Mehr Nachhaltigkeit dank der CSR Berichtspflicht?

Die CSR Berichtspflicht: Auswirkungen auf die MICE-Branche

Nachhaltigkeit ist mehr als ein Marketingfaktor und wird auch in klassischen Branchen wie Banken, Handel und Versicherungen immer wichtiger. Der Erfolg eines Unternehmens definiert sich neben den ökonomischen Faktoren zunehmend darüber, inwieweit es seine gesellschaftliche und ökologische Verantwortung wahrnimmt. Das Gesetz zur CSR Berichtspflicht soll seit 2017 dafür sorgen, dass Unternehmen Rechenschaft über ihre Aktivitäten zur Nachhaltigkeit ablegen.

Gestapelte Ordner
Die CSR-Richtlinie ist in Deutschland seit April 2017 in Kraft. (Bild: Pexels.com)

Seit April 2017 ist das „Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten“ (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) in Deutschland in Kraft. Es soll die 2014 von der Europäischen Kommission verabschiedete Richtlinie 2014/95/EU, genannt „CSR-Richtlinie“, in nationales Recht umsetzen. Ziel der EU-Richtlinie ist es, europaweit einheitliche Standards der Berichterstattung über Aktivitäten der Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit zu schaffen. Dies dient der Transparenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsbemühungen der Unternehmen und soll unter anderem das Vertrauen der Kunden und Anleger steigern. Die Nichterfüllung der Berichtspflicht wird mit Strafzahlungen bis zu zehn Millionen Euro sanktioniert. Mit leichter Verspätung wurde das Umsetzungsgesetz im März vom Bundestag verabschiedet und gilt nun rückwirkend ab 1.1.2017, sodass bereits das Geschäftsjahr 2017 von den Auflagen betroffen ist.

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Was genau ist gefordert?

Adressatenkreis der Vorgaben sind zunächst einmal kapitalmarktorientierte Gesellschaften, Banken, Versicherer und Finanzdienstleister, die im Jahresschnitt mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen. Die Konzerne können wählen, ob sie ihre bisherige Finanzberichterstattung um die nichtfinanziellen Themen erweitern oder einen separaten Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Die Themen, die in den Berichten enthalten sein müssen, sind Umwelt und Gesundheit, Arbeitnehmer/innen, Soziales und Gesellschaft, Wertschöpfungsprozesse/Material- und Informationsflüsse, Achtung der Menschenrechte sowie Aktivitäten zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Damit ist nicht nur der ökologische Fingerabdruck der Unternehmen offenzulegen, sondern auch, ob es Nachhaltigkeitsbemühungen in sozialer und ökonomischer Hinsicht gibt.

Bericht / Analyse
Ziel der neuen Richtlinie: Einheitliche Standards zur Berichterstattung über nachhaltige Unternehmensaktivitäten. (Bild: Pixabay.com)

Aktuell beläuft sich die Anzahl der direkt von der Berichtspflicht betroffenen Unternehmen in Europa auf rund 6.500. Durch deren Supply Chain werden jedoch auch Dienstleister und Zulieferer in die Berichtsplicht mit eingebunden. Das führt dazu, dass auch kleine und mittelständische Betriebe indirekt von dem neuen Gesetz getroffen werden. Ob sie auch ganz direkt in den Adressatenkreis aufgenommen werden sollen, wird 2022 wieder auf die Europäische Agenda kommen. Bis dahin können sich Dienstleister und Zulieferer der Großunternehmen bereits darauf einstellen, dass sie in deren Berichtskette eingegliedert werden und entsprechende Angaben liefern müssen, wenn sie die Zusammenarbeit fortsetzen wollen.

Was bedeutet die CSR Berichtspflicht für die Eventbranche?

Veranstaltungen sind per se nicht unbedingt nachhaltig. Oder, wie es Jürgen May vom Nachhaltigkeitsnetzwerk 2bdifferent formuliert: „Wir schneidern dem Kunden jedes Mal einen Maßanzug aus teuren Stoffen, der nach einmal Tragen restlos weggeworfen wird“. Die Veranstaltung wird individuell geplant, aufwendig umgesetzt – und anschließend wird häufig ein Großteil der verwendeten Materialien vernichtet. Das Dilemma: Eben dieser Kunde muss nun nachweisen, dass er und seine Dienstleister sich um Nachhaltigkeit bemühen und ökologisch, ökonomisch und sozial sinnvoll agieren.

Nachhaltige Veranstaltung
Große Unternehmen müssen laut Richtlinie nachweisen, dass sie sich um Nachhaltigkeit bemühen. (Bild: Pexels.com)

Durch die Ausdehnung der Berichterstattung auf die Lieferkette sind auch Veranstaltungsdienstleister indirekt von der CSR Berichtspflicht betroffen. Hinzu kommt, dass generell die Nachfrage nach Sustainability in jeder Hinsicht und jedem Schritt der Veranstaltungsplanung, -durchführung und -nachbereitung steigt. Viele Unternehmenskunden richten bereits ihre Beschaffungsprozesse auf diese Anforderungen aus und arbeiten nur noch mit passenden Dienstleistern zusammen. Dafür erstellen sie beispielsweise Onlineportale, die jeden Bereich genau abfragen. Wer die Zusammenarbeit mit dem Kunden fortsetzen will, muss hier beispielsweise angeben, ob es Richtlinien oder einen Kodex zur Nachhaltigkeit im Unternehmen gibt, ob ein Verantwortlicher zu diesen Themen benannt wurde, oder ob Schulungen für die Mitarbeiter über Nachhaltigkeit stattfinden. Auch Zertifizierungen, Prozesse zum Umgang mit Abfall, Gefahrstoffen und ähnlichen relevanten Bereichen können gefordert sein. Und weil die Konzerne im Rahmen der Berichtspflicht ihre gesamte Lieferkette überprüfen müssen, können auch Subunternehmen und Zulieferer der Dienstleister eingebunden sein. So muss auch der Eventdienstleister gegebenenfalls nachweisen, dass seine eigenen Zulieferer ebenfalls nachhaltig arbeiten.

Bei der Umsetzung ihrer Richtlinien und Anforderungen sind die Großunternehmen dabei durchaus konsequent. Zwar werden für treue Geschäftspartner meist Übergangsfristen zur Umsetzung der Strategien gewährt und man muss zunächst nur nachweisen, dass man einen Plan für die Implementierung der Vorgaben hat. Wer sich jedoch gänzlich gegen die Einbindung nachhaltiger Prozesse sperrt, bekommt irgendwann die rote Karte vom Kunden.

Was ist zu tun?

Wie also kann sich die Branche auf diese Herausforderungen einstellen? Wie wird ein kleiner Veranstaltungsdienstleister fit gemacht, sodass er die Standards der Großkunden erfüllt? Tipps dafür haben Jürgen May und Clemens Arnold von 2bdifferent. Sie beraten mit Expertise und Erfahrung große und kleine Unternehmen dabei, ihre Prozesse, Produkte und Projekte nachhaltiger zu machen. Ansatzpunkte dafür gibt es mehr, als man auf den ersten Blick denkt. So geht es nicht nur um die klassischen Fragen nach Transport, Müll oder Energie, sondern beispielsweise auch darum, wie sozialverträglich der Umgang mit den eigenen Mitarbeitern und Zulieferern ist. Bildungsangebote, Arbeitssicherheit und Lohngerechtigkeit sind nur einige Stichwörter, die hier unter die Lupe genommen werden sollten. Im „grünen“ Bereich sind neben CO2-Abdruck und Mülltrennung auch wiederverwertbare Materialien, ressourcenschonende Planung und energieeffiziente Stoffe und Bauten wichtige Themen. Aber auch ökonomische Nachhaltigkeit, insbesondere langfristige Planung und sinnvolles wirtschaftliches Handeln machen ein nachhaltiges Unternehmen aus. Ökologisch und sozial wertvolles Handeln muss für das Unternehmen finanzierbar sein. Daher werden auch kleine Schritte und Veränderungen anerkannt, solange sichtbar wird, dass man sich um Nachhaltigkeit bemüht.

Büroräume
Neben sozialen Aspekten zählen auch ökologische und ökonomische Faktoren zur Nachhaltigkeit. (Bild: Pexels.com)

Dafür kann man zunächst damit beginnen, sich eine Leitlinie oder eigene Vorgaben zu überlegen und festzuschreiben. Diese Selbstverpflichtung sollte allen Mitarbeitern bekannt gemacht und intern zugänglich sein. Sinnvoll sind zudem Schulungen über einzelne Bereiche der Nachhaltigkeit, um die angestrebten Ziele auch umsetzen zu können. Wichtig ist, ein ganzheitliches Konzept vor Augen zu haben und nicht für die einen Kunden „green“ und für andere weiterhin „dirty“ zu arbeiten, so Jürgen May. Nachhaltiges Handeln muss ins Kerngeschäft implementiert werden. Er weist außerdem darauf hin, dass die Umsetzung nachhaltiger Strategien nicht von heute auf morgen gelingt und auch nie ganz endet: „Nachhaltigkeit ist ein Prozess und kein Job, den man fertigstellt“. Anstatt also auf einzelne große Aktionen zu setzen, sollte das Unternehmen zunächst bei den eigenen Prozessen ansetzen und versuchen, diese nachhaltiger zu gestalten. Das kann schon beim Papier- und Wasserverbrauch im eigenen Büro anfangen. In produktionsintensiven Bereichen wie Catering oder Messebau kann in der Beschaffung angesetzt und auf regionale Produkte sowie recycelbare Komponenten geachtet werden. Diese Faktoren direkt zu berücksichtigen, zu benennen und zu berechnen, sodass sie ohne großen Aufwand an den Kunden weitergegeben werden können, vereinfacht es, auf neue Anforderungen der Kundenseite einzugehen.

Hat man solche Methoden erfolgreich implementiert, spricht natürlich nichts dagegen, diese auch in die Kommunikation aufzunehmen und damit zu werben. Solange die Fakten zählen, bleibt man damit auch authentisch. Auch aus Sicht der Experten von 2bdifferent zählt hier der alte Spruch: „Tu Gutes und sprich darüber“. Also fangen wir doch damit an, Gutes zu tun.

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