Was bleibt von einem Messestand, wenn die Messe vorbei ist? Eine Frage, die unter Gesichtspunkten von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit immer wichtiger wird. Auf dem OMR Festival 2025 entwarfen die BECC Agency und Trash Galore ein Konzept für den Stand von Vodafone, um Materialien nach dem Event in die Weiterverwendung zu geben.
Beim Vodafone-Messestand auf der OMR 2025 wurde gemeinsam mit Trash Galore Kreislaufwirtschaft mitgedacht. (Bild: BECC Agency)
Messestände gelten häufig als Wegwerfprodukte: Nach wenigen Tagen Einsatz landen große Mengen Material in der Entsorgung. Vodafone entschied sich auf der OMR 2025 für einen anderen Ansatz. Gemeinsam mit der BECC Agency und Trash Galore entstand ein Messestand, der nach Prinzipien der Circular Economy geplant, umgesetzt und rückgebaut wurde.
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Nachhaltigkeit als Planungsgrundlage
Vodafone war 2025 Hauptsponsor der OMR in Hamburg. Vor die Red Stage setzte das Telekommunikationsunternehmen einen großen Messestand mit zwei Stockwerken, Entertainment-Bühne und Präsentationsflächen für B2C- und B2B-Produkte. Für die Umsetzung beauftragte das Unternehmen BECC, die schon 2024 als Leadagentur verantwortlich zeichnete und beim Eventex Award 25 Gold für das Standdesign holte. Von Beginn an war klar: Der Markenauftritt sollte nicht nur gestalterisch überzeugen, sondern auch eine nachhaltige Handschrift tragen. Trash Galore war dabei schon seit 2022 auf dem Schirm von BECC. Der radikal-kreative Umgang mit Materialwiederverwertung hinterließ Eindruck. Für den OMR-Auftritt 2025 konnte BECC Vodafone von der Zusammenarbeit überzeugen. „Der wiederverwertbare Materialeinsatz und die -vermittlung bringen zunächst etwas höhere Kosten mit sich, aber der langfristige Mehrwert ist umso größer: vor allem für Klima und Umwelt, den sozialen Aspekt und damit auch für das Image der Marke,“ so Katharina Kraus, Geschäftsführerin und Inhaberin von BECC.
Auf der einen Seite des Stands wurden Showcases von technischen Anwendungen für Konsument:innen ausgestellt. (Bild: BECC Agency)
„Nachhaltigkeit im Messestand-Design bedeutet für uns nicht nur ökologisches Handeln, sondern auch Markenverantwortung. Marken, die heute relevant sein wollen, müssen Haltung zeigen – auch im Raum“, erläutert Kraus weiter. Sie beschreibt Nachhaltigkeit zugleich als Innovationstreiber: „Sie fordert uns heraus, kreativer zu Beim Vodafone-Messestand auf der OMR 2025 wurde gemeinsam mit Trash Galore Kreislaufwirtschaft mitgedacht. denken, effizienter zu planen und Ressourcen intelligenter zu nutzen.“
Die Partner: BECC und Trash Galore
BECC entwickelte das Konzept und verantwortete die Koordination der beteiligten Gewerke. Creative Director Christian Lenz entwarf einen Stand, der modulare Strukturen nutzte und so konzipiert war, dass Stahlträger des Messebauers B+S Exhibitions direkt integriert werden konnten. „Wir wollten vermeiden, dass aufwendig produzierte Träger nach einmaligem Einsatz ungenutzt bleiben. Das Design musste sich also an bestehende Ressourcen anpassen“, so Lenz.
Trash Galore übernahm die Materialvermittlung nach dem Abbau. Das Unternehmen betreibt ein Netzwerk mit über 900 Initiativen in Deutschland und vermittelt Reststoffe von Veranstaltungen an gemeinnützige oder kreative Projekte. „Wir kommen selbst aus dem Messebau und der Veranstaltungsplanung. Irgendwann konnten wir nicht mehr zusehen, wie tonnenweise Material nach wenigen Tagen entsorgt wird. Heute ermöglichen wir, dass Materialien in neuen Projekten weiterleben und damit einen messbaren Mehrwert für Umwelt und Gesellschaft erzeugen“, erklärt Lukas Binner, Co-Founder von Trash Galore.
Der Stand im Detail
Der Vodafone-Auftritt umfasste gut 1.000 Quadratmeter Fläche im Erdgeschoss und 350 Quadratmeter im Obergeschoss. Rund 20 Gewerke waren beteiligt, insgesamt arbeiteten etwa 150 Personen am Projekt. Der Aufbau dauerte sechs Tage, der Abbau drei Tage – durch eine Sondergenehmigung konnte ein zusätzlicher Abbautag genutzt werden.
Dabei wurde sich an mehreren Prinzipien orientiert. So wurden zum Beispiel nach dem Ansatz „Mieten statt kaufen“ Pflanzen und rund 90 Prozent des Mobiliars angemietet. Neu angefertigte Elemente wie Wandmodule oder Tribünenteile wurden so produziert, dass sie eingelagert und erneut eingesetzt werden können. Und auch auf Materialtrennung wurde streng geachtet. B+S Exhibitions, seit Jahrzehnten auf dieses Verfahren spezialisiert, bereitete alle Bauteile für die Abholung vor. Ein wichtiger Faktor, damit die Materialien später sauber zur Weiterverwendung gegeben werden können. Beim Rückbau musste schließlich darauf geachtet werden, das Material nicht zu sehr zu beschädigen. So werden beispielsweise diagonale oder dreieckige Zuschnitte bei Boden- und Verlegeware, verbogene Aluschienen oder Bannermaterial mit Löchern aussortiert. Auch darf von dem Material keine Gefahr ausgehen.
Auf einer Bühne hostete Vodafone ein eigenes Programm. (Bild: BECC Agency)
„Die größte Herausforderung lag in der engen Zeitschiene beim Abbau“, erinnert sich Stephanie Schaubeck, Senior Projektmanagerin bei BECC. „Zeit ist Geld – in diesem Fall bis zu 30.000 Euro pro Tag. Die reibungslose Abstimmung zwischen Messebauer und Trash Galore war entscheidend, um Abholung und Weitergabe der Materialien fristgerecht sicherzustellen.“
„Nachhaltigkeit im Messestand-Design bedeutet für uns nicht nur ökologisches Handeln, sondern auch Markenverantwortung.“ – Katharina Kraus, Geschäftsführerin und Inhaberin der BECC Agency
Lukas Binner unterstreicht, wie wichtig eine präzise Vorbereitung für den Erfolg ist. Die Grundlage sei eine saubere Materialliste, die vom Messebauer erstellt und durch Planzeichnungen und Visualisierungen ergänzt wird. Die enge Abstimmung mit den Firmen, die Aufund Abbau verantworten, dient dazu, die eigene Planung zu überprüfen und flexibel anpassen zu können. Besonders wichtig sei ein klar kommunizierter Rückbauablauf, damit die LKW-Kapazitäten optimal koordiniert werden können. Doch auch eine gewisse Voraussicht in der Ladesystematik in den LKW von Trash Galore ist wichtig. Abnehmer mit einem breiten Materialbedarf würden bewusst ans Ende der Beladungskette gestellt, sodass sie als Puffer fungieren. Diese Abnehmer seien teilweise weiter entfernt, ermöglichten aber eine verlässliche Mitnahme der übrig gebliebenen Ressourcen, die nicht von den anderen Partnern von Trash Galore abgenommen wurden.
Wohin die Materialien gingen
Nach Veranstaltungsende wurden sechs LKW-Ladungen abgefahren – davon fünf 40-Tonner und ein 7,5-Tonner. Insgesamt konnten 28.020 Kilogramm Material für die Wiederverwendung gesichert werden. Darunter befanden sich 19.826 kg Wände, 4.065 kg Bodenbelag, 2.578 kg Sitztribüne, 1.110 an Showcases, 366 kg Werbeträger und 75 kg an Verkleidungsmaterial.
Lukas Binner, Co-Founder von Trash Galore, und Stephanie Schaubeck, Projektmanagerin bei der BECC Agency (Bild: BECC Agency)
Die Materialien gingen an sechs Initiativen aus ganz Deutschland, wobei Trash Galore darauf achtete, möglichst regionale Abnehmer nahe Hamburg zu finden. Darunter waren das Waterkant Festival in Kiel, das aus den Vodafone-Materialien ein Sonnensegel, Sichtschutz und Werbeflächen baute, und der Kulturgarten Pinneberg e.V., der Folien zur Feldabdeckung nutzte, um Pflanzen vor Hitze zu schützen. Daneben nahm Schrott bewahre e.V. aus Hamburg Holz und Banner für kreative Projekte. Das Off The Radar Festival aus Hamburg modelte Banner zu urbanen Gestaltungselementen um.
Nur zwei Initiativen waren weiter weg. So gingen Bauteile aus Hamburg an den Kulturkosmus Müritz e.V. für den Bühnenbau des Fusion Festivals. Das Materialbuffet Leipzig, ein Second-Hand-Baumarkt, lagerte selbst Materialien ein, um sie wieder an lokale Initiativen weiterzugeben. „Wir greifen dafür auf einen internen Datenpool zurück. Jede Initiative meldet ihren Materialbedarf an – so können wir zielgerichtet vermitteln“, erklärt Binner.
Das Material musste nach der OMR sauber auf Paletten zurücksortiert werden, damit es an die Abnehmer-Initiativen verbracht werden konnte. (Bild: BECC Agency)
Der Reuse Report von Trash Galore beziffert den ökologischen Erfolg. 25.459 kg CO2eq wurden vermieden – eine Menge, die 137 Economy-Flügen zwischen Zürich und London entspricht. „Über 28.000 Kilogramm Material wurden vor der Entsorgung gerettet. Das zeigt, wie groß die Hebelwirkung zirkulärer Planung im Messebau ist“, betont Katharina Kraus. Dafür wurden 1.035 km Transportdistanz zurückgelegt.
Learnings
Die Verantwortlichen ziehen ein positives Fazit. „Beim nächsten Mal werden wir Trash Galore noch viel früher mit an Bord holen“, so Kraus. „Um wirklich Circular Economy zu leben, reicht es nicht, beim Abbau Müll und CO2 zu vermeiden. Wir müssen schon bei der Materialwahl in der Planung stärker auf nachhaltige Alternativen setzen.“
„Wir werden häufig zu spät in den Planungsprozess eingebunden. Dabei lässt sich ein Rückbau immer schonender umsetzen, wenn von Anfang an darauf geachtet wird.“ – Lukas Binner, Co-Founder von Trash Galore
Auch Lukas Binner unterstreicht den Bedarf frühzeitiger Integration: „Wir werden häufig zu spät in den Planungsprozess eingebunden. Dabei lässt sich ein Rückbau immer schonender umsetzen, wenn von Anfang an darauf geachtet wird. Und die Initiativen sind bereit, Materialien f lexibel und auch zu ungewöhnlichen Zeiten anzunehmen.“
Für BECC ist klar: Nachhaltigkeit bleibt Wettbewerbskriterium. Das Projekt wurde bereits für den BrandEx Award 2026 eingereicht. Für Vodafone bietet es die Chance, die eigenen ESG-Ziele nicht nur zu kommunizieren, sondern sichtbar in der Markenarchitektur umzusetzen.
Der Vodafone-Stand auf der OMR 2025 zeigt, wie Circular Economy im Messebau Schritt für Schritt angegangen werden kann: durch konsequente Planung, enge Zusammenarbeit aller Akteure und transparente Dokumentation. Das Ergebnis: eingesparte Emissionen, verlängerte Materiallebenszyklen und ein Beitrag zur gesellschaftlichen Transformation. Ein Beispiel, das zeigt, wie Nachhaltigkeit im Eventkontext konkret funktionieren kann – und das Potenzial für die gesamte Branche eröffnet.