Gleichwertige Erlebnisse schaffen

Hybride Marketing-Events: Onsite- und Online-Teilnehmende zufrieden stellen

Das Dilemma, sowohl Onsite- als auch Online-Teilnehmende von hybriden Events gleichzeitig und gleichwertig zufriedenzustellen, löst man, indem für beide Gruppen ein gleichwertiges Erlebnis geschaffen wird – und nicht etwa, indem man beide Gruppen vernetzt. So die überraschende Erkenntnis von Michèle Kreuter in ihrer Bachelorarbeit.

Mann vor einem Laptop, Mann winkt(Bild: Shutterstock / fizkes )

Die weltweite Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus führte Anfang des Jahres 2020 zu einem Stillstand in der gesamten MICE- und Eventbranche. Was in diesem Zuge und zuvor als Notlösung galt, wurde nahezu täglich genutzt: Virtuelle Treffen und Videokonferenzen zeigten, welche Freiheiten und Möglichkeiten neu dazu gewonnen werden konnten. Ein Bedeutungszuwachs habe vor allem hinsichtlich hybrider Eventformate stattgefunden.

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Michèle Kreuter untersuchte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit mittels umfangreicher Literaturrecherche und Experteninterviews, wie sowohl Onsite- als auch Online-Teilnehmende verbunden werden können, um ein gemeinsames Eventerlebnis zu schaffen. In diesem Zusammenhang waren die Entwicklung und Einschätzung konkreter Maßnahmen zur Erstellung ebensolcher hybrider Marketing-Events Ziel der Untersuchung.

Entgegen der Annahme, dass die Verbindung der beiden Veranstaltungsteilnehmergruppen entscheidend für die Zukunft von hybriden Events ist, hat die Schaffung eines gleichwertigen Eventerlebnisses für Onsite- und Online-Teilnehmende die höhere Priorität. Daher untersuchte die Autorin schließlich entgegen ihrer ursprünglichen These, wie man für die unterschiedlichen Veranstaltungsteilnehmenden ein gleichwertiges Eventerlebnis schaffen kann. Dazu ist es nötig, den beiden unterschiedlichen Veranstaltungsteilnehmerkreisen eine individuelle Veranstaltung zu bieten und dabei auf die einzelnen Bedürfnisse, Wünsche und deren Ausgangssituationen einzugehen und gemeinsame Touchpoints zu schaffen, in denen die Teilnehmenden sich vernetzen, interaktiv austauschen können oder gemeinsame Erlebnisse erfahren.


Übersicht:

Wesentliche Unterschiede in Motivation der Teilnahme

Eine Botschaft – zwei Contents

Individuelle Teilnehmerreise mit gemeinsamen Begegnungen

Multisensuale Ansprache

Partizipation durch Social Media

Barrieren verringern

Die besondere Rolle der Moderation

Mutig sein und Neues ausprobieren

Über die Autorin

Bewertung der Gutachterin


Wesentliche Unterschiede in Motivation der Teilnahme

Innerhalb des Forschungsprozesses zu dieser Bachelorarbeit, vor allem durch die Experteninterviews, wurde die Annahme widerlegt, dass die Verbindung der Veranstaltungsteilnehmenden die höchste Priorität habe. Dies erscheint zumindest nicht über die gesamte Dauer der Veranstaltung als erstrebenswert. Zu Beginn der Forschungsarbeit wurde das Ziel verfolgt, konkrete Maßnahmen zur Verbindung von Veranstaltungsteilnehmergruppen bei hybriden Events zu entwickeln, die eine Art Äquivalent der Live-Kommunikation darstellen. Im Verlauf der Forschung wurde deutlich, dass sich die Motivationen der Teilnahme an einer Veranstaltung in Bezug auf die Art der Teilnahme – online oder onsite – wesentlich unterscheiden und einen erheblichen Einfluss auf die Erwartungshaltung des Teilnehmenden an die Veranstaltung haben. Diese Erkenntnis führte zu einer leichten Kursänderung in der Bearbeitung der Bachelorarbeit.

Weiterhin sollten konkrete Maßnahmen gefunden werden, die die beiden Veranstaltungsteilnehmergruppen während eines Events zeitweise verbinden. Bei der Entwicklung ebensolcher Maßnahmen ist die Gleichwertigkeit in den Vordergrund zu stellen – damit ist jedoch nicht das gleiche Erleben gemeint. Schlussendlich muss die Suche nach passenden Äquivalenten von Onsite-Events für den digitalen Raum aufhören. Bei der Konzeption von hybriden Events muss dazu übergegangen werden, zwar ein Event zu planen, aber zwei unterschiedliche, auf den jeweiligen Raum angepasste Erlebnisse zu schaffen. Die Konsequenz daraus ist, dass zwangsläufig auch Botschaften auf zwei unterschiedliche Arten dargeboten werden müssen.

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Eine Botschaft – zwei Contents

Um ein Erlebnis auf Augenhöhe für beide Teilnehmergruppen – onsite und online – zu schaffen, muss man sich davon lösen, den gleichen Inhalt für beide zu senden. Die Botschaften müssen auf den jeweiligen Kommunikationskanal angepasst werden und die Inhalte zur Übermittlung der Botschaft müssen auf die Zuschauer:innen, deren Bedürfnisse und deren Umgebung zugeschnitten werden.

Betrachtet man den Werbeslogan „Vorsprung durch Technik“ der Automarke Audi, dann ist dies eine klare Botschaft, die bei einer Vorstellung des neuen Audi transportiert werden soll. Nimmt man an, dass diese Autopräsentation vor der Presse in einer hybriden Form stattfinden soll, so müssen nun zwei unterschiedliche Inszenierungen der Botschaft und damit einhergehend zwei Contents vorbereitet werden. Die Onsite-Teilnehmenden erleben zunächst vor Ort, wie der neue Audi mittels einer großen Show mit vielen Spezialeffekten, wie Pyrotechnik, Nebel und einer Lichtshow, auf einer Fahrzeugbühne präsentiert wird. Anschließend haben die Pressevertreter:innen vor Ort die Möglichkeit, den neuen Audi von innen zu begutachten und Probe zu fahren.

Sendet man den gleichen Inhalt in einem Streaming für die Online-Teilnehmenden, dann haben sie zwar das Gleiche gesehen, haben aber allein aufgrund der fehlenden haptischen Erlebnisse beim anschließenden Ins-Auto-Setzen kein Erlebnis auf Augenhöhe. Um das zu umgehen, kann man die Produktpräsentation von vor Ort den digitalen Teilnehmenden in einem Stream zeigen und diese anschließend in eine spielerische virtuelle Umgebung auf einer Eventplattform führen. Dort können die Online-Teilnehmenden sich das neue Fahrzeug von Audi wie auf einer Bestellplattform anschauen, sich durch Buttons durch das Automobil klicken und einzelne technische Details anschauen. Durch On-Demand-Videos können kurze Einspielungen aus der Produktion, Videodrehs oder auch Interviews gezeigt werden. Der Fokus liegt bei dieser Variante wieder auf der Botschaft „Vorsprung durch Technik“. Die Botschaft wurde in diesem Beispiel sowohl an die analogen als auch an die digitalen Teilnehmenden vermittelt.

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Individuelle Teilnehmerreise mit gemeinsamen Begegnungen

Den beiden Teilnehmergruppen wird zwar eine individuelle Teilnehmerreise geboten, sie können allerdings über gemeinsame Touchpoints miteinander vernetzt werden. Die Optionen zur Verbindung von Online- und Onsite-Teilnehmenden sind weitreichend und können je nach Veranstaltungsart angepasst werden. Informative Teile einer Veranstaltung lassen sich mittels Workshops und/oder Q&A-Sessions auch in hybrider Form abbilden. Auch Networking kann beispielsweise über Eventapps, wie Chatroulette, ermöglicht werden. Bei dieser Form wählen sich alle Teilnehmenden eines Events mit einem digitalen Endgerät ein, anschließend werden Onsite- und Online-Teilnehmende durch einen Zufallsgenerator zusammen in einen Chat gelost. Nach wenigen Minuten wechseln die Partner:innen und man lernt jemand Neues kennen.

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Multisensuale Ansprache

Durch gemeinsame Verköstigungen, also das gemeinsame Essen oder das Probieren von Weinen, Gin, Whiskey oder dem Event entsprechenden Produkten, kann ein Gemeinschaftsgefühl zwischen den Teilnehmenden entstehen. Vorab werden die zur Verköstigung stehenden Produkte den Online-Teilnehmenden zugesendet. Das hat den Nebeneffekt, dass auf multisensualer Ebene der Online-Bereich um die Komponenten des Fühlens, Riechens und des Schmeckens erweitert wird. So ist auch eine multisensuale Ansprache im digitalen Raum möglich. Darüber hinaus kann durch eine persönliche Grußkarte, die z.B. „Viel Spaß bei der Preisverleihung“ wünscht, ein Gefühl der Wertschätzung und der gezielten persönlichen Ansprache entstehen.

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Partizipation durch Social Media

Die Einbindung und Bereitstellung von Partizipationsmöglichkeiten für alle Teilnehmenden sind besonders wichtig bei hybriden Events, da auch die digital Teilnehmenden das Gefühl einer aktiven Teilnahme bekommen müssen. Dafür lassen sich soziale Plattformen besonders gut nutzen. Diese erlauben sowohl in der Prä- als auch in der Post-Eventphase die Interaktion mit den Teilnehmenden. Durch Abstimmungen, Q&A-Sessions oder freie Fragerunden können Eventteilnehmende den Veranstaltungsablauf mitbestimmen.

Eine Verbindung der digitalen Teilnehmenden und der Teilnehmenden vor Ort kann auch mittels der Integration von Social Walls während eines Events gefördert werden, auf denen Snapshots, Hashtags, Grußbotschaften, Bilder und Verlinkungen geteilt werden können. Die digitalen Eventteilnehmenden sehen in einem Live-Stream ihre eigene aktive Partizipation. Ein netter Nebeneffekt bei der Einbindung von Social Media ist der User-generated Content, der aus der Perspektive des Marketings besonders wichtig ist. Denn der/die User:in teilt seine/ihre persönlichen Erfahrungswerte und sorgt damit für Authentizität. Durch das Teilen von Inhalten im Netz werden die konventionellen Grenzen einer Veranstaltung gebrochen und eine Partizipation aller ist erlaubt. Dadurch erhalten noch mehr Nutzer:innen der Netzgemeinde die Möglichkeit der Teilnahme am Veranstaltungsgeschehen, wenn auch nur über die sozialen Medien.

Social Wall
Eine Verbindung der digital und vor Ort Teilnehmenden kann etwa durch Social Walls gefördert werden. (Bild: Shutterstock / Gorodenkoff)

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Barrieren verringern

Beachtung sollte man außerdem Maßnahmen schenken, die Barrieren verringern und Interaktion fördern. Dazu gehört, dass die Online-Umgebung klar strukturiert ist, Teilnehmende sich schnell zurechtfinden und im Notfall ein technischer Support zur Seite steht. Bei der Einrichtung von Online-Umgebungen kann es nützlich sein, sich bestehender Umgebungen zu bedienen, die die Eventteilnehmenden schon aus anderen Netzwerken kennen, wie z.B. Facebook oder Instagram. Bei Video- und Ton-Zuschalten sollte ein vorheriger Technik-Check erfolgen. Ansonsten können gut vorbereitete Anleitungen zur Einwahl in eine Konferenz oder zu Abstimmungstools helfen. Bei internationalen Veranstaltungen sollte über Remote-Dolmetscher:innen nachgedacht werden, die in die einzelnen Landessprachen übersetzen, sodass die Teilnehmenden auch an Fragerunden und Abstimmungen sowie Workshop-Sessions teilnehmen können.

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Die besondere Rolle der Moderation

Sowohl Online- als auch Onsite-Zuschauer:innen müssen gezielt angesprochen werden, deshalb ist auf eine gute Moderation bei hybriden Events zu achten. Dabei bedeutet gute Moderation, dass die Moderation mit beiden Zielgruppen interagiert und diese in das Veranstaltungsgeschehen integriert. Wie ein guter Begrüßungssatz aussehen könnte, zeigt dieses fiktive Beispiel: „Meine sehr verehrten Damen und Herren am Bildschirm, ich darf Sie zusammen mit 5.000 Teilnehmenden in der SAP-Arena begrüßen. Wir freuen uns auf einen spannenden Abend mit vielen Gästen vor Ort und uns zugeschalteten Gästen aus aller Welt. Lassen Sie uns heute Abend die Welt vernetzen und gemeinsam eins werden. Lassen Sie uns einen, was zusammengehört, die gemeinsame Freude und unser Interesse und Engagement an einer nachhaltigen Wirtschaft. Ich darf Sie begrüßen zu der dritten Konferenz ‚Nachhaltig Wirtschaften‘ hier aus Mannheim.“

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Mutig sein und Neues ausprobieren

Schlussendlich gibt es viele Möglichkeiten zur Verbindung von Veranstaltungsteilnehmenden bei hybriden Events. Viele Ideen müssen in die Tat umgesetzt und ausprobiert werden. Der Mut, etwas Neues zu wagen, was vielleicht auch schief gehen könnte, darf der Branche jetzt nicht fehlen. Die Bandbreite bei der Kreation von hybriden Events wurde massiv erweitert und muss in Zukunft genutzt werden.

Nicht zu vernachlässigen sind die anfallenden Mehrkosten bei hybriden Events, da nicht nur „zwei Events“ geplant, sondern auch umgesetzt werden – eine digitale und eine physische Variante. Hybride Events werden weiterhin in der MICE- und Eventbranche Bestand haben. Dazu ist es wichtig, dass zukünftig noch mutiger gedacht und Neues ausprobiert wird. Letztlich darf bei allem technischen Fortschritt der Mensch nicht in den Hintergrund rücken.

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Über die Autorin:

Michèle Kreuter
Michèle Kreuter (Bild: Privat)

Michèle Kreuter erwarb 2022 den Bachelor of Arts in Tourismus-, Hotel- & Eventmanagement an der Hochschule Fresenius in Wiesbaden. Während ihres Studiums arbeitete die Autorin in zahlreichen praktischen Projekten mit und entwickelte 2020 in ihrer Heimatgemeinde einen Kultursommer, der sich seither etabliert hat. Zum Beginn des Jahres 2023 startete sie als Manager Events im German Convention Bureau. Gleichzeitig nahm sie das MBA Eventmarketing Studium an der Technischen Universität in Chemnitz auf.

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Bewertung der Gutachterin:

Michèle Kreuter präsentiert eine überaus gelungene Arbeit auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Mit ihrem Titel: „Digitalisierung von Marketing-Events – Entwicklung konkreter Maßnahmen für eine interaktive Verbindung von Veranstaltungsteilnehmern bei Hybriden Events“ greift sie ein wichtiges Thema auf, was die Branche aktuell beschäftigt.

Sie widerlegt darin nicht nur ihre eigene These, dass als Hauptziel die Schaffung einer komplett interaktiven Verbindung aller Teilnehmenden stehe, sondern entwickelt und präsentiert konkrete Handlungsempfehlungen, wie hybride Events zu gleichwertigen Erlebnissen sowohl für Onsite- als auch für Online-Gäste werden können. Ihre Arbeit basiert auf einer umfangreichen Literaturanalyse, welche mit zahlreichen Experteninterviews bekannter Größen aus der Branche unterstützt wurde. Frau Kreuter liefert in ihrer Arbeit fundierte und belastbare Ergebnisse, die zielführend und qualitativ hochwertig bei der Konzeption von hybriden Events in Zukunft zu Rate gezogen werden können. Chapeau!

Sabine Böhling, Hochschule Fresenius Wiesbaden

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