Margenbesteuerung nach § 25 UStG

Margensteuer im MICE-Segment: Können Dienstleister aufatmen?

Die Margensteuer hat im MICE-Segment viel Unsicherheit hervorgerufen. Nun scheint sie erst einmal vom Tisch. Wir erläutern, was deutsche MICE-Anbieter trotzdem beachten sollten.

Steuer(Bild: Alexander Limbach/Shutterstock)

Der Verband der Veranstaltungsorganisatoren darf sich mit berechtigtem Stolz einen politischen Erfolg auf die Fahne schreiben: Der VDVO hat die Politik davon überzeugt, viele MICE-Dienstleistungen nicht mehr im Sinne einer klassischen Reiseleistung zu definieren. Die komplizierte und lästige Margensteuer im MICE-Segment scheint damit zunächst einmal vom Tisch!

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Dabei klang es doch eigentlich harmlos: die Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG. Aber was heutzutage so unbedenklich klingt, hat es ja häufig faustdick hinter den Ohren. Die noch junge Idee der Margenbesteuerung im B2B-Bereich war einfach für viele ein hässliches Entlein, für das man am besten BWL, VWL und Jura zusammen studiert hätte, wenn man es wirklich fachgerecht zerlegen wollte.

Der MICE-Club aus Köln hat sich im Juli 2021 die Mühe gemacht, in einem ganz einfachen Beispiel zu erläutern, welche problematischen Preiseffekte hinter dem Begriff der Margensteuer stecken: „Bei Regelbesteuerung macht die MICE-Agentur den Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Hotels geltend (7 Euro) und berechnet 8,40 Euro Umsatzsteuer an den B2B-Kunden. Dieser kann einen Vorsteuerabzug in entsprechender Höhe geltend machen und die Hotelübernachtung kostet ihn effektiv 120 Euro. Bei Margenbesteuerung indes kann die MICE-Agentur keinen Vorsteuerabzug geltend machen, ihre Umsatzsteuer berechnet sie auf Basis der Marge (20 Euro). Obwohl die zugrunde liegende Leistung (hier: Hotel) dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, berechnet sich die Margensteuer immer nach dem Regelsteuersatz 19% (3,80 Euro). Da der B2B-Kunde auch die Margensteuer nicht als Vorsteuer geltend machen kann, kostet die Hotelübernachtung effektiv 130,80 Euro. (Will die MICE-Agentur dem Kunden den gleichen Preis wie bei Anwendung der Regelbesteuerung bieten, sinkt die Marge von 20 Euro auf 10,92 Euro). Die Anwendung im Detail ist allerdings verzwickt.“

Zum Hintergrund: Bereits 2018 forderte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die deutsche Politik auf, die im B2C-Segment geltende Margensteuer im Tourismus auch auf den B2B-Bereich zu übertragen. Diese war 1980 als Sonderregel zur Umsatzbesteuerung speziell für Reiseveranstalter geschaffen worden, um ihnen die Besteuerung zu erleichtern.

Ende 2019 wurde dieser europäische Erlass für den B2B-Bereich schließlich vom Bundesfinanzministerium umgesetzt. Die Aufhebung der Gesamtmargenbildung soll nun ab 1. Januar 2022 gelten und bis dahin gilt für die Jahre 2020 und 2021 zumindest noch die Regelbesteuerung im Rahmen einer sogenannten Nichtbeanstandungsregel. Wohl gemerkt: Nach neuesten Regelungen betrifft das die meisten MICE-Anbieter aber nicht mehr.

Deutsche MICE-Anbieter waren benachteiligt

Weil das Finanzministerium bisher auch typische MICE-Bundles als Reiseleistung definierte, sollten nun neben den Paketveranstaltern und Incoming-Agenturen folgerichtig auch Anbieter von Event-, Kongress- und Incentive-Reisen davon betroffen sein. Für die Firmenkunden hätte das gravierende Auswirkungen gehabt, denn sie hätten für gebündelt fakturierte Veranstalterleistungen, in denen naturgemäß auch die An- und Abreisekosten eine große Rolle spielen, nun keine Vorsteuern mehr in Abzug bringen können. Die unangenehme Folge: Eine deutliche Erhöhung der Kosten exakt in Höhe der jeweiligen Mehrwertsteuer!


Anreise und Unterbringung zu Tagungen und Messen gehören mit Einräumung einer Eintrittsberechtigung nur zu einer Nebenleistung und sind nicht mit einer touristischen Urlaubsreise zu vergleichen!


Einen umständlichen Ausweg gab es: Die Verlagerung der fakturierenden Agentur in ein Drittland außerhalb der EU, beispielsweise nach Großbritannien. Denn: Für Drittlandsreiseveranstalter gilt die sogenannte Regelbesteuerung. Was bedeutet, dass sie für Reisen in Deutschland grundsätzlich in Deutschland Umsatzsteuer auf ihre Ausgangsleistungen abführen müssen. Im Gegenzug können sie die Vorsteuer aus ihren dazugehörigen Eingangsleistungen geltend machen! Ein klassischer „EU-Witz“, denn über eine britische Tochter lassen sich bei großen Messen so durchaus Millionen sparen und die problematische Vermittlerrolle ist überflüssig.

Und einen weiteren Ausweg gibt es: Tritt die MICE-Agentur als Vermittler auf, so erzielt sie eine regelbesteuerte Provision. Das bedingt aber, dass den Agenturkunden die Leistungen unmittelbar von den jeweiligen Anbietern berechnet werden. One event, one invoice: Dieser buchhalterische Vorteil für den Firmenkunden wäre dann nicht mehr gegeben gewesen. Zudem hat der eine oder andere Anbieter von MICE-Leistungen eine Nebenwirkung auf sein Geschäftsmodell fast so sehr gescheut wie der Teufel das Weihwasser: Die Konditionen, Provisionen, Margen hätten dann offengelegt werden müssen. Auch dieses Schreckgespenst ist nun vom Tisch, weil die Steuerverwaltung dem Argument der Branche gefolgt ist, dass u.a. die Anreise zu Tagungen und Messen nur zu einer Nebenleistung zum eigentlichen Reisezweck gehört und nicht mit einer touristischen Urlaubsreise zu vergleichen sei.

Achtung: Incentive-Reisen werden weiterhin margenbesteuert

Die neue Regelung für MICE-Anbieter schließt aber aktuell und in Zukunft reine Incentive-Reisen definitiv aus. Sie unterliegen weiterhin der Margenbesteuerung, denn hier steht der Reiseaspekt deutlich im Vordergrund.

Im FWV-Traveltalk vom Juli 2021 kam der Steuerrechtsexperte Volker Jorczyk von Tourism, Tax & Law zu Wort, der einschränkend erklärte, dass die neue Form der Margenbesteuerung auch für MICE-Anbieter nur dann gelte, wenn „die Einräumung von Eintrittsberechtigungen“ im Mittelpunkt der Reise stehe. Er nennt als Beispiel für den Fortbestand der Regel eine zehntägige Reise, die einfach nur um eine Messe herum gebaut werde und notabene dieses Privileg dann natürlich nicht für sich beanspruchen könne.

Weiterhin, so Umsatzsteuerspezialist Hans-Martin Grambeck in der Fachzeitschrift FVW, sei noch zu klären, ob mit dem Wort „Veranstalter“ im Umsatzsteuergesetz auch Zwischenhändler gemeint seien. „Agenturen, die eine Veranstaltung organisieren, aber nicht als Veranstalter auftreten, sind nach meiner Lesart weiterhin im Fokus der Margensteuer.“ Allerdings definiert das Umsatzsteuergesetz den Veranstalterbegriff nicht. Hier bedürfe es daher näherer Erläuterung.

Es ist also wie immer: Ehe der Amtsschimmel dreimal gewiehert hat, gibt es keine abschließende Klarheit im Detail und daher sollte auf jeden Fall ein Grundsatzgespräch mit dem Steuerberater Licht ins individuelle Zwielicht bringen. Zum fachgerechten Einarbeiten sei folgende Lektüre vom Finanzministerium empfohlen: https://bit.ly/3B9VQf8.


Die wichtigsten Änderungen aus dem Erlass auf einen Blick

  • Die Einräumung von Eintrittsberechtigungen für Messen, Ausstellungen und Kongresse und damit im Zusammenhang erbrachte Beförderungs-, Verpflegungs- und Beherbergungsleistungen, die vom Veranstalter als einheitliche Leistung angeboten und an Unternehmer erbracht werden, sind keine Reiseleistungen.
  • Die Entscheidung, ob der Unternehmer eine Leistung im eigenen Namen erbringt oder eine fremde Leistung lediglich vermittelt, ist anhand des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach dem Gesamtbild des Einzelfalls zu treffen. Im Hinblick darauf, dass eine Vermittlungsleistung ein Handeln im fremden Namen erfordert, kommt es für die Abgrenzung maßgeblich darauf an, wie der Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger auftritt. Es muss somit für den Leistungsempfänger objektiv erkennbar sein, dass der Handelnde für den Geschäftsabschluss im fremden Namen auftreten will. In der Regel hat dies durch die Prospektgestaltung und durch klare Hinweise außerhalb seiner AGB zu geschehen.
  • § 25 UStG ist nicht anzuwenden, soweit der Unternehmer beim Verkauf von Reisen erkennbar im fremden Namen handelt (vgl. Abschnitt 3.7 Abs. 1). Die Besteuerung der Vermittlungsleistungen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des UStG. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG ist zu beachten.

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