Kolumne

Die Event-Zora: 1984 und die schönen neuen Welten

Die Event-Zora ist entnervt vom immer gleichen digitalen Web-TV und will nicht, dass eine Software künftig ihre Emotionen liest. Außer es befreit sie von der relevanzlosen Event-Spreu …

Die Event-Zora

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Als verwöhnte Göre der Generation Maybe war ich 1984 nur genetisches Material in zwei fremden Körpern. Und auch die düsteren weiteren Zukunftsszenarien anderer Schriftsteller blieben mir in der Schulzeit erspart. Selbst bei den Hollywood-Szenarien wie Waterworld oder Outbreak trug ich noch Pampers. Also spare ich mir diesbezügliche Analogien. Aber die lautlosen COVID-19-Killer habe ich mitbekommen. Sie haben nicht nur drei Millionen Menschen dahingerafft, sondern auch unsere Branche gelähmt und zur Wüste Tatooine gemacht. Wenn jetzt Anfang Mai die ADC-Event-Jury zusammenkommt, bin ich gespannt, was zuerst die Juror:innen zu sehen kriegen und danach wir. Meine Voraussage lautet: Waste Land.

Schlichtes Web-TV

Wäre ich eine Zynikerin, könnte man diese unfreiwillige Berufsausübungspause auch positiv sehen. Denn geklonte Konzepte mit austauschbaren Inszenierungen bei Automobil-Launches oder Mitarbeiterevents, die uns mit den üblichen Phrasen von „Einmaligkeit“ und „Interaktivität“ nebst „Storytelling“ verkauft werden, bleiben uns allen erspart, weil es sie einfach nicht gab.

Aber wenn ich jetzt so auf den Grund meines Latte-Macchiato-Glases in den Milchschaum blicke, wird es nicht hoffnungsvoller. Meine Prophezeiung lautet: Die Online- und Hybrid-Events, die stattgefunden haben, reißen jetzt auch nicht mit. Denn mal ganz ehrlich, das meiste ist schlicht Web-TV. Und wenn da noch so viele Kameras am Start sind und verschiedene Sets, das ist und bleibt eine Live-Übertragung eines Newsformats, Magazins oder einer Gameshow. Ist ja ok, wenn die einen oder anderen Protagonist:innen dadurch überleben oder einige sogar ganz gut davon leben können. Und auch bei Hybrid-Events ist es nicht viel anders. Ähnlich wie bei den Firmenwagen, bei denen die meisten dann doch mit dem Verbrenner fahren und kaum an der Steckdose aufgeladen werden, verbirgt sich oft genug hinter dem Etikett das Format einer Fernsehsendung – nur dass sie mit kleinem Live-Publikum in die unendlichen Weiten des WWW gestreamt wird. Wo bitte ist das eventive?

Digitale Gesichtserkennung … wer will das alles?

Übrigens, der Event-Zorro sieht das nicht anders. Da er geimpft ist, durfte ich ihn in seinem Seniorenheim besuchen und wir konnten endlich wieder live diskutieren. Jajaja, alles wird digitaler, nichts bleibt, wie es ist und so fort. Aber mal ehrlich, wer will das alles? Da wurde als neuester Trend das Thema Erkennbarkeit von Emotionen bei der digitalen Gesichtserkennung gehypet. Also egal ob Zoom Online-Event oder Live-Tagung, da sind dann eine Kamera und ein Algorithmus, die genau erkennen, ob mir die Rede meines CEO oder das Panel meiner Marketingleiterin am Allerwertesten vorbeigeht? Und ich kann noch so gequält lächeln: Big-Bro oder Big-Sis is watching you und meldet die geheuchelte Emotion.

Beim Hefeweizen meinte der Event-Zorro, vielleicht würde diese Art der digitalen Evaluierung aber endlich dazu führen, die ganze relevanzlose Event-Spreu vom wirklich bedeutsamen Live-Kommunikations-Getreide zu trennen. Da denke ich jetzt mal drüber nach und hoffe, dass es bei meiner nächsten Kolumne schon so viele Geimpfte gibt, dass das echte Live wieder geht.

 

Tschüssi

Eure Event-Zora

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ein wunderbarer Artikel, der meine dahinsichenden Emotionen neu belebt hat. Dafür tausend Dank! Ob “big brother” wirklich einmal den Erfolg von Events messbar macht, kann von mir aus gerne diskutiert werden. Letztlich ist aus meiner Sicht immer die Idee, das Konzept und eine lebendige Umsetzung entscheidend für ein wirkliches udn vor allem nachhaltiges Erlebnis. Und je technischer die Instrumente umso notwendiger werden erlebbare und “anfassbare” Momente die überraschen und beglücken.
    In diesem Sinne freuen wir uns wieder auf eine positive und menschliche Zukunft in der Eventbranche.

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  2. Liebe Event-Zora, wunderbar schnippisch die Hybris auf’s Korn genommen.

    Jenseits dieser Auswüchse wären Fakten zur Akzeptanz bei Teilnehmern von Virtuellen Events wünschenswert. Zu Video-Calls innerhalb von Unternehmen gibt es Informationen, Stichwort “Bullshit-Bingo bei Video-Konferenzen”, die schon alles sagen.

    Wie wäre es mit einer Umfrage/Experten-Runde von Event-Partner?

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