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Missverständlich und zu kurz gegriffen

Verbände der Eventwirtschaft fordern Korrektur des Regierungsbeschlusses

Die maßgeblichen Verbände der Veranstaltungswirtschaft begrüßen den von der Bundesregierung angekündigten Beschluss zur Entschädigung finanzieller Ausfälle aufgrund der bevorstehenden Unternehmensschließungen zur Bekämpfung der SARS-Cov2-Pandemie. Die bisherige Fassung sei allerdings weitgehend missverständlich und greife zu kurz.

Korrektur(Bild: Pixabay)

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Die Effizienz des Beschlusses hänge von dessen konkreter Ausgestaltung ab. Auch über die von der Veranstaltungsbranche geforderten Sonderhilfen zur Bewältigung der milliardenschweren bereits eingetretenen und noch zu erwartenden Schäden müsse nun schnell entschieden werden.

Der angekündigte Erstattungsbetrag von bis zu 75% des entsprechenden Umsatzes des Vorjahresmonats bzw. der Obergrenze der einschlägigen beihilferechtlichen Vorgaben sei ein erster Schritt. Der Beschluss zeige, dass die Politik die existentielle Not des Wirtschaftszweiges endlich erkannt hat. Damit diese Hilfe jedoch tatsächlich dort ankommt, wo sie dringend benötigt wird, bedürfe es einer umsichtigen und praxisorientierten Ausgestaltung des Hilfeprogramms. Dazu hätten die Wirtschaftsverbände in einer Stellungnahme an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesfinanzminister Olaf Scholz bereits detaillierte Vorschläge unterbreitet. Vor allem bedürfe es nun dringend der seit Beginn der Corona-Krise geforderten Sonderhilfe für die Veranstaltungsbranche.

Die aktuellen Lockdown-Maßnahmen verlangen sowohl der Gesellschaft als auch der Wirtschaft erhebliche Opfer ab. Aus Sicht der Veranstaltungswirtschaft sei es zwar verständlich, dass Bund und Länder durch die schnell steigende Zahl der Infizierten in Deutschland und die teilweise dramatische Lage in den Nachbarländern einem enormen Handlungsdruck unterliegen. Allerdings sei nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wieso vor allem der Freizeit- und Unterhaltungsbereich derart umfassend in der Berufsausübung beschränkt wird. Dies sei umso unverständlicher, da zahlreiche Unternehmen bereits professionelle – zum Teil überobligatorische – Hygienekonzepte entwickelt und seit Monaten umgesetzt haben. Auf dieser Grundlage seien auch Veranstaltungen geplant und Investitionen getätigt und zumindest im Rahmen des Machbaren Anstrengungen unternommen worden, um ein kleines Stück aus der Krise herauszukommen. Es stelle sich daher die Frage, ob mit dem aktuellen Lockdown ein derartig pauschaler ‚Rundumschlag‘ vor allem im Freizeitbereich ohne ein Abstellen auf bereits vorhandene Infektionsschutzmaßnahmen tatsächlich erforderlich war. Es wird damit gerechnet werden müssen, dass viele Unternehmen die Maßnahmen rechtlich auf ihre Angemessenheit überprüfen lassen.

Für die Unternehmen der Veranstaltungsbranche werde die aktuelle Situation noch dadurch erschwert, dass eine Umsetzung der Maßnahmeempfehlungen durch die Länder noch nicht erfolgt ist. Rechtlich bindende Verordnungen der einzelnen Bundesländer lägen noch nicht vor. Aufgrund des Föderalismus werde die Veranstaltungswirtschaft wohl wieder damit rechnen müssen, dass die Länder Abweichungen zur Empfehlung des Bundes beschließen und damit jegliche bundesweite Veranstaltungsplanung unmöglich wird.

Sonderhilfe für die Veranstaltungsbranche

Die Hauptforderung der Veranstaltungswirtschaft bestünde weiterhin darin, dass die Bundesregierung endlich vollumfänglich das geforderte branchenspezifische Sonderhilfeprogramm umsetzt. Nur so könnten tausende Unternehmen und Solo-Selbständige vor dem endgültigen wirtschaftlichen Kollaps gerettet werden. Das von den maßgeblichen Berufsverbänden des Wirtschaftszweigs, BDKV, BSM, BVD, EVVC, FAMAB, isdv, LiveKomm und VPLT, erarbeitete Programm liege der Regierung vor. Auf eine zugesagte Antwort würden die Verbände allerdings seit längerem warten.

Korrekturen an Hilfen und klare Definitionen

Der aktuelle Beschluss zur Entschädigung finanzieller Ausfälle im November bedürfe zur Wahrung der Interessen der so erheblich betroffenen Veranstaltungswirtschaft unbedingt notwendiger Korrekturen. Ohne einen differenzierten Blick auf die sehr heterogene Branche sowie klarere Definitionen der Bezugsberechtigten würden die Hilfen nicht zielgerichtet greifen und nicht dort ankommen können, wo sie so dringend benötigt werden. Die Verbände des Wirtschaftszweigs hätten der Politik angeboten, ihre Expertise und ihre Branchenkenntnis bei der Definition der begünstigten Wirtschaftsbereiche in Anspruch zu nehmen.

Die Forderungen im Einzelnen:

Punkt 11 des Beschlusses: Der Bund gewährt eine „außerordentliche Wirtschaftshilfe“.

  • Die Entschädigung muss tatsächlich allen von den aktuellen Maßnahmen betroffenen Unternehmen des sehr heterogenen Wirtschaftszweigs gewährt werden. Dazu zählen neben den Veranstaltern beispielsweise Veranstaltungsdienstleister, Betreiber von Veranstaltungsstätten, Zulieferbetriebe der Branche, Hersteller von Veranstaltungszubehör, Zulieferer und Künstlervermittler;
    Die „außerordentliche Wirtschaftshilfe“ darf das von den maßgeblichen Verbänden des Wirtschaftsbereichs geforderte branchenspezifische Sonderhilfeprogramm weder ersetzen noch mindern.
  • Die Berechnung möglicher Hilfen rein auf Basis des November 2019 als Vergleichsmonat wird den Tätigkeitsstrukturen der Veranstaltungswirtschaft nicht gerecht. Die Veranstaltungswirtschaft empfiehlt daher, unter Beibehaltung der Zugrundelegung des Vorjahresmonats alternativ als Berechnungsgrundlage den durchschnittlichen Umsatz des letzten Vorjahresquartals zu Grunde zu legen. Insbesondere die Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft unterliegen häufig erheblichen temporären Einnahmeverzerrungen, sodass sich konkrete Zeiträume nicht symmetrisch vergleichen lassen. Wichtig ist der Branche allerdings, dass hier nur in Form eines Optionsrecht zwischen der Betrachtung des Vorjahresmonats einerseits oder des Vorjahresquartals andererseits nachgebessert wird;
  • Die Obergrenze des aktuellen EU-Beihilferahmens von drei Millionen Euro muss übernommen werden, auch für Betriebe über 249 Mitarbeiter.

Punkt 12 des Beschlusses: Verlängerte Hilfsmaßnahmen für Unternehmen

  • Der Begriff „Soloselbstständige“ muss unbedingt in „Selbstständige Einzelunternehmer und Personengesellschaften“ verändert werden. Der Zuschuss für diese Personengruppe darf nicht von der Grundsicherung abgezogen werden.Die Beschlussformulierung „in den kommenden Monaten unter erheblichen Einschränkungen“ ist ebenso unklar wie unangemessen. Unter dieser Einschränkung, die in diversen Verordnungen zu finden ist, leidet die Veranstaltungsbranche seit Beginn der Corona-Pandemie. Es handelt sich um einen beispiellosen Verzicht auf die geschäftliche Tätigkeit und um eine Einschränkung der Möglichkeit des wirtschaftlichen Handelns aufgrund von Schutzmaßnahmen für die Gesamtbevölkerung.

Punkt 5 des Beschlusses: Institutionen und Einrichtungen der Freizeitgestaltung

  • Auch diese Begrifflichkeiten sind unklar und dürften in dieser Form keine ordnungspolitische Grundlage haben. Die Gesetzgeber der Länder müssen diese konkretisieren und in etwaigen Verordnungen klare Definitionen und deren Begründung nachliefern.Es ist nicht nachvollziehbar, wieso Messen als Veranstaltungen der „Freizeitgestaltung“ aufgeführt werden. Messeveranstaltungen sind wirtschaftsbezogenen Veranstaltungen und dienen nicht der Freizeitgestaltung.Ebensowenig nachvollziehbar ist es, dass der gesamte Kulturbereich der „Freizeitgestaltung“ zugeordnet wird. Dies widerspricht eigenen Verlautbarungen der Regierungskoalition zur Kultur- und Kreativwirtschaft.

Punkt 6 des Beschlusses: Untersagte Veranstaltungen der „Unterhaltung“

  • Auch hier fehlt eine konkrete Definition des Begriffs ‚Unterhaltung‘ Die Veranstaltungswirtschaft kann nur mutmaßen und geht davon aus, dass unter dem Begriff „Unterhaltung“ alle Veranstaltungsformen und Kulturveranstaltungen – mithin auch Veranstaltungen der Klassik – erfasst sein sollen.

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