Chancen und Risiken

Plattformökonomie in der Eventbranche

Plattformen gelten führend als digitales Geschäftsmodell. Daher ist es für Eventakteure bedeutend, ihre Herausforderungen zu bewältigen und ihr Potenzial zu nutzen. Die Chancen und Risiken der Plattformökonomie untersucht Pandora Lux in ihrer Masterarbeit.

Plattformökonomie_Hand_Ball(Bild: Shutterstock / PopTika)

Ein neuartiges Geschäftsmodell, die Plattform im Internet. Sie ist eine Unternehmensform, die in der gesamten Wirtschaft zu finden ist, wobei große Akteure längst eine bedeutende Marktmacht einnehmen. Viele Unternehmen haben die digitale Plattform bereits in ihr Geschäftsmodell integriert oder ihr altes Geschäftsmodell in eine solche umgewandelt. Die enorme Bedeutung des digitalen Business erforscht Pandora Lux anhand einer empirischen Untersuchung für die Eventpraxis. In ihrer Masterarbeit beleuchtet sie die Chancen und Risiken, die die Plattformökonomie der Veranstaltungsbranche eröffnet.

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Übersicht

Die digitale Plattform, ein Ökosystem

Geschäftsmodell in der Eventbranche

Two-Sided-Market-Geschäftsmodell

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Chancen für ein plattformbasiertes Geschäftsmodell

Risiken für ein plattformbasiertes Geschäftsmodell

Ausblick

Über die Autorin

Bewertung der Professur


Die digitale Plattform, ein Ökosystem

Digitale Marktplätze, besonders im B2C-Bereich, erlangten ein enormes Wachstum und dominieren ökonomische Abläufe. Diese plattformbasierte Entwicklung kennzeichnet die Plattformökonomie. Erwartet wird, dass digitale Plattformen ebenso im B2B-Bereich bedeutender werden. Der Einfluss von Plattformen, der Auswirkungen auf Unternehmen und Führungskräfte hat, nimmt zu und viele Unternehmen mit traditionellem Management stehen vor neuen Aufgaben. Disruptive Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen müssen Unternehmen in der Eventbranche als Chance verstehen und zu der Einsicht führen, dass strategisch Anpassungen in Form neuer Angebote an geänderte Rahmenbedingungen und Kundenanforderungen nötig sind. Plattformgeschäftsmodelle verändern das analoge wettbewerbliche Modell der Marktwirtschaft, denn Betreiber (Gatekeeper) einer Plattform führen Angebot und Nachfrage zusammen, wobei sie die Bedingungen für den Zugang festlegen.

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Geschäftsmodell in der Eventbranche

Um die Plattformökonomie auch in der Eventbranche umzusetzen, können sich Plattformentwickler:innen und -betreibende von anderen Branchen inspirieren lassen, um das Plattformgeschäftsmodell, dessen Ausgangspunkt der B2C-Bereich ist, für den B2B-Bereich in der Eventbranche möglich zu machen. Dabei ist der wesentliche Grundsatz, die Kernessenz der Plattformökonomie: der zugrundeliegende Netzwerkeffekt eines Geschäftsmodells.

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Damit digitale Plattformen erfolgreich sind, muss umgedacht werden – denn das Ökosystem der Eventbranche ist komplex. (Bild: Shutterstock / ZinetroN)

Ein plattformbasiertes Geschäftsmodell in der Eventbranche zu entwickeln und umzusetzen, wäre erfolgversprechend, wenn sich dafür anerkannte Plattformbetreiber fänden, es viele Akteure gäbe, die offen für das neue Geschäftsmodell sind und von Anfang an dabei sein wollen, um so die Chancen der Plattformökonomie zu nutzen und dabei die Risiken zu berücksichtigen. Die empirische Untersuchung von Pandora Lux wurde basierend auf dem Two-Sided-Market-Modell durchgeführt.

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Two-Sided-Market-Geschäftsmodell

Allgemein gilt: Zweiseitige Märkte lassen sich nahezu vollständig auf digitalen Plattformen verwirklichen, sind aber in der Entwicklung und Umsetzung eine große Herausforderung für Manager:innen in der Eventbranche, da auch die Gefahr des Misserfolgs besteht.

Das Two-Sided-Market-Geschäftsmodell kennzeichnet eine online aufgebaute Plattform, die über die erforderliche Infrastruktur (Technologie) verfügt, die zweiseitige (bzw. mehrseitige) Märkte bezeichnet und mindestens zwei voneinander unabhängigen Nutzergruppen ermöglicht zu interagieren, d.h. Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Diese digitale Plattform fungiert als Vermittler. Der Wert der Plattform steigt mit der Nutzerzahl, d.h. je größer eine Nutzergruppe (Anbieter) auf der Plattform ist, desto anziehender wird diese für die andere Nutzergruppe (Nachfragende), und umgekehrt (Netzwerkeffekt). Diese Netzwerkeffekte können Monopoltendenzen fördern. Die Zahl beider Nutzergruppen entscheidet letztlich über den Erfolg oder Misserfolg digitaler Plattformen.

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Plattformgeschäftsmodell (Two-Sided-Market) (Bild: Pandora Lux (eigene Darstellung))

Geschäftsmodelle, die plattformbasiert verschiedene Akteure in ein Wertschöpfungsnetzwerk oder Ökosystem einbeziehen, sind mittlerweile Modelle für Unternehmen. Dabei sollen Unternehmen ihre Stakeholder und deren Wirkungskräfte kennen und aktiv organisieren. Das Ökosystem der Eventbranche zeichnet sich dadurch aus, dass Komplexität und Vernetzung hoch sind, was charakteristisch für diese Branche ist. Es muss also umgedacht werden, damit das Etablieren von digitalen Plattformen gelingt.

Damit das Plattformkonzept am Markt erfolgreich ist, ist die Gewinnung der Akteure (Anbieter) der zentrale Erfolgsfaktor. Das heißt: Es geht um wirtschaftliche Interessen, es gibt mehrseitige Märkte, es werden Geschäftsbeziehungen zwischen den verschiedenen Teilnehmerseiten des digitalen Ökosystems geschaffen, wobei die Transaktionen über eine digitale Plattform ausgeführt werden.

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Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Für die empirische Untersuchung wurden fünf Experteninterviews durchgeführt. Die Expert:innen sind Führungskräfte aus dem Anbieterbereich von fünf verschiedenen deutschen Unternehmen in der Eventbranche (ein Eventausstatter, zwei Full-Service-Anbieter, eine Full-Service-Eventagentur und ein Branchenverband). Nachfolgend werden die Antworten zusammengefasst, die im Hinblick auf die Gestaltung digitaler B2B-Plattformen für die verschiedenen Akteure des Event-Eco-Systems relevant sind. Ihre Aussagen zeigen im Ergebnis sowohl Chancen als auch Risiken für die Entwicklung und Umsetzung eines plattformbasierten Geschäftsmodelles in der Eventbranche auf.

Im Untersuchungsergebnis zeigt die Befragung Übereinstimmung bzw. minimale Kontraste:

  • Alle Expert:innen sind sich einig, dass Angebote von allen Akteuren/Leistungen auf der neuen digitalen B2B-Plattform für die Eventbranche gelistet sein sollten. Denn: wenn alle Akteure/Leistungen dort integriert sind, sei die Plattform attraktiv für Kund:innen und biete Mehrwehrt.
  • Vier Expert:innen stimmen darin überein, dass es schwierig sei, gleiche Präsentationsstandards auf der B2B-Plattform umzusetzen. Denn: wenn die Schwierigkeit der Standardisierbarkeit bleibe, seien komplexere Dienstleistungen nicht vergleichbar darzustellen.
  • Vier Expert:innen sind der Ansicht, dass Betreibende der B2B-Plattform vertrauenswürdig sein sollten. Denn: wenn die oder der Plattformbetreibende vertrauenswürdig ist, dann sei ihr oder sein Verhalten neutral, offen und fair.
  • Vier Expert:innen vertreten den Standpunkt, dass die Gebühr auf der B2B-Plattform eine Provision nach Umsatz sein sollte. Denn: wenn die Kosten Provision nach Umsatz sind, dann seien die Kosten der Plattformnutzung von vornherein klar.
  • Vier Expert:innen vermuten vor allem Potenzial in der Gewinnung neuer Kund:innen auf der digitalen B2B-Plattform. Denn: wenn das Potenzial die Gewinnung neuer Kund:innen ist, dann könnten dort neue Geschäftsfelder gefunden und der Kundenradius erweitert werden.

Hingegen belegt das Untersuchungsergebnis auch Unterschiede bzw. maximale Kontraste:

  • Für drei Expert:innen sollte ein geeigneter Plattformbetreiber der neuen digitalen B2B-Plattform aus der Eventbranche kommen, für eine/n käme er von außerhalb der Branche, wobei eine/r sich der Stimme enthielt.
  • Für drei Expert:innen wäre die Teilnahme an der B2B-Plattform gleich mit Plattformstart vorstellbar. Für eine/n Expert:in sei diese nach Prüfung von Erfahrungswerten und für den anderen durch Gespräche vorstellbar.
  • Drei Expert:innen sehen keine Standardisierbarkeit von Produkten/Dienstleistungen als hinderliche Bedingung zur Plattformteilnahme. Die anderen Expert:innen nannten fehlende Schnittstellen und keine IT-Sicherheit als Hürde zur Plattformteilnahme.

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Chancen für ein plattformbasiertes Geschäftsmodell

Erwartungen der Plattformbetreibenden:

  • Obwohl von ihnen erwartet wird, dass sie nutzbringend sein müssen, ist für die Mehrheit der Anbieter vor allem wichtig, dass sie vertrauenswürdig sind, d.h. ihr Verhalten neutral, offen und fair ist. Denn: eine wichtige Aufgabe von Plattformbetreibenden ist, eine Vertrauensbasis zu schaffen, da die Vertragspartner fremde Personen sind. Ein Betreiber kennt die Interessen/Bedürfnisse der verschiedenen Plattformnutzenden und sollte mit dem eigenen Nutzenversprechen den Erwartungen der Marktteilnehmenden gerecht werden.
  • Der Plattformbetreiber sollte für die Mehrheit der Anbieter aus dem Anbieterbereich (branchenintern) und die IT aus dem externen Bereich sein, somit hätte er Branchenkompetenz im Bereich von Anbietern/Kundschaft und IT-Kompetenz als Vorbedingung.
  • Die Kosten der Plattformnutzung an den Betreiber können für die Mehrheit der Anbieter Provision nach Umsatz sein.

Erwartungen der Anbieter:

  • Einig waren sich die Anbieter, dass alle Akteure/Leistungen auf der digitalen B2B-Plattform gelistet sein müssten, damit die Plattform attraktiv für Kund:innen werde und Mehrwert biete. Denn: Plattformen besäßen Wirkkraft, d.h. sie lösten Netzwerkeffekte aus und seien zugleich abhängig von diesen.
  • Die Gewinnung von Teilnehmenden sei eng mit dem Plattformgeschäftsmodell verknüpft und für die Mehrheit der Anbieter gleich mit Start der Plattform vorstellbar. Die Teilnahme könne auch durch Gespräche gelingen, wobei Branchenverbände von Bedeutung sein könnten, auch da es mehr als 150 Verbände in der Eventbranche gibt.
  • Als Potenzial der digitalen B2B-Plattform sieht die Mehrheit der Anbieter vor allem die Gewinnung neuer Kund:innen.

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Risiken für ein plattformbasiertes Geschäftsmodell

B2B-Plattform: Obwohl gleiche Präsentationsstandards von Angeboten von allen als positiv angesehen werden und den Wettbewerbsvergleich ermöglichten, bleibt für die Mehrheit der Anbieter die Standardisierbarkeit schwierig, d.h. komplexere Produkte/Dienstleistungen vergleichbar darzustellen, da dies (noch) nicht vorstellbar sei. Da es für Anbieter von Dienstleistungen im Eventbereich schwerer werde, ihr Leistungsangebot plausibel darzustellen, könne keine Standardisierbarkeit eine große Hürde darstellen, an der digitalen B2B-Plattform teilzunehmen.

Plattformökonomie_Chancen Risiken
Plattformbasiertes Geschäftsmodell in der Eventbranche (Bild: Pandora Lux (eigene Darstellung))

Insgesamt wird die Plattformökonomie in der Eventbranche eine spannende Entwicklung erfahren, da aktuell noch der persönliche Kontakt in der Angebotsabwicklung überwiegt (besonders bei hohen Geldsummen), der kreative Teil bei Events entscheidend ist und sich Events üblicherweise in Details unterscheiden.

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Ausblick

Im Hinblick auf die Entwicklung von plattformbasierten Geschäftsmodellen, wie Two-Sided-Market für B2B, bietet die Plattformökonomie große Chancen für alle Akteure in der Eventbranche. Eine zentrale Herausforderung für Plattformen ist das Verhältnis zwischen Plattformbetreibern und Anbietern. Für Anbieter wird die Teilnahme an digitalen Ökosystemen bedeutsamer, um dort neue Kund:innen zu finden, die auf anderen Wegen sonst nicht zu erreichen sind. Und dass künftig neuere Plattformen Innovationen bei der Leistungserbringung aufnehmen können, ist denkbar. Plattformbetreiber werden zur Etablierung ihres Plattformgeschäftsmodelles über verschiedene Einstiegsoptionen nachdenken, z.B. einen Partner finden oder versuchen, mit einer eigenen digitalen Plattform am Markt erfolgreich zu sein, wozu eine Vielzahl an Interaktionspartner:innen und ausreichend Kapital benötigt werden. Denn: es erfordert nachweislich Durchhaltevermögen, bis sich ein Plattformgeschäftsmodell wirtschaftlich rentiert und es kommt auf die Schnelligkeit an. Oft streben zahlreiche Unternehmen zeitgleich konkurrenzfähige digitale Ökosysteme an und stehen dabei in einem lokalen und weltweiten Wettbewerb. Gerade Business-Events bewirken hohe Wertschöpfungseffekte in angrenzenden Bereichen mit etablierten Plattformen, wodurch sich künftig Angebotsverknüpfungen mit B2B-Plattformen in der Eventbranche entwickeln können. Denn: digitale Geschäftsmodelle erlauben erst so manchen Kundennutzen und können sich schnell dem veränderten Konsumenten- und Nutzerverhalten anpassen. Allgemein gilt: Unternehmen, die die Chancen der Plattformökonomie ergreifen, sich den Möglichkeiten der digitalen Weiterentwicklung anpassen, werden dabei erfolgreich sein können.

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Über die Autorin

Pandora Lux schloss an ihr duales Bachelorstudium im Bereich Veranstaltungsmanagement das berufsbegleitende Masterstudium mit Schwerpunkt Eventmarketing, Messen und Live-Kommunikation am Weiterbildungsinstitut der Technischen Universität Chemnitz (TUCed) an und erwarb dort im Herbst 2022 den Master of Business Administration.

Pandora Lux_Portrait
Pandora Lux (Bild: privat)

Sie arbeitete als Projektmanagerin für Premium-Business-Konferenzen an einem Institut in Hannover. Mittlerweile ist sie für ein Energieversorgungsunternehmen in der Vertriebssteuerung für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt tätig.

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Bewertung der Professur

Die Digitalisierung wirft in der Eventbranche neuartige Fragestellungen auf und ermöglicht innovative Lösungen. Frau Pandora Lux greift in ihrer Masterarbeit ein solches aktuelles, zukunftsweisendes Thema auf. Sie geht der Frage nach, wie digitale B2B-Plattformen, die die verschiedenen Akteure des Event-Eco-Systems einbeziehen, gestaltet werden können, welche Erwartungen es seitens der Akteure gibt und wie neue Geschäftsmodelle aussehen können. Frau Lux legt eine ambitionierte Arbeit vor, die sich durch wissenschaftliche Gründlichkeit, eine sehr umfassende tiefgehende Literaturrecherche und eine interessante qualitative Primärerhebung auszeichnet. Die Ergebnisse der Arbeit sind sowohl für die weitere Forschung Denkanstoß als auch eine Fundgrube an Ideen für die Eventpraxis.

Univ.-Prof. Dr. Cornelia Zanger, Studiengangsleiterin MBA Eventmarketing/Live Communication, TU Chemnitz

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Hinweis der Redaktion: Der Artikel basiert auf Literatur und Quellen, die in der vollständigen Bachelorarbeit einzusehen sind und deren explizite Nennung für die Veröffentlichung im Magazin vernachlässigt wurde.

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