Kolumne

Die Event-Zora: Leidenschaft, die auch Leiden schafft

Nein sagen lernen unter Ja-Sagern, quälende Qualität und ein Aufmerksamkeitsdefizit – die Event-Zora kommentiert das Weltwirtschafsforum, ADC Festival und BrandEx Festival.

Die Event Zora

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Eigentlich ist inzwischen alles gesagt: In Davos beim Weltwirtschaftsforum, das sich zum 1a-Eventzirkus entwickelt, Greta feiert, die Welt großmütig vom CO2 befreien will, das die CEOs und Minister selbst weiter in die Welt pusten lassen – und wahrscheinlich als Veranstaltung selbst so nachhaltig ist wie 100 Containerschiffe. Oder beim Art Directors Club für Deutschland e.V., die jetzt zum Nein-Sager werden. „The Power of No – For a new Diversity of Thinking“ ist das Motto des diesjährigen Festivals. Dieses fordert klare Haltungen: Ein „Nein“ zum Status quo; ein „Ja“ zu diversem Denken: zu neuen Technologien, zu neuem Business, zu Menschen und Kulturen, so die Verlautbarung. Da bin ich mal gespannt, wie man Haltung zeigt, wenn man tief im Anus des Kunden steckt. Das ist krass, was ich an Ja-Sagerei so auf Kundenseite erlebe, aber das ist ein anderes Thema.

BrandEx: mehr QUALität als Qualität

Wollt ihr noch meine Extraportion Senf zum diesjährigen internationalen Festival of Brand Experience? Dann weiterlesen. Falls das hier überhaupt jemand liest. Hallo, ist da irgendjemand? Egal, ich mach‘ dann mal weiter. Ich war in Dortmund und ihr konntet mich dort sehen, zusammen mit meinen zwei Eventkollegen aus der Kommunikationsabteilung. Bald steht bei uns ein dicker runder Anniversary an, und da durften wir dann zu dritt Spesen verursachen.

Nach „größer, schneller, weiter“ kommt was – „kleiner, lahmer, kürzer“? Das wäre ungerecht. Die quantitative Eindampfung der Bühnen und des Programms war gut. Den ganzen Content konnte sich ja eh kein Mensch reinfahren. Aber man muss halt immer noch mit dem Festivalcharakter zurechtkommen. Ich hätte mich gerne geklont. Und so ging es mir wie vielen anderen, man blieb dann auf dem Weg von der Fresh- zur Bedroom Stage beim Smalltalk einfach hängen: das Klassentreffen halt. Ob diese Live-Version von StayFriends auf Dauer trägt, muss man angesichts der Kosten sehen.

Das Festival stand unter dem „Leid“-Motiv: „Leidenschaft“. Das olle Sprichwort von der Passion, die Leiden schafft, trifft es. Denn auch 2020 schwankten die Beiträge noch zu sehr zwischen QUALität und Qualität. Vielleicht sollten die Damen und Herren vom Kuratorium weiter daran arbeiten.

Roland Lambrettes Eingangsimpuls zu mehr Verantwortung und weniger Fake war eindrücklich. Aber trotz des Applauses blieb der Appell bis zum Ende der Award Show einsam im Raum stehen. Denn dann war ziemlich viel Business as usual zu hören, natürlich inklusive „AI“, „Disruption“ und „Transformation“. Da machten alle mit. Leider auch die Kundinnen und Kunden auf den diversen Bühnen, als auch die Besucher im Smalltalk. PS: Wer Lambrette nicht kennt, hat unsere Branche verpennt. Also einfach mal den Godfather der Kommunikation im Raum googeln.

>> Lesen Sie hier das Interview mit Roland Lambrette „Gestaltung ist nichts für Ja-Sager”

Ich fand den darauffolgenden Content in der Summe dann doch zu lahm, wenn auch nicht mehr als beim letzten Mal. Schön, dass mehr Kundinnen und Kunden auf den Bühnen waren. Aber das war alles wenig leidenschaftlich und so sprang bei mir kaum ein Funke der Inspiration, der Begeisterung oder der Poesie über. Den Content-Reigen beendete dann Cesy Leonard vom Zentrum für Politische Schönheit, das äußerst leidenschaftlich kontroverse Projekte in die Welt haut. Aber Haltung und deren Inszenierung interessierte deutlich weniger Menschen, darüber täuschte dann auch die Standing Ovation nicht weg. Vielleicht solltet ihr auch hier mal googeln?

BrandEx Awards – wo bleibt der Respekt?

Muss ich jetzt noch was zur Award Show sagen? Die war kürzer, sogar sehr kurz und das schien vielen zu gefallen. Ich fand die Show eher unwürdig. Von den Arbeiten, die ja gefeiert werden sollten, bekam man nur bei Gold etwas mit. Der Moderator half mit seinen Fragen auch nicht gerade bei der Aufklärung, warum jetzt für ein Projekt ein bestimmtes Edelmetall verliehen worden war. Anstatt die kostbare Zeit mit seinen überwiegend männlichen Brudis auf und vor der Bühne mit Insider-Sprüchen zu verplempern, hätte man auch kurze Videos von Bronze und Silber zeigen könne. Ja, dann hätte das alles länger gedauert. Aber so viel Respekt und Aufmerksamkeit sollte doch wohl drin sein.

>> Lesen Sie hier das EVENT PARTNER Fazit zum BrandEx 2020.

Mit Kraft ins Jahr 2020

Mir reicht es jetzt, es ist eh alles gesagt. Dann schauen wir doch mal in die Zukunft, was 2020 bis 2021 so kommt: Beim ADC-Festival bin ich auf die Kraft des Nein-Sagens mit „The Power of No“ und die Umsetzung in der Kommunikation der Kunden gespannt. Beim BrandEx auf die „Kraft“ – ist das eigentlich Zufall?

Ob Roland Lambrettes Dortmunder Prophezeiung wahr wird, dass wir bei der nächsten Preisverleihung Projekte sehen, die ehrlich sind, Verantwortung und Haltung zeigen? Mal schauen, was von meiner Power so übrigbleibt, wenn das Briefing für unser Jubiläum vom Steering Committee freigegeben ist. Aber das seht ihr frühestens beim BrandEx 2023.

 

Tschüssi

Eure Event-Zora

 

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