Der Traum vom Markenraum

Markenwelt und Showroom erfolgreich gestalten

Marken schaffen sich Räume, wollen authentisch erlebbar und anfassbar werden. Der Trend zu Unternehmensmuseen, Markenwelten und Showrooms ist ungebrochen. Woran liegt’s? Und was sind die wesentlichen Herausforderungen? Tipps von Expertin Barbara Hölschen zu Unternehmensmuseen, Markenwelten und ihren spezifischen Herausforderungen.

Miele Museum in Gütersloh
Miele Museum in Gütersloh (Bild: Miele )

Man hat den Eindruck, dass die Zahl der Erlebnisräume für Marken im Allgemeinen und der Unternehmensmuseen im Besonderen in den letzten Jahren in Deutschland deutlich zugenommen hat. Stimmt das?

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Das stimmt sicher im Hinblick auf die öffentliche Wahrnehmung. Doch viele Unternehmen hatten schon vor dem Gang in die Öffentlichkeit interne Sammlungen und zeigten bei Ausstellungen oder Jubiläen etwa ihre ersten Produkte. Mit der Welle der Automobilmuseen – begonnen mit der Expo Hannover im Jahr 2000 und der gleichzeitigen Eröffnung der Autostadt in Wolfsburg – begann in Deutschland ein regelrechter Boom, Produkte und Geschichte den Kunden und Konsumenten direkt am Ort des Geschehens zu zeigen.

Genaue Zahlen gibt es nicht, aber alleine in Deutschland mag es inzwischen über 250 solcher Einrichtungen geben – Markenwelten und Ausstellungen, BrandLands und Museen, Erlebniswelten und kleinere Präsentationen. Jede Einrichtung ist anders, hat ihre eigene Gründungsgeschichte, ihren eigenen Ton und ihre eigenen Ziele. Die Szene ist geprägt von einer spannenden Bandbreite und Vielfalt. Eine kleine Auswahl findet sich z. B. unter www.unternehmensmuseen.de.

 

Was treibt Unternehmen an, die sich ein Museum oder etwas Ähnliches schaffen?

Das ist sehr unterschiedlich. Nehmen wir beispielsweise Koziol aus Michelstadt im Odenwald. Hier sammelte der Firmengründer Bernhard Koziol von Anfang an seine Kunststoffprodukte. Das war aufgrund der kleinen Produktgrößen sicherlich einfacher und weniger raumgreifend als etwa für Unternehmen wie Dornier in Friedrichshafen oder Hymer in Bad Waldsee. Aufgrund der großartigen Sammlung entschloss sich 2009 der Sohn des Firmengründers, Stephan Koziol, diese Sammlung in einer Erlebniswelt Besuchern zugänglich zu machen und schuf die „Glücksfabrik“. Aber auch hier steckt natürlich eine Strategie dahinter: Besucher verweilen länger, können Koziol-Museum, die Schauproduktion und die Kantine besuchen und dann glückserfüllt im Design-Outlet einkaufen.

 

Frau malt mit Koziol Produkten
Licht ist Farbe und Farbe einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren der koziol Produkte. (Bild: Markus Palzer)

 

Gibt es signifikante Unterschiede zwischen Konzernen und Familienunternehmen?

In Konzernen ist durch permanente Wechsel in Vorstand und Aufsichtsräten oft keine Kontinuität gegeben, aber solche Einrichtungen brauchen neben Zeit, Geld und Personal vor allem Kontinuität. Da kann es schon mal passieren, dass mit einem Wechsel in der Unternehmensleitung auch die Wertschätzung für eine Markenwelt nachlässt oder gar Archive oder Museen geschlossen werden.

Familienbetriebe und ihre Verantwortlichen sind meist stärker mit den Werten und der Geschichte ihres Unternehmens verbunden, dadurch sind solche Einrichtungen eher „gesetzt“ und werden nicht in Frage gestellt. Sie müssen sich allerdings immer weiterentwickeln und dürfen nicht im Glanz alter Zeiten stehenbleiben. Sehgewohnheiten, Technologien und Vermittlungsstrategien sind einem beständigen Wandel unterworfen, mit dem man sich entwickeln muss – sonst fällt man aus der Zeit und die nächste Generation verliert das Interesse.

 

Mercedes-Benz Museum in Stuttgart
Mercedes-Benz Museum in Stuttgart (Bild: Daimler AG)

 

Welche Ziele verbinden Unternehmen mit der Schaffung so einer Einrichtung?

Und welche Ziele sind realistisch zu erreichen? Die Ziele sind meist identisch: Man will Besucher an den Geburtstort der Marke locken, um sie mit den Werten des Unternehmens, seiner Produkte und seinen Menschen zusammenzubringen. Gleichzeitig sollen Orte der Identifikation für die Mitarbeiter und für potenzielle neue Mitarbeiter geschaffen werden.

Ob dadurch Umsätze gesteigert werden, das Image eines Unternehmens sich nachhaltig verbessert oder markenstrategisch Verbesserungen erreicht werden, lässt sich nicht generell sagen. Befragungen von Besuchern zeigen aber, dass sie nach dem Besuch einer solchen Markenwelt das Unternehmen in einem besseren Licht sehen, die Glaubwürdigkeit steigt. Und die positiven Erinnerungen an den Besuch tragen zu einer bewussten nächsten Kaufentscheidung bei. Realistisch gesehen, sind solche Einrichtungen aber keine Selbstläufer und finanzieren sich in den allerwenigsten Fällen selbst. Sie können ein wichtiger Baustein der strategischen Kommunikation sein, nicht mehr und nicht weniger.

 

Wo liegen Ihrer Erfahrung nach die größten Herausforderungen bei der Gründung und im Betrieb eines Unternehmensmuseums oder einer ähnlichen Einrichtung?

Die größte Herausforderung ist die Integration solch einer Institution in die übergreifenden Kommunikations- und Marketingmaßnahmen. Eine Erlebniswelt oder ein Museum lässt sich niemals solitär betrachten. Nur durch die Integration in ein kommunikatives Gesamtkonzept kann die Anziehung von Besuchern auch über die Region hinaus erreicht werden. Da die meisten Markenwelten und Museen nicht in direktem Umfeld einer Großstadt liegen, sondern in der Peripherie oder in entlegenen Landschaften, braucht es mitunter große Anstrengungen, um Besucher an den Standort zu bringen.

 

“Man sollte keinesfalls glauben: Jetzt ist das Ding eröffnet, jetzt ist alles gemacht.”

Barbara Hölschen

 

Eine weitere Herausforderung liegt dann in der Erhaltung und kontinuierlichen Weiterentwicklung der Einrichtung. Wie in öffentlichen Museen auch ist zwar die Anstrengung bis zur Eröffnung groß, die eigentliche Herausforderung beginnt aber erst danach: Die ersten Jahre profitiert die Einrichtung von ihrem Neuwert, aber wenn nach spätestens fünf Jahren nichts Neues passiert, wird es sehr schwer, neue Besucher anzulocken. Hier könnten die Betreiber noch viel experimentierfreudiger werden und z. B. auch das Potenzial von Bildungseinrichtungen wie Schulen nutzen und sich für erlebnispädagogische Angebote öffnen. Die Einrichtungen müssen sich im Kleinen immer wieder neu erfinden, im Großen ist das meist nicht möglich. Man sollte keinesfalls glauben: Jetzt ist das Ding eröffnet, jetzt ist alles gemacht.

 

Blick auf den Glasofen bei Glasi in Hergiswil, Schweiz
Blick auf den Glasofen bei Glasi in Hergiswil, Schweiz. (Bild: Steiner Starnen Schweiz )

 

Interessante Beispiele für diese beständige Weiterentwicklung eines Formats und seiner Strategien sind zum Beispiel die Aktivitäten von Faber-Castell in Stein bei Nürnberg oder das Miele Museum in Gütersloh. Oder nehmen Sie adidas: Da können Sie das Archiv inzwischen aus der ganzen Welt online erkunden – und Ihre ganz persönliche Ausstellung kuratieren (www.adidas-archive.org).

 

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview. Das hat Lust gemacht auf die eine oder andere Exkursion. Welche Unternehmensmuseen sollten wir uns auf jeden Fall ansehen?

Es gibt viele lohnenswerte Ziele national und international: Das Vitra-Design Museum in Lörrach wegen seiner Architektur, das Mercedes-Benz Museum aufgrund seiner guten Dramaturgie, der Levis Strauss Visitor Center in San Francisco, weil man da viel über erfolgreiche Besucherkommunikation lernen kann. Oder Sie besuchen zwei eher unbekannte Einrichtungen: In der Glasi in Hergiswil in der Schweiz verbinden sich das Produkt und die Geschichte des Ortes auf faszinierende Weise. Und das Lackmuseum der BASF Coating in Münster präsentiert eine wirklich außergewöhnliche Sammlung an asiatischer Lackkunst, die eigentlich überhaupt nichts mit der BASF und Lacken zu tun hat – und eben doch sehr viel. Sie sehen: Es reicht problemlos für eine kleine Weltreise…


Barbara Hölschen

Barbara Hölschen, Kulturwissenschaftlerin, Museumskommunikatorin und Trainerin, ist Expertin für Unternehmensmuseen und Markenwelten. Nach über 15 Jahren an der Schnittstelle von Wirtschaft und Kultur – u. a. bei Pfizer Inc. und der adidas AG – gründete sie 2015 ihr Beratungsunternehmen „Startphase“. Startphase begleitet die Gründung von Unternehmensmuseen, Erlebniswelten und anderen Einrichtungen: Barbara Hölschen unterstützt die Entwicklung einer übergreifenden Vision, berät im Hinblick auf die Strategie und die Inhalte und begleitet Projekte bis zur Ausschreibung. Strategische Projektplanung – besonders am Anfang – spart Zeit, Geld und Energie und steigert die Motivation und Identifikation der Beteiligten für das Projekt. So kann ein Projekt von Beginn an erfolgreich sein. www.startphase.org

Barbara Hoelschen
Barbara Hölschen: Kulturwissenschaftlerin, Museumkommunikatorin und Trainerin (Bild: Heike Rost)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Vielen Dank für den sehr interessanten Artikel zu einem wenig beleuchteten Thema. Den bei einer Unternehmensausstellung zu beachtenden Punkten stimme ich voll zu. Insbesondere die laufende Aktualisierung der Inhalte und Exponate in der Ausstellung bzw. dem Museum ist nicht zu unterschätzen und erfordert nicht selten eigene Kuratoren.

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