Interview mit Tyron Truong und Liu Si

studio rgb – deutsche Heimat, lokale Ressourcen

Die in Essen beheimatete rgb GmbH gründete bereits 2010 in Shanghai das Tochterunternehmen studio rgb Shanghai ltd., um ihren deutschen Kunden vor Ort bestmöglichen Service zu bieten. So ist es den Gestaltern und Planern möglich, lokale Ressourcen zu nutzen und zuverlässige lokale Partner für ihre Projekte zu finden. Mittlerweile zählen längst nicht nur deutsche, sondern vor allem aufstrebende asiatische Marken zu den zufriedenen Kunden. Wir sprachen mit Tyron Truong und Liu Si von studio rgb.

Tyron Truong (l.) und Liu Si
Tyron Truong (r.) und Liu Si (Bild: rgb / Andreas Keller)

Tyron Truong ist fast seit zehn Jahren Geschäftsführer der studio rgb, Shanghai sowie der studio rgb ltd., Hongkong. Er wuchs als Sohn chinesischer Eltern in Niedersachsen auf, kennt beide Kulturkreise, deren Kommunikationsweisen und wählte „Managementhürden für deutsche Unternehmen im gegenwärtigen China“ zum Thema seiner Magisterarbeit. Liu Si i ist seit zwei Jahren als General Manager China für studio rgb tätig. Er wuchs in China auf und studierte in Europa. Zusammen bilden sie das starke studio-rgb-Fundament.

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Herr Truong, von welchen interessanten Veränderungen in den letzten Jahren auf dem chinesischen Markt können Sie berichten?

Tyron Truong: Insbesondere die vergangenen zwei Jahre waren sehr bewegt. Inzwischen hat sich der Kundenstamm erweitert und wir konnten neue chinesische Kunden gewinnen, wie etwa Haiderrr. Zudem setzen nun auch mehrere große chinesische Automobilhersteller wie Geely, Changan, Venucia, Hongqi und Porsche China auf unsere Expertise. Ein neuer spannender Kunde dürfte auch Huawei sein – neben den weltweiten Auftritten des Konzerns betreuen wir die jährliche Konferenz Huawei Connect.

Das ist doch diese riesige Veranstaltung in Shanghai, oder?

Truong: Genau, letztes Jahr waren um die 30.000 Teilnehmer aus 120 Ländern vor Ort und in diesem Jahr werden es sicherlich nicht weniger. Dann haben wir noch eine neue Abteilung gegründet, die sich auf Festinstallationen spezialisiert hat. Vor Kurzem waren die Eröffnungen vom Haier BOD (Board of Directors) Showroom und der Showrooms von Porsche in Ningbo und Volvo in Chengdu. Bei letzterem war sogar der Bürgermeister Chengdus für die feierliche Eröffnung vor Ort.

Das klingt alles sehr interessant. Was ist Ihre Strategie für Firmen/Kunden in Asien?

Truong: China wächst nach außen, d.h., die Auftritte chinesischer Marken wachsen international. Shanghai ist der ideale Standort, um diese aufstrebenden Kunden auf uns aufmerksam zu machen und mit ihnen an der weltweiten Präsentation zu arbeiten. Haier haben wir hier in Shanghai kennengelernt und bereits in diesem und auch im vergangenen Jahr auf der IFA in Berlin betreut. Auch mit Huawei haben wir hier in China begonnen und betreuen nun auch Projekte außerhalb Chinas.

Hongqi Auto Shanghai 2019
Hongqi auf der Auto Shanghai 2019 (Bild: rgb / Andreas Keller)

Von welchen Vorteilen kann der Kunde von Ihren Büros in Asien profitieren?

Truong: Da gibt es Vorteile in zwei Richtungen: Zum einen für die westlichen Marken, die sich in China präsentieren und Projekte realisieren wollen. Hier ermöglichen wir eine sehr flüssige Kommunikation und können westliche und chinesische Mentalitäten „verknüpfen“. Ich bin ein offener Mensch und auch immer bereit für Gespräche, man muss kein konkretes Projekt haben, um mit uns zu reden – einfach kontaktieren und bei einem Kaffee Ideen und Gedanken austauschen. Wenn sich etwas ergibt, können sich beide Parteien freuen, wenn nicht, hat man sich schon einmal kennengelernt und einen leckeren Kaffee getrunken. In Zeiten schrumpfender Budgets ist es uns dank der Erfahrungen des lokalen Marktes möglich, in China internationalen Projektstandard mit wettbewerbsfähigen Preisen zu verwirklichen – das ist unverändert. Wir wissen, welche Produkte hier – seien es lokale oder internationale – in welchen Mengen verfügbar sind. Dies spart natürlich immense Logistikkosten für unsere Kunden.

Zum anderen erhalten z.B. die oben genannten chinesischen Kunden durch unsere langjährigen Erfahrungen auf weltweiten Projekten ein Guckloch auf den internationalen Markt. Viele chinesische Unternehmen haben wenig oder keine Erfahrungen mit Auftritten außerhalb Chinas. Wir als studio rgb sind für diese Marken ein Unternehmen, das auch in China sitzt, die gleiche Sprache spricht, jedoch schon global auf der Welt, sei es Asien, Europa oder Nordamerika, Erfahrungen sammeln konnte. Mit dem Know-how, z.B. des europäischen Teams, können diese Marken/Kunden gut arbeiten. Wir teilen unser Wissen, um das bestmögliche Resultat im Rahmen des jeweiligen Budgets zu realisieren.

Sie sind mittlerweile seit zwei Jahren Managing Partner der studio rgb – was hat sich für Sie verändert? Sind Sie im Tagesgeschäft noch auf Projekten unterwegs?

Truong: Sagen wir es mal so: Projekte, bei denen eine gewisse Routine eingetreten ist, verlangen nicht mehr nach ständiger Präsenz – wie noch vor einigen Jahren. Es ist und bleibt aber ein Peoples Business, daher bin ich noch nach wie vor (mal mehr, mal weniger) gern und intensiv in Projekte eingebunden (schmunzelt).

Herr Si, wie gestaltet sich für Sie die Arbeit als Geschäftsführer der studio rgb?

Liu Si: Neben Kundenbetreuung und Akquise bewege ich mich – wie Tyron auch – in den jeweiligen Projekt-Teams. Es ist wichtig, über den Stand der Dinge bestens informiert zu sein. Einen weiteren großen Anteil stellt das Finance Controlling dar.

Welche Herausforderungen gab es in 2019 – oder generell?

Si: Automessen in China stellen immer eine ganz besondere Herausforderung dar. Allein die Ausdehnung des Messegeländes z.B. hier in Shanghai ist riesig. Es gibt jede Menge Vorschriften und Regelwerke, die sich von z.B. den deutschen sehr unterscheiden. Wir sind u.a. seit einigen Jahren von der Volkswagen-Gruppe mit der Koordination der Messeauftritte sämtlicher Marken betraut und bündeln, übersetzen, erklären und vermitteln – sehr zeitintensiv – sämtliche Anforderungen des Veranstalters bereits während der Planungsphase. Dabei gilt es, nicht nur sprachliche Hürden zu überwinden, sondern auch unterschiedliche zivilisatorische Denkarten in einem gemeinsamen Ziel zu vereinen.

Hongqi auf der Auto Shanghai 2019
Hongqi auf der Auto Shanghai 2019 (Bild: rgb / Andreas Keller)

Wie würden Sie die Entwicklung der lokalen chinesischen Marken in den letzten Jahren beschreiben?

Si: Die chinesische Wirtschaft, besonders die Automobilindustrie, hat sich in den letzten zwanzig Jahren enorm entwickelt. Noch vor zehn Jahren hat man auf den Automessen vor allem europäische, amerikanische, japanische und koreanische Marken gesehen, aber nur sehr wenige lokale chinesische Hersteller. Heute sieht man selbst auf internationalen Messen eine Vielzahl chinesischer Marken. Manche davon sind brandneu und haben keine lange Firmenhistorie. Diese Firmen werden in der Zukunft eine sehr wichtige Rolle in der Autoindustrie einnehmen – davon bin ich überzeugt. Wir sind sehr gut aufgestellt, um diese Hersteller auf ihrem Weg zu unterstützen. Die Entwicklung der chinesischen Autoindustrie ist – sowohl für die lokale als auch globale Wirtschaft – sehr vielversprechend, auch wenn die Weltwirtschaft gerade etwas kriselt.

Zudem ist die chinesische Wirtschaft deutlich selbstbewusster geworden. Viele chinesische Marken drängen auf den internationalen Markt und suchen Wege, sich mit internationalen Mitbewerbern erfolgreich zu messen, haben aber noch nicht die Budgets zur Verfügung, die man auf diesem Parkett braucht. Sinkende Budgets bei steigenden Anforderungen sind jedoch kein rein chinesisches Phänomen (lacht).

Haben lokale Kunden ein anderes Qualitätsbewusstsein?

Si: Nun, in China eine Messe zu betreuen, muss nicht automatisch mit Qualitätsverlusten verbunden sein. Aber es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, was Qualität bedeutet. Im Bereich der technischen Planung entwickelt sich hier einiges sehr rasant und China schließt immer mehr zu internationalen Qualitätsstandards auf. Regularien und manche Denkansätze stehen hier noch dem neuesten Stand der Technik im Weg. Häufig besteht unsere Aufgabe darin, internationale Methoden vorzustellen und zu erklären. Wichtig ist, dass man mit den Partnern auf Augenhöhe kommuniziert. Ich denke jedoch, der Stellenwert des kulturellen Unterschieds wird häufig überbewertet. Es heißt: Man müsse die Kultur verstehen, um Qualität zu erreichen. Sicherlich richtig! Als internationales Unternehmen sollte die Bewältigung kultureller Schranken nur als Mittel zur Erreichung der vom Kunden gewünschten Qualität verstanden werden! Denn: Qualität ist das, was zählt, und ist das, was von uns erwartet wird!

Vielen Dank für das Gespräch.

>> Lesen Sie hier alles zur rgb Beteiligung auf der Auto Shanghai 2019

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