Unternehmen nachhaltig aufstellen

Supplier-Check in Sachen Nachhaltigkeit für Ausschreibungen und Kundenanfragen

Eventdienstleister stehen bei Ausschreibungen und Kundenanfragen immer häufiger Fragen zur Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen gegenüber. Unabhängig von der Unternehmensgröße werden, neben den gesetzlichen Anforderungen, Nachweise nachhaltiger Prozesse immer wichtiger. 

grüne Welt(Bild: Shutterstock/ Romolo Tavani)

Der Nachweis nachhaltiger Wertschöpfungsprozesse in der Lieferkette rückt für Eventdienstleister wie Catering- und Messebauunternehmen, Technikdienstleister, Eventagenturen, Locations oder Messegesellschaften weiter in den Fokus. Immer häufiger werden Unternehmen bei Anfragen dazu aufgefordert, ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen zu untermauern und ihre Nachhaltigkeits-Performance im eigenen Geschäftsbetrieb aufzuzeigen. Im Wettbewerb ist dies ein wichtiger Aspekt, um auch künftig am Markt als Supplier bestehen zu können – auch im Hinblick auf die gesetzlichen Anforderungen (siehe Kasten).

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Wie stellt man ein Unternehmen überhaupt nachhaltig auf und wie ist eine nachhaltige Unternehmensführung möglich? Einen aktuellen kleinen Einblick in die Praxis, geben drei Eventdienstleister aus den Bereichen Agentur, Catering und Messebau.

>> Hier geht es zum Interview.


Wer ist betroffen?

Die nachhaltige betriebliche Ausrichtung entlang aller Handlungsfelder zu ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten ist mittlerweile in der Eventwirtschaft kein Nice-to-Have mehr, sondern State of the Art. Dabei sind Eventgewerk, Dienstleister oder Lieferanten jeder Unternehmensgröße betroffen.

Neben umweltfreundlichen und ökologisch ausgerichteten Maßnahmen ist eine umweltgerechte und soziokulturelle sowie wirtschaftlich verträgliche Gestaltung der gesamten betrieblichen Ausrichtung und Abläufe gefordert. Im Rahmen einer Nachhaltigkeitsbetrachtung sollten die Umweltbelastungen, soziale und finanzielle Auswirkungen entlang der kompletten Wertschöpfungskette im gesamten unternehmerischen Auftritt und der eigenen Leistungen analysiert werden. Mittlerweile sehen sich Auftraggeber in der Pflicht, die betriebliche Nachhaltigkeits-Performance ihrer Partner, Dienstleister und Lieferanten über deren gesamte Wertschöpfungskette hinaus zu checken und mit den eigenen Nachhaltigkeitsanforderungen abzugleichen. Damit kann gewährleistet werden, dass bei der Realisierung eines Events alle Nachhaltigkeitskriterien erfüllt und die gesetzlichen Anforderungen umgesetzt werden.


Gesetzliche Anforderungen an die Eventwirtschaft:

Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

Im April 2021 wurde von der EU-Kommission der Entwurf zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vorgelegt. Die CSRD zur nicht-finanziellen Berichterstattung soll ab 01.01.2024 für das Geschäftsjahr 2023 für Unternehmen Anwendung finden.

Demnach soll es beim Umfang und der Art der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen tiefgreifende Änderungen geben, die bestehenden Regeln zur nicht-finanziellen Berichterstattung werden erheblich erweitert. Ebenso wird die Verpflichtung auf Unternehmen ausgeweitet, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: Bilanzsumme > 20 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse > 40 Mio. Euro, Zahl der Beschäftigten > 250. Davon betroffen sind damit auch hierzulande große Agenturen, Messebau- und Cateringunternehmen sowie Veranstaltungstechnikdienstleister – mittelbar über die Lieferkette alle anderen Dienstleister aus der Veranstaltungswirtschaft

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Das Gesetz wurde im Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossen und tritt ab 01.01.2023 für in Deutschland ansässige Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten in Kraft. Ab 1. Januar 2024 sind Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland erfasst.

Indem es Anforderungen an ein verantwortungsvolles Management von Lieferketten festlegt, soll das Gesetz der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage dienen. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Zu den Sorgfaltspflichten für Unternehmen gehören dabei: Risiken ermitteln, Maßnahmen zur Risikominimierung, Beschwerden ermöglichen, Verantwortung anerkennen, Berichterstattung, Auswirkungen des Lieferkettengesetzes auf kleine und mittlere Unternehmen. Bei unmittelbaren Zulieferern, auch der Veranstaltungswirtschaft, muss dadurch ein Plan zur schnellstmöglichen Beseitigung und Minimierung der Verstöße erstellt werden.


Supplier & Service Provider Check

Um Auftraggebern in der Veranstaltungswirtschaft die Sicherheit zu geben, dass für das geplante Event die potenziellen Dienstleister und Lieferanten ihre betriebliche Performance in puncto Nachhaltigkeit transparent machen, wurde von 2bdifferent ein Modul zur Lieferantenprüfung entwickelt. Der sogenannte Supplier & Service Provider Check (kurz: SSPC) verfolgt das Ziel, verantwortlich mit den gegebenen Ressourcen umzugehen und das Bewusstsein des holistischen Nachhaltigkeitsansatzes in die betrieblichen Abläufe und in die verschiedenen Eventformate zu integrieren.

Der SSPC prüft anhand eines Fragebogens potenzielle Lieferanten und Dienstleister auf Basis des eigenen Leitbildes und weiterer Nachhaltigkeitsaspekte im Hinblick auf die drei Säulen der Nachhaltigkeit Ökologie, Ökonomie und Soziales. Er kann als eigenständiges Modul durchgeführt werden oder ist Teil der Ausschreibungsstruktur. Im zweiten Fall erhalten die Lieferanten und Dienstleister zur online-basierten Abfrage eine auf das jeweilige Gewerk individuell angepasste Ausschreibung, inklusive Nachhaltigkeitskriterien, die mit Angebotsabgabe erfüllt werden müssen. Die beteiligten Liefer- und Produktionsunternehmen werden dadurch verpflichtet, transparent über ihre Unternehmen im Hinblick auf ökologische und soziale Standards zu berichten. Alle Aktivitäten müssen zudem mit Nachweisen, wie beispielsweise Umweltmanagementsystemen (EMAS/ISO), Gesundheits- und Sicherheitspolitik, Code of Conduct etc., belegt werden.

supplier und service provider score card(Bild: 2dbifferent)

In einem Feedback-Bericht werden sowohl die Stärken als auch die Defizite der Liefer- und Produktionsunternehmen in einer Green/Yellow/Red-Area aufgezeigt und dem Kunden vorgelegt – letztendlich mit der Konsequenz, dass bei einer schlechten Nachhaltigkeitsperformance keine Auftragsvergabe erfolgen kann. Für Veranstalter & Supplier sollen durch diese transparente Methode gemeinsame Ziele, Maßnahmen und die weitere Zusammenarbeit entwickelt werden.

Wenn der Prozess des SSPC im Zuge eines geplanten Events angewandt werden soll, ist eine Integration der Nachhaltigkeitsaspekte bereits in der Ausschreibungsphase von Vorteil. Die Frage nach dem „Ob“ erübrigt sich und der potenzielle Dienstleister oder Lieferant beschäftigt sich direkt mit dem „Wie“. Mit der Supplier & Service Provider Score Card lassen sich abschließend die Leistungskennzahlen der einzelnen Anbieter anschaulich und auf den Punkt gebracht darstellen und die gegebene Nachhaltigkeitsperformance visuell bestimmen.

Daniele Murgia und Clemens Arnold
Daniele Murgia und Clemens Arnold von 2bdifferent (Bild: 2bdifferent)

Daniele Murgia, Partner bei 2bdifferent, sieht Chancen und Möglichkeiten, die sich für Dienstleister ergeben können: „Durch unseren SSPC Prozess unterstützen wir die auftraggebenden Unternehmen dabei, ihre Lieferkette unter nachhaltigen Gesichtspunkten genauer unter die Lupe zu nehmen, aber auch Dienstleister dabei, wie deren Entwicklung in puncto Nachhaltigkeit nach vorne gebracht werden kann.“

Im Hinblick auf die Einhaltung von nachhaltigen Mindeststandards in den Lieferketten ergänzt sein Kollege Clemens Arnold: „Die vom Auftraggeber zugekauften Leistungen bei einem Event machen zwischen 50% und 80% der Gesamtleistung aus. Aus diesem Grund ist es elementar, die Lieferkette stärker in den Fokus zu rücken, um bereits mit der Auswahl und der Beauftragung der Dienstleister auf das Thema Nachhaltigkeit einzuzahlen.“

Aus der Praxis: Nachhaltigkeit braucht Zeit

Für Dienstleister in der Eventwirtschaft ist es eine Herausforderung, sich im Falle einer angedachten Zertifizierung in einem „Dschungel“ von über 100 Labels und Zertifikaten zurechtzufinden. Vor der gleichen Herausforderung stehen auf der anderen Seite die Auftraggeber, die die ihnen vorgelegten Labels und Zertifikate bei der Auswahl der Dienstleister einordnen müssen. Auf Auftraggeberseite finden insbesondere international anerkannte Zertifikate und Labels wie z. B. die ISO-Familie, EMAS oder SA 8000 (Sozial-Audits) Anerkennung. EcoVadis ist eine unabhängige internationale Plattform für Nachhaltigkeits-Ratings, die Leistungen von Unternehmen in den zentralen Feldern von Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility analysiert und bewertet.

Prozesssheet nachhaltiges Lieferantenmanagement(Bild: 2dbifferent)

Das Beispiel der Walbert-Schmitz GmbH & Co.KG aus Aachen legt dabei anschaulich dar, dass der Weg zum nachhaltigen Unternehmen einige Jahre dauern kann. Zur zukünftigen Erfüllung seitens des von Auftraggeberseite immer stärker geforderten Nachhaltigkeitsmanagements hat sich das Messebauunternehmen 2015, zusammen mit 2bdifferent, auf den Weg gemacht, die Nachhaltigkeitsperformance ihres Geschäfts- und Produktionsbetriebes zu optimieren. Noch bei der ersten EcoVadis-Prüfung 2016 wurde der Nachhaltigkeits-Status nicht positiv bewertet. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Einführung von nachhaltigen Einkaufsrichtlinien wurde bei der nächsten EcoVadis-Prüfung das Level „Silber“ und nun, zum Jahresbeginn 2022, das Level „Gold“ erreicht. Dabei hat sich gezeigt, wie wichtig u.a. der Aufbau eines nachhaltigen Lieferantenmanagements ist.

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