Wie mit allen Sinnen wirkungsvollere Events entstehen

Multisensualität als Wirkungsverstärker

Durch die abgestimmte Ansprache aller Sinnesempfindungen sollen bei Events Erlebnisse geschaffen werden, die in Erinnerung bleiben. Doch was muss hierbei in Bezug auf die einzelnen Sinnesreize beachtet werden?

Paintography Frau bunt(Bild: Shutterstock / Viktorija Reuta)

Eventgestaltende wollen bleibende, ästhetische Erlebnisse schaffen. Aber welche Erlebnisse bleiben bei Events im Kopf, Herz und Bauch? In jedem Fall sind es Emotionen, die geweckt werden müssen. Um das zu erreichen, gibt es einen Inszenierungs-Tipp der Königsdisziplin: die Berücksichtigung der Multisensualität, die aufeinander abgestimmte Ansprache aller Sinnesempfindungen des Publikums.

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„Haptische, olfaktorische, auditive und visuelle Reize werden zu weiten Teilen unterhalb der Bewusstseinsschwelle verarbeitet sowie bewertet und gelangen nur bei einer ausreichenden Relevanz in das bewusste Wahrnehmungsspektrum. Gerade im Kontext der Live-Kommunikation ist daher zu beachten, dass diese Reizwahrnehmung kontinuierlich und unabhängig einer tatsächlich beabsichtigten Kommunikation stattfindet“, erklärt dazu Steffen Ronft im Fachbuch Eventpsychologie. So hätten Besucher:innen beispielsweise in einer Veranstaltungslocation unweigerlich eine unterbewusste oder bewusste Geruchswahrnehmung, die wiederum – positiv wie negativ – mit dem Event assoziiert werde, auch wenn der Veranstalter dies nicht in der Planung berücksichtigt hätte, so Ronft weiter.

Auch Eventregisseur, Autor und Podcast-Host Chris Cuhls hat sich in der fünften Staffel seines Podcasts „What´s Next – Events im Wandel“ des Themas angenommen. Er will Impulse zur ästhetischen Eventgestaltung und dem meist ungenutzten Potenzial unserer Sinneswahrnehmungen liefern und hat die Highlights zusammengefasst.


Multisensorik zur Ansprache von Kopf, Herz & Bauch

Whats next Events im Wandel Chris Cuhls Podcast(Bild: Chris Cuhls)

Wie die Erkenntnisse in einzelnen Disziplinen umgesetzt werden, lässt sich in den Podcast-Folgen 50 bis 55 anhören. Dort teilen Regisseur:innen aus Theater, Musical, Show, TV und Oper ihre Prinzipien der ästhetischen Gestaltung mit, die Emotionen wecken und Erlebnisse kreieren, die in Erinnerung bleiben.


Sehen: Wer die Störfaktoren kennt, kann die Aufmerksamkeit lenken

Das Auge kann immer nur einen Ort wahrnehmen. Halten wir den Daumen eine Armlänge weit weg, sehen wir nur den Bereich, der scharf wahrgenommen wird. Um aus dem Gesehenen ein Gesamtbild zu erschaffen, ist das Auge permanent in Bewegung. Sollen Menschen neue Eindrücke erfassen oder Inhalten folgen, braucht es genügend Zeit, die äußeren Reize visuell zu registrieren und im Gehirn mit Erfahrungen und Emotionen zu verknüpfen. Bei der Gestaltung von Vorträgen ist bedeutsam, wo und wie die Zuschauenden wichtige Informationen am besten sehen. Denn Inhalte müssen aus allen Perspektiven wahrnehmbar bleiben und dürfen nicht aufgrund zu vieler Inhalte, blinkender Animationen oder ablenkender Bühnenbilder untergehen. Wer berücksichtigt und lenkt, wann sich das Auge wohin orientieren soll, hat die Aufmerksamkeit der Gäste sicher.

Hören: Guter Sound triggert Emotionen für unvergessliche Erlebnisse

Unser Ohr ist wie eine lebenserhaltende Alarmanlage und nimmt Töne und Geräusche unmittelbar auf. Das sorgt für Orientierung, noch bevor wir hinschauen. Da das Hören unsere Wahrnehmung entscheidend prägt, gilt es, bei Events für guten Sound zu sorgen. Dieser triggert unsere Emotionen und verbindet Gefühle mit Erlebnissen. Jeder, der bei einem Coldplay-Konzert war, weiß, wie es sich anfühlt, im Kollektiv „Fix you“ zu singen. Wichtig ist, in den richtigen Momenten für Ruhe zu sorgen und zum passenden Zeitpunkt mitreißende Klangerlebnisse zu bieten.

Fühlen: An schönen Orten können wir loslassen

Wenn Menschen fühlen, stellen sie einen emotionalen Bezug her zwischen sich und den Sinneswahrnehmungen um sie herum. Details, wie die Beschaffenheit des Bodens oder die Helligkeit des Raumes, bilden einen Zusammenhang zwischen Individuen und der Gesamtcharakteristik einer Situation. Wir nehmen Räume individuell wahr und fühlen uns in ihnen je nach Stofflichkeit immer anders wohl. „Form follows Function“ ist dabei nicht immer der beste Ansatz. Denn je nachdem, wie ein Ort geschaffen ist, löst er im Menschen unterschiedliche Emotionen aus: Freude, Unbehagen oder Ergriffenheit finden im Detail ihren Anstoß und in der Summe der Eindrücke ihre Wirkung. In schönen, durchdachten Räumen kommen wir zu uns und können uns ausleben. So werden neben der Erfüllung logistischer Anforderungen unsere Veranstaltungsorte zu schönen Wohlfühloasen.

Riechen: Erlebnisorientierte Duftwelten prägen Erlebnisse und wecken Erinnerungen

Menschen können bis zu 10.000 unterschiedliche Düfte wahrnehmen. Emotionen und Gerüche sind fest im Gehirn verankert. Nicht nur metaphorisch, sondern rein physisch sprechen Düfte auf direktem Wege die Rezeptoren im limbischen System an, dem Bereich im Gehirn, der für Emotionen zuständig ist. Die Messung von Hirnströmen zeigt, dass bei einem individuell unterschiedlichen Empfinden bestimmte Düfte ähnliche Reaktionen auslösen können. Kommen Teilnehmende eines Events z.B. gestresst und müde an, brauchen sie energetisierende Düfte. In der Pause sollten Duftnoten gewählt werden, die für Entspannung sorgen. Für inhaltliche Sessions, die Konzentration erfordern, kann die Aufmerksamkeit ebenfalls durch entsprechende Düfte erhöht werden. Düfte ebnen den Weg für das Erlebte und bleiben in Erinnerung: Wie sich ein Event anfühlen soll, kann mit gezielt gesetzten Duftnoten angeregt werden.

Schmecken: Mehr als nur Nahrungsaufnahme

Wie der Geschmack ist auch der Geruchssinn eng mit Gefühlen verbunden. Beide Sinne sind an das unwillkürliche Nervensystem gekoppelt. Als appetitlich empfundene Aromen regen die Bildung von Speichel und Magensäften an. Es läuft einem sprichwörtlich das Wasser im Mund zusammen. Zunächst gleicht unser Gehirn „mögen oder nicht mögen“ ab und setzt die Reize in intuitive Kontexte um. Mit etwas Zeit und Übung lassen sich komplexe Geschmackswelten gestalten oder Teilnehmende eines Events mit verschiedenen Aspekten im Verlauf des Essens auf Entdeckungsreise schicken. Grundsätzlich müssen auf den Event-Verlauf abgestimmte Geschmackserlebnisse geschaffen werden.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Das ist ja alles ganz richtig beschrieben…. aber auch längst bekannt! Erlebnisse (und dazu gehören sowohl Events als auch ein Konzert) werden mit allen Sinnen wahrgenommen, so ist der Mensch nun mal gestrickt 🙂 Jede Produktpräsentation wird nach diesen Regeln konzipiert.

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    1. Stimmt, Gabriele Skarda – die Kunst liegt nur in der stimmigen Anwendung des Wissens. Wie immer, das unterscheidet zwischen dem Miss-Erfolg. Aber ob “Jede Produktpräsentation nach diesen Regeln konzipiert” wird? Hm… Ich glaube da gibt es immer noch Luft nach oben. Ändern wir das! 🙂

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  2. Erleben kann man genau das beim Besuch von Eatrenalin im Europa-Park. [Hinweis der Redaktion: URL entfernt]

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