuen Auditoriums auf zukunftsweisende Technik gesetzt: „Sämtliche Räume sind mit Glasfasernetz mit Breitband-Internet, Streaming-Encodern für hybride Events und Remote-Kameras ausgestattet und können via Video zugeschaltet und untereinander vernetzt werden.“ Das Estrel Berlin habe seit jeher viel in modernste Veranstaltungstechnik sowie in fest angestellte Veranstaltungstechniker investiert, erläutert Jacobs weiter.

Auch viele Häuser der BWH Hotel Group Central Europe setzten bereits vor der Pandemie auf kollaborative Techniktools wie Weframe, haben jedoch nun – ausgelöst durch die Pandemie –, wo nötig Technik und Technologie für digitale und hybride Veranstaltungsformate nachgerüstet. Veranstaltenden könnte so eine Kommunikation über Streaming-Plattformen und webbasierte Videokonferenzen garantiert werden, vom kleinen spontanen Meeting, über die Produktvorstellung für Kunden, bis hin zu Schulungen sei alles möglich. Dabei würden Kunden vor allem eine professionelle Eventkoordination mit komplettem Set-up im Hotel sowie die technische Ausstattung mit Videokonferenzsystem und einer sicheren und stabilen Internetverbindung erwarten, weiß Anke Cimbal, Head of Corporate Communications der BWH Hotel Group Central Europe GmbH.

Digital Studio Estrel Berlin(Bild: Estrel Berlin)

Hotels werden digital

Doch Technologie wird nicht nur im Bereich der Veranstaltungsdurchführung immer wichtiger. „Durch die Pandemie erfuhr die Digitalisierung der Hotellerie noch einmal eine deutliche Beschleunigung und förderte Entwicklungen in vielen Bereichen. Durch den Einsatz digitaler Lösungen können Hotels effizienter operieren und bleiben dadurch kundenorientiert und wettbewerbsfähig“, ist Tobias Warnecke überzeugt. Immer mehr Unternehmen würden digitale Anwendungen zur innerbetrieblichen Optimierung von Abläufen und Prozessen erkennen und nutzen. Und auch hinter den Kulissen halte die Digitalisierung Einzug. Suchmaschinenoptimierung und Revenue Management seien aus dem Hotelalltag nicht mehr wegzudenken, aber auch die Mitarbeiterkommunikation werde immer digitaler, erklärt Warnecke.

Diese Entwicklung geben auch die Investitionen im Estrel Berlin wieder, die in den letzten Jahren in diesem Bereich getätigt wurden – von neuer Eventmanagement-Software über neue Online-Buchungsmaschinen bis hin zum Mobile Check-in. Auch bei der BHW Hotel Group Central Europe können Kunden alles für ihr Event online buchen. Ein Meetingdesk und ein digitaler MICE-Guide sollen digital unterstützen. Neben neuen technischen Standards im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik, wie beispielsweise mobilen Geräten, Displaylösungen und Chatfunktionen, würden auch die Gebäudetechnik und die Vernetzung verschiedenster mobiler Geräte mit den zentralen Technologien zur Gebäudesteuerung oder den Property-Management-Systemen eine wichtige Rolle für zukunftsfähige Lösungen spielen, so Tobias Warnecke.

Aber auch bei der Wiederaufnahme der Mobilität würden neue Technologien wichtig sein, z.B. bei der Gewährleistung der Reisesicherheit. So werde vermehrt in kontaktlose Tools zur Verringerung der Ansteckungsgefahr sowie in digitale Gesundheits-Apps mit biometrischen Gästedaten investiert. Diese können beispielsweise Corona-Testergebnisse, das medizinische Profil sowie allgemeine Impfnachweise des Reisenden enthalten. Solche Verfahren hätten gute Chancen, sich auch in der Post-Corona-Phase bei größeren Veranstaltungen fest zu etablieren, ist Warnecke überzeugt. Die Weiterentwicklung der mobilen Apps und deren Integration in die Reisekette sei daher ein logischer und konsequenter Schritt.

Eine Herausforderung bei allen Digitalisierungsmaßnahmen spielt jedoch die Integration der neuen Tools und Technologien in die vorhandenen Infrastrukturen. „Wichtig ist, dass alle Systeme perfekt ineinandergreifen. Je größer und komplexer das Haus, umso wichtiger wird das Schnittstellen-Management“, weiß Ute Jacobs.

Hotel digital
Der Einsatz digitaler Lösungen ermöglicht es Hotels, effizienter zu operieren und dadurch kundenorientiert und wettbewerbsfähig zu bleiben. (Bild: Shutterstock/ zhu difeng)

New Work – für Personal und Gäste

Wollen Hotels zukunftsfähig sein, sollte jedoch nicht nur in die neuste Technik und Technologie investiert werden. Insbesondere der Bereich New Work wird angesichts Personalmangels immer wichtiger. Beim Estrel Berlin zeigt sich dies beispielsweise in flexiblen Arbeitszeitmodellen, Homeoffice-Möglichkeiten und flacheren Hierarchien wieder. „Wir wollen unsere Branche wieder viel attraktiver für junge Menschen machen und sie neu für die Hotel- und Eventwelt begeistern“, betont Ute Jacobs. Die Arbeitswelt habe sich vom Arbeitergebermarkt zum Arbeitnehmermarkt gewandelt. Gerade die Hotellerie, die schon seit Jahren mit Fachkräftemangel zu kämpfen hat, müsse hier offener und kreativer Richtung New Work denken.

Neue und flexible Arbeitsmodelle findet man jedoch auch auf Gästeseite. Insofern dürfte das Thema New Work auch bei der Gestaltung von Kundenangeboten an Bedeutung gewinnen. So soll beispielsweise der aktuell im Bau befindliche, mixed-used geplante Estrel Tower eine Mischung aus Hotel, Serviced Apartments, Büros und kreativen Flächen bieten. Im begrünten öffentlichen Atrium finden Gäste und Berliner gleichermaßen dann neben einer lokalen Bäckerei auch eine Galerie sowie einen Inkubator für Start-ups. Die Möglichkeit, ein Hotelzimmer als Homeoffice-Ersatz zu nutzen, bieten zum Beispiel einige Hotels der BWH Hotel Group Central Europe an.

Allgegenwärtig: Nachhaltigkeit

Doch auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in der Hotellerie immer mehr an Bedeutung. Zu den ökologischen Maßnahmen in diesem Bereich würden laut Tobias Warnecke z.B. Aktivitäten zur Ressourcenschonung, Stromeinsparung, Mülltrennung, Plastikvermeidung oder nachhaltigere Mobilitätsangebote (für die An- und Abreise der Gäste) zählen. Maßnahmen der ökonomischen Nachhaltigkeit würden etwa die Steigerung der lokalen Wertschöpfung (z.B. Förderung von regionalen Produzenten), den Ausbau der Zusammenarbeit mit Partnern, die Diversifizierung von Geschäftsmodellen oder die Krisen-Resilienz sowie – als zentrale Zielsetzung – Qualität statt Quantität umfassen. „Mit ihrem Engagement in Sachen Nachhaltigkeit kommen die Betriebe zudem auch ihren Gästen entgegen, die sich immer mehr für Nachhaltigkeitsthemen interessieren und einsetzen“, erklärt Warnecke weiter.

Erfolgsfaktoren

Online-Events, die Digitalisierung von Prozessen, New Work und Fachkräftemangel – die MICE-Hotellerie sieht sich mit vielen, ganz verschiedenen Anforderungen konfrontiert. Veränderungen in der Eventwirtschaft wie auch auf dem Arbeitsmarkt erfordern mehr Flexibilität und Agilität. Dazu trägt insbesondere auch die künftige Vielfalt an Veranstaltungsformaten – Präsenz, hybrid oder digital – bei. Ute Jacobs ist daher überzeugt: „Flexibilität, Kreativität und Schnelligkeit in den Abläufen werden maßgebliche Erfolgsfaktoren sein.“

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