Im Krisenlabyrinth

Folgen des Ukraine-Kriegs für die MICE-Industrie

Die MICE-Industrie kommt aus dem Krisenmodus nicht heraus. Noch vor kurzem dachte man, man könnte die Pandemie mit dem Frühjahr endlich hinter sich lassen, das Eventgeschäft würde sich beleben. Doch der Krieg in der Ukraine stellt die dringend benötigte Erholung schon wieder in Frage.

labyrinth-nachdenken-idee-krise-unsicher-konzept(Bild: Jorm S/Shutterstock)

Vor dem ernsten Hintergrund des Kriegs und der Not der Menschen in der Ukraine müssen wirtschaftliche Sorgen hierzulande kleinlich wirken. Doch in der Veranstaltungswirtschaft, in der Hotellerie und Gastronomie, im Luftverkehr ist die Situation wirklich ernst. Und gerade diese bereits geschwächten Teilbranchen werden durch die Auswirkungen des Kriegs jetzt wieder hart getroffen.

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Der Westen reagiert auf die russische Aggression mit einer beispiellosen Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen. Mehr als 30 Staaten haben ihren Luftraum für Flüge aus Russland gesperrt. Die Verlegung und Streichung von Flugrouten behindern den internationalen Verkehr. Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT), befürchtet „massive Folgen für den gesamten internationalen Tourismus“, für Urlaubs- wie Geschäftsreisen.

Krieg bremst Reiselust

Die Verunsicherung der Reisenden schlägt sich in hohen Stornozahlen nieder, meldet das Portal „Reise vor 9“. Besonders hart trifft es natürlich alle krisennahen Destinationen, etwa Polen und das Baltikum. Doch umgekehrt leiden auch alle Zielgebiete, die Russen und Ukrainer zuvor gern bereist hatten. Deutschland verliert im Incoming rund zwei Millionen Übernachtungen russischer Gäste pro Jahr – Russland rangierte damit nur knapp hinter den Top-10-Quellmärkten Deutschlands.

Während sich Europa im Schockzustand befindet, ist Nordamerika bisher kaum betroffen. Reiseveranstalter wie Booking und Expedia und Airlines wie Delta, American, Southwest oder Jet Blue meldeten Mitte März Rekordbuchungszahlen. Doch das könnte sich bald ändern. Denn der Ukraine-Krieg sendet Schockwellen in Form explodierender Energiepreise rund um den Globus.

Reisen wird teurer, Veranstalten auch

Durch das Russland-Embargo hat sich der Preis für Rohöl stark erhöht, und er wird so schnell nicht wieder sinken. Die Investmentbank Goldman Sachs erwartet, dass er im Jahresdurchschnitt bei rund 100 US-Dollar bleibt. (Vor Kriegsbeginn lag er bei etwa 70 US-Dollar, und das war schon hoch.) Mobilität bleibt also sehr teuer. Das sehen wir alle an der Zapfsäule, und im Luftverkehr werden wir es auch bald sehen, denn der Kerosinpreis hängt am Öl. Lufthansa hat bereits steigende Ticketpreise angekündigt. Flugdestinationen werden im MICE-Geschäft für längere Zeit starken Gegenwind spüren.

Doch nicht nur das Fliegen, der gesamte Tourismus wird teurer, gezwungenermaßen: Bahnfahren – wegen der rekordhohen Stromtarife hierzulande. Hotellerie und Gastronomie – erhöhen deutlich die Preise wegen steigender Kosten und zur Kompensation der Pandemie-Verluste. Autovermieter – verlangen extreme Raten, weil Mietwagen knapp sind, denn die Autoproduktion stockt aufgrund des Halbleiter-Mangels, einer Nachwirkung der Pandemie. Selbst Bauholz für den Messebau hat sich in den vergangenen Monaten um nahezu 100% verteuert – wenn man überhaupt welches erhalten kann.

Inflation, die große Gefahr

Als Folge der Pandemie hatten wir schon Lieferkettenprobleme, jetzt kommt noch der Ölpreisschock dazu. Das treibt die Preise für Waren und Dienstleistungen auf breiter Front. Die Inflationsrate steht jetzt bei deutlich über 5% und wird bei dauerhaft hohen Energiepreisen wohl weiter steigen. In der Tat laufen wir Gefahr, dass Krieg und Inflation die Konjunktur ausbremsen.

Die Bekämpfung der Inflation durch höhere Zinsen wäre eigentlich Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch ihr sind die Hände gebunden, denn sie hat sich verspekuliert: Als sich die Wirtschaft im letzten Jahr vom Corona-Schock zu erholen begann, hat die EZB ihre expansive Geldpolitik beibehalten, statt die Zinsschraube langsam anzuziehen. Jetzt kann sie es nicht mehr, ohne den letzten Rest an Wirtschaftswachstum abzuwürgen. Doch wenn den Menschen bewusst wird, dass die Inflation dauerhaft hoch bleibt, werden sie schon bald höhere Löhne fordern, und die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale wird sich in Gang setzen.

Erholung ausgebremst, bevor sie begonnen hat

Es ist kaum zu erwarten, dass in einem solchen Umfeld mehr Reisen und mehr Veranstaltungen durchgeführt würden. Eher wird das Gegenteil der Fall sein. Verflogen sind damit die zarten Frühlingshoffnungen auf einen Restart, die Aussichten auf baldige Erholung des MICE-Geschäfts trüben sich erst einmal wieder ein. Krise um Krise und kein Ausweg in Sicht: Es ist ein wahres Krisenlabyrinth, in dem Tourismus- und Veranstaltungswirtschaft gefangen sind.


Veranstaltungs-Tipp

IMEX-in-Frankfurt(Bild: IMEX Group)

Sie sind in der Meeting- und Eventbranche tätig? Nach zwei Jahren pandemiebedingter Absagen findet vom 31. Mai bis 2. Juni 2022 in Frankfurt die IMEX statt, eine der größten Fachausstellungen in Deutschland für Meetings, Conventions, Events und Incentive-Reisen. Angesprochen werden sollen Dienstleister wie Hotels, Incentive- und Eventagenturen, Kongresszentren, Meeting- und Konferenzplaner:innen und viele mehr. Geboten wird Inspiration zu neuen Veranstaltungsorten in Metropolen weltweit bis hin zu Eventtechnologie sowie Hosted-Buyer-Programme.

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