Veranstaltungsbranche während Corona

Die Querumsteiger: Berufliche Um- & Neuorientierung von Eventlern

Mit den Lockerungen der Corona-Regeln verbessert sich auch die Perspektive für die Eventbranche. Viele Fachkräfte sind mittlerweile aber in anderen Bereichen tätig. EVENT PARTNER hat sich umgehört, ob sie zurückkommen – oder was sie davon abhält.

Weg-Unsicher-Suche-Entscheidung(Bild: Shutterstock / eamesBot)

Die Temperaturen und die Impfquoten steigen, gleichzeitig füllen sich langsam auch die Belegungspläne von Messegeländen, Stadien und anderen Veranstaltungsstätten. Entwickelt sich der Trend beständig weiter, stehen der Veranstaltungswirtschaft ein geschäftiger Herbst 2021 und ein volles Jahr 2022 bevor. Für den Restart brauchen die Unternehmen Fachkräfte, allerdings wanderten diese während des Corona-Stillstands oft in andere Bereiche ab. Mit einer Online-Umfrage wollten wir herausfinden, was die Gründe für den Wechsel waren und was Gründe sind, die eine Rückkehr in die Veranstaltungswirtschaft begünstigen oder erschweren.

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>> Weiterlesen: Artikel „Mit der Eventbranche zum Impferfolg“


Umfrage: Verbleib in Eventbranche ungewiss

Für die Mehrheit war die geringe Auslastung im eigentlichen Job ausschlaggebend für eine berufliche Umorientierung (54,5 %), woraus sich auch die fehlende finanzielle Sicherheit ergibt (31,8 %). Einige gaben an, dass ihre Arbeitskraft in anderen Bereichen besser aufgehoben sei (22,7 %). Doch die Frage, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, zeigt auch Kritikpunkte an der Veranstaltungswirtschaft auf: So waren ebenfalls 22,7 % bereits vor Corona mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden und nutzen die Lage wahrscheinlich zum Wechsel. 36,4 % sahen außerdem keine Zukunft in ihrem bisherigen Berufsumfeld und 31,8 % haben das Gefühl, dass die eigene Arbeit nicht von Politik und Gesellschaft wertgeschätzt werde.

Die Teilnehmer:innen der Umfrage kommen aus der Veranstaltungstechnik (Audio, Licht, Video), Messe- und Eventbau, aber auch aus der Veranstaltungsorganisation, -management und -marketing. Im Audiobereich wechselten einige Befragte in den Install-Sektor oder in die IT, aus dem Eventmanagement gingen Leute in den Einkauf oder die Hochschulverwaltung. Eine Teilnehmerin arbeitet übergangsweise ehrenamtlich als Kita-Helferin.

Der Großteil der Befragten (72,7 %) ist sich nicht sicher, ob sie bei einem Restart in die Veranstaltungswirtschaft zurückkehren oder in ihrem neuen Berufsfeld bleiben. Zum Zeitpunkt der Umfrage (Anfang April 2021) konnten einige das weitere Corona-Geschehen noch nicht einschätzen. Generell gibt es Sorgen darüber, wie sich die Eventbranche jetzt entwickelt: „Wer weiß schon, was in fünf Jahren ist?“, „Es wird die alten Tätigkeitsfelder wie vor der Pandemie nicht mehr geben“ oder „So was wie jetzt kann immer wieder kommen“. 9,1 % (bei 22 Befragten also zwei Personen) wollen nicht in den Eventbereich zurück. Gründe hierfür seien ein prognostizierter Preiskampf, der nun noch größer werde, und fortgeschrittenes Alter. Zurückkehren wollen 18,2 %. Für sie ist die Arbeit in der Veranstaltungsbranche mehr Berufung als Beruf, der Abwechslung und projektbezogene Arbeit im Team biete.

Paddi Krause

Patrick „Paddi“ Krause sitzt bald wieder am Mischpult – wie hier auf der Tour von TOTO (2018).
Patrick „Paddi“ Krause sitzt bald wieder am Mischpult – wie hier auf der Tour von TOTO (2018). (Bild: Jörg Küster)

Auf jeden Fall zurück in seinen Beruf möchte Patrick „Paddi“ Krause. Vor Corona war er als Tontechniker für den Bühnensound von Bands wie TOTO oder In Flames zuständig und weltweit unterwegs. Im März 2020 ging es nach einem Russland-Aufenthalt für Paddy zwei Wochen in selbstgewählte Quarantäne. „Da ich an so vielen Flughäfen, Venues, Hotels usw. war, erschien mir das als logische Konsequenz“, sagt Paddy. Über die eigene Familie kam er an eine Tätigkeit in einer Firma für Gebäudereinigung, in der er seit April letzten Jahres arbeitet. Durch die geregelten Arbeitszeiten habe er Zeit dafür gefunden, Kontakt mit Schulfreunden aufzubauen und wieder selbst Gitarre zu spielen. Trotzdem möchte er wieder zurück ans Mischpult und auf Tour, sobald Großveranstaltungen wieder planungssicher und konstant stattfinden könnten. Dabei zeigt sich Paddi zuversichtlich: „Die Tourneeanfragen kommen inzwischen fast wöchentlich rein und ich bin optimistisch, dass wir spätestens im Frühjahr 2022 wieder voll ausgelastet – wenn nicht sogar überlastet – sein werden.“

event-corp.de

Kai Mosdzen (l.) und Laurin Joel Schafhausen bauten in Bielefeld ein altes Lokal zur Listening-Bar „owls“ um.
Kai Mosdzen (l.) und Laurin Joel Schafhausen bauten in Bielefeld ein altes Lokal zur Listening-Bar „owls“ um. (Bild: OWL HiFi)

Kai Mosdzen und Laurin Joel Schafhausen kehren nur teilweise zurück. Ihre Firma event-corp.de betreut deutschland- und weltweit die Beschallungstechnik in Diskotheken, Clubs und Bars. Durch die eigenen Rücklagen, Materialverkauf sowie Kurzarbeit und staatliche Unterstützung konnte man laut eigener Aussage die Ausfälle von 2020 gut auffangen. Untätig waren die Beiden aber nicht: Neben einem Onlineshop für Hifi-Geräte betreiben Laurin und Kai auch einen Online-Shop für nachhaltige Gastronomie-Verpackungen. Die Kombination aus Gastro und Audio entsteht gerade in Bielefeld: das owls. Die Listening Bar soll eine Kombination aus Bar mit Küche, Coworking Space und Showroom für das eigene Angebot an Lautsprechern werden – inklusive hochwertigem Soundsystem natürlich. „Der Wunsch, eine Bar zu eröffnen, bestand eigentlich schon immer, allerdings war das eher für den Lebensabend geplant. Das haben wir nun einfach etwas vorgezogen“, sagt Laurin. Event-corp.de soll den Verleih und die Installation fortführen, allerdings mit neuem Personal.

Watershow.de

Anstatt Live-Wassershows fokussierte sich Christian Eid dieses und letztes Jahr u. a. auf Springbrunnen.
Anstatt Live-Wassershows fokussierte sich Christian Eid dieses und letztes Jahr u.a. auf Springbrunnen. (Bild: watershot.de)

Wassershowtechnik, die von einer Wassersäule als Dekoration bis zu schreibenden Wasserwänden in einer Bühneninszenierung reichen kann – das bot Watershow.de vor Corona an. Noch Anfang 2020 war Geschäftsführer Christian Eid u.a. auf der BOE in Dortmund und dem World Club Dome in Düsseldorf unterwegs. „Die ersten drei Monate waren geprägt von zur Ruhe kommen und verschiedene Optionen durchgehen“, sagt Eid. Jetzt legt er den Fokus auf Flachdächer, Schwimmbecken und Springbrunnen aus geschweißten Edelstahlblechen. Hinzu kommt die Spenglerei (Blechbearbeitung) im Denkmalschutz. „Der Marktzusammenbruch in Messe und Event war für uns mehr ein Beschleuniger. Es gab diesen Plan bereits länger und es wurde schon vorher z.B. der Maschinenpark […] dahingehend ausgerichtet“, sagt Eid. So möchte man die Synergien im Markt und in einer spezialisierten Nische nutzen. Wenn Live-Veranstaltungen wieder anlaufen, sei „ein 100 % Wiedereinstieg für uns problemlos zu meistern. Die größere Herausforderung wird wohl eher sein, beide Geschäftsbereiche weiter optimal zusammenzubringen“, führt Christian Eid an, zeigt sich aber optimistisch.

Fazit: Chancen in der Diversifikation

Ausgeruht hat sich die Veranstaltungswirtschaft in Corona-Zeiten nicht: Neben der wichtigen Lobbyarbeit von Verbänden und Initiativen erschlossen sich Selbstständige und Unternehmen neue Geschäftsfelder. Eventagenturen und Messebauer helfen bei der Realisation und Organisation von Impfzentren (siehe Link „Mit der Eventbranche zum Impferfolg“). Doch auch in anderen Bereichen haben Messebaufirmen ihre Nische gefunden: Artlife aus Hofheim im Taunus verantwortet den Umbau von Hotels, Engelmann Messe und Design aus Oldenburg entwerfen Tiny Houses und Amecko aus Oberhausen gestalten Unternehmensräume neu. Bereits kurz nach den ersten Corona-Regelungen im letzten Jahr bot das Eventtechnikunternehmen Adam Hall Desinfektionsständer an, der Bühnenpodest-Hersteller Mott entwickelte mobile Hygiene- und Spuckschutzwände und Huth Events stieg in die Maskenproduktion ein. Die Kreativität und der Geschäftssinn der Branche waren wichtig in Zeiten, in denen die Auftragslage im Kerngeschäft mau waren und die Hilfspakete schleppend kamen. Der zeitige Neustart des Live-Geschäfts wird hoffentlich stark genug sein, um auch die Unentschlossenen von einer Rückkehr zu überzeugen – vermisst und gebraucht werden sie auf jeden Fall.

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