Sinnvolle Umsetzung von Jubiläumskampagnen

Das Firmenjubiläum als Marketinginstrument

Längst gehen Firmenjubiläen über eine einfache Danksagung an die Mitarbeitenden und ein Resümee der bisherigen Leistungen hinaus. Mit einer umfassenden Live-Kampagne, die interne wie externe Stakeholder anspricht, kann dieser Anlass als Aufhänger genutzt werden, um im Gespräch zu bleiben und Werte, Engagement und Haltung zu Zukunftsthemen zu demonstrieren.

Auftaktevent zur Jubiläumskampagne 100 Jahre R+V(Bild: Onliveline)

Ein Firmenjubiläum ist seit jeher eine Gelegenheit, mit Stolz auf das Erreichte zu blicken und den eigenen Erfolg zu zelebrieren. In den vergangenen Jahren haben sich aus den einfachen Betriebsfeiern umfangreiche Veranstaltungsreihen entwickelt, die nicht nur den Gründungstag, sondern das gesamte Jubiläumsjahr in den Mittelpunkt stellen. Diese Entwicklung ist der Erkenntnis der Unternehmen zu verdanken, dass eine Jubiläumskampagne ein wirkungsvolles Marketinginstrument sein kann. Den Firmengeburtstag groß aufzuziehen und mit zahlreichen Aktionen bei verschiedenen Zielgruppen zu promoten, gehört inzwischen praktisch zum guten Ton.

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Einen 100-jährigen Versicherungskonzern auf die Zukunft ausrichten

Eine solche bundesweite Veranstaltungsreihe hat im Jahr 2022 die Agentur onliveline für den Versicherungskonzern R+V zu deren 100-jährigem Bestehen umgesetzt. Petra Lammers, Geschäftsleitung bei onliveline, hat im Gespräch mit EVENT PARTNER erklärt, was bei der Umsetzung einer Jubiläumskampagne zu beachten ist und wie man diese sinnvoll und nachhaltig gestaltet. Das Projekt unter dem Titel „#MISSIONMITEINANDER“ bestand aus einer Tour durch Deutschland mit einem von zwei nachhaltigen Tiny Houses, worin Diskussionsformate zum Thema Nachhaltigkeit organisiert und gestreamt wurden. Innerhalb dieser wurde dazu aufgefordert, Nachhaltigkeitsprojekte einzureichen, über die die Mitarbeiterschaft für eine Förderung abstimmen konnte. Die Kampagne endete mit einem zweitägigen „Zukunftsfestival“ mit umfassendem Vortrags- und Workshop-Programm und einer Charity-Aktion.

Zukunftsfestival R+V
Die Zukunft liegt in den eigenen Händen: Anpacken beim Zukunftsfestival zu 100 Jahre R+V. (Bild: Onliveline)

Strukturierte Organisation und gute Kommunikation

Als essenziellen Faktor für die Organisation eines solch komplexen Projekts sieht Petra Lammers eine klare Struktur. Es brauche gute Teams, die von erfahrenen Projektmanager:innen gesteuert würden und eingespielt zusammenarbeiteten. Hierfür und insbesondere für die Kooperation mit der Unternehmensseite sei zudem eine offene und klare Kommunikation unerlässlich. Nur so ließe sich der Überblick behalten und gleichzeitig kein Detail aus den Augen verlieren.

Die Unternehmensgeschichte – verstaubt oder lebendig?

Neben einer reibungslosen Umsetzung erfordert eine erfolgreiche Kampagne vor allem ein originelles Konzept. Bei Jubiläumsveranstaltungen besteht dieses im Kern aus dem Dreischritt Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft. Zunächst wird auf die bisherigen Leistungen und Erfolge zurückgeblickt. Damit dieser Rückblick nicht zu trocken gerät, sollte man laut Petra Lammers die Geschichte, Mission und Werte des Unternehmens hervorheben und deutlich machen, wie dieses in der Vergangenheit mit der Gesellschaft verwoben war. Daraus entwickle sich dann der Bezug zu Gegenwart und Zukunft und es werde deutlich, dass die substanziellen Werte, für die das Unternehmen steht, nicht „aus der Luft gegriffen“ seien, sondern in seiner Historie wurzeln. Damit wirke das Unternehmen auch in der Gegenwart authentisch.

Zukunftsthemen aufgreifen

Auf die Bilanz von Vergangenheit und gegenwärtiger Situation folgt schließlich der Blick in die Zukunft. Hier besteht die Chance zur Neuausrichtung und Positionierung als wichtiger Player bei relevanten Themen. So nutzte der Chemieriese Merck sein 350-jähriges Firmenjubiläum im Jahr 2018 auch zur Eröffnung eines neuen Innovationszentrums, das Start-ups und internen Innovationsteams Raum für die Zusammenarbeit an Projekten außerhalb des laufenden Geschäfts geben soll. Bei der R+V war das Thema Zukunft ebenfalls der zentrale Aufhänger der Jubiläumskampagne: Sowohl die einzelnen Diskussionsveranstaltungen auf der Tour als auch das Festival und die geförderten Projekte standen unter dem Stichwort „mit Nachhaltigkeit die Zukunft gemeinsam gestalten“. Die Bandbreite der Themen erstreckte sich dabei von Umwelt über Wirtschaft bis hin zu Bildung, Sozialem oder Digitalisierung. Ziel war Petra Lammers zufolge, das Unternehmen gesellschaftlich zu positionieren und eine Plattform für den aktuellen Diskurs zu eröffnen.

Zukunftsfestival
Die R+V-Kampagne endete mit einem zweitägigen „Zukunftsfestival“. (Bild: R+V Allgemeine Versicherung AG)

Nicht nur auf sich blicken

Auf diese Weise gelang es, das Jubiläum nicht nur als Introspektive zu gestalten, sondern den Fokus auf die Interaktion des Unternehmens mit seinem Umfeld zu legen. Nicht die Leistungen des Konzerns für den eigenen Erfolg wurden herausgestellt, sondern die Projekte von Non-Profit-Initiativen für die Zukunft. Mit diesem Perspektivwechsel kann ein Unternehmen seinem langjährigen Bestehen eine neue Relevanz verleihen: Seht her, wir leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft und unterstützen die Arbeit anderer, deren Themen uns wichtig sind. Eine Botschaft, die – soweit authentisch vermittelt – gut ankommen dürfte in Zeiten von Kapitalismuskritik und gestiegenen Erwartungen an Corporate Social Responsibility.

Ein Beispiel hierfür liefert auch der Optikhersteller Zeiss, der im Jahr 2021 sein 175-jähriges Jubiläum beging. Zu diesem Anlass startete das Stiftungsunternehmen eine neue Initiative mit zahlreichen Projekten zur Heranführung und Förderung von Kindern und Jugendlichen an die Wissenschaft und unterstützte außerdem das Deutsche Museum in München mit einer Spende für die Physikausstellung.

Anstatt also den Firmengeburtstag als einzige große Party zu feiern, sollten Unternehmen diesen Meilenstein dazu nutzen, ihre Rolle in der Gemeinschaft herauszustellen, ihre treibenden Werte zu demonstrieren und Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Mit Spendenaktionen und Förderprojekten kann so die Öffentlichkeit als eine wichtige Zielgruppe der Kampagne angesprochen werden.

Wir-Gefühl erzeugen

Eine weitere, sehr wichtige Zielgruppe einer Jubiläumsfeier kann man hier ebenfalls geschickt einbinden: die Mitarbeitenden. Sie sind bei Jubiläen schon seit jeher zu Recht Adressaten von Dank und Wertschätzung. Jahrzehntelange Zugehörigkeit und große Verbundenheit zum Arbeitgeber kommen allerdings immer seltener vor, sodass zumindest ein Teil der Belegschaft am Firmengeburtstag erst seit kurzem dabei ist und kaum Bezug zur Geschichte hat. Um diese dennoch mit ins Boot zu holen und emotional für die gemeinsame Sache zu gewinnen, ist es hilfreich, den Mitarbeitenden eine eigene Rolle im Rahmen der Jubiläumsaktion zu geben. Anstatt sich nur mit Benefits beim Personal für den bisherigen Einsatz zu bedanken, empfiehlt Petra Lammers, das Team von Anfang an mit einzubinden und gemeinsam am Projekt zu arbeiten.

Im Fall der R+V-Kampagne gelang dies durch die Möglichkeit, Projekte für die Förderung vorzuschlagen, gemeinsam darüber abzustimmen, welche Initiativen unterstützt werden sollen und beim Zukunftsfestival die Themen und Projekte gemeinsam weiter zu diskutieren. Zudem wurden bei der großen internen Feier unternehmenseigene Moderator:innen genutzt und Interviews mit dem Publikum geführt. Auch als Expert:innen bei den Talks in den Tiny Häusern traten teilweise Mitarbeitende der R+V auf. Auf ähnliche Weise bindet Zeiss die Mitarbeitenden in die Förderinitiative ein: Im Rahmen eines unternehmensweiten Volunteering Programs können sie sich in den Projekten engagieren und ihr Know-how zur Verfügung stellen. Bei Merck dagegen wurden die internationalen Teams bereits drei Monate vor dem Event auf einer digitalen Plattform spielerisch und interaktiv involviert.

R+V Tour Tiny House
Die Tour des R+V-Versicherungskonzerns beinhaltete Diskussionsformate im mitreisenden Tiny House. (Bild: manuscript GmbH)

Keine Eintagsfliege produzieren

Durch die Ansprache verschiedener Stakeholder kann ein Unternehmen seine Jubiläumskampagne also als Marketingtool einsetzen und sich ins Gespräch bringen. Damit die Wirkung aber nicht nach kurzer Zeit verflogen ist, bedarf es einer nachhaltigen Strategie. Dazu gehört vor allem, den erzeugten Content weiterhin verwenden zu können. Bei der von onliveline konzipierten und umgesetzten Kampagne wurden als Social-Media-Kanäle entsprechend den Zielgruppen Twitter, Facebook, YouTube und LinkedIn benutzt. Der zugehörige Hashtag wird dort nach wie vor genutzt. Zudem besteht online noch die eigens erstellte Plattform mit allen Projekten, Diskussionen und einem Rückblick auf das zweitägige Festival.

Auch bei Zeiss wurde zum Jubiläum ein neues Format aufgezogen, das weiterhin Content liefert: eine Videoserie, bestehend aus regelmäßigen Interviews mit internen und externen Experten, die verschiedenste wissenschaftliche Innovationsthemen behandeln. Diese wird inzwischen als Podcast weitergeführt und ist damit leicht zugänglich und wirksam darin, das Unternehmen und seine Arbeit in den Köpfen zu verankern.

Erfolgsmessung anhand von Views und internem Feedback

Der Erfolg der Jubiläumsaktionen zeigt sich idealerweise auch in der Resonanz von interner und externer Seite. Bei „#MISSIONMITEINANDER“ wurden Reichweite und Views der Streams sowie die Anzahl an Projekteinreichungen erhoben. Mit gutem Ergebnis: Die Website erreichte bereits 850.000 Views, bei allen Social-Media-Posts kombiniert waren es sogar 19 Millionen. Für die Förderaktion wurden über 1.000 Projekte eingereicht, von denen schließlich 339 unterstützt wurden. Und auch in der internen Kommunikation gab es positives Feedback, das sich beispielsweise darin äußerte, wie gewissenhaft die Mitarbeitenden die vorgeschlagenen Projekte bewerteten.

Je nach Produkt kann darüber hinaus noch untersucht werden, wie sich Presseresonanz, Views der Unternehmenshomepage oder sogar konkrete Verkaufszahlen im Nachgang der Kampagne entwickelt haben. Möglicherweise kann sogar mit qualitativen Instrumenten erfragt werden, ob die Aktionen das Image der Marke positiv beeinflusst haben. Die KPIs des Eventmanagements lassen sich hier mit den klassischen Indikatoren des Marketings kombinieren und zeigen so auf, wie erfolgreich die Aktionen im Gesamtbild wirklich waren.

Fazit: Erfolgsfaktoren beim Firmenjubiläum

Quintessenz einer erfolgreichen Jubiläumskampagne ist also: Geschichte und authentische Werte des Unternehmens hervorheben, Öffentlichkeit und Mitarbeiterschaft einbeziehen und den Fokus nicht nur auf sich selbst legen, sondern einen echten Mehrwert für die Gemeinschaft bieten. Damit das ganze zukunftsfähig, innovativ und nachhaltig wird, bietet sich die Nutzung mehrerer medialer Kanäle und aktueller Technologien an. Zudem sollte ein Thema gefunden werden, unter das die Kampagne glaubwürdig gestellt werden kann und das große Aktualität und Relevanz besitzt. So kann das Firmenjubiläum Marketingtool und Anlass zu Reflektion und (Neu-)Positionierung zugleich sein.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Danke für den Artikel, aber Neu ist es nicht, dass ein Firmenjubiläum natürlich eine Marketing-Aktion ist. Bin 40 Jahre im Veranstaltungsbusiness und auch schon ohne Digitalisierung und Soziale Netzwerke waren die Ziele einer Jubiläumsfeier natürlich den Mitarbeitern zu danken, den Geschäftspartnern zu danken (neudeutsch: Stakeholder :-)) und das eigene Unternehmen und dessen Leistungen der vergangenen Jahren in den Vordergrund zu stellen und das Ganze durch die Fachpresse sowie die regionalen Medien nach Außen zu kommunizieren.
    Und Warum? Weil Firmenjubiläen eine PR- und Marketing-Maßnahme sind.
    Nennen Sie mir einen plausiblen Grund, warum ein KMU eine 5-stellige Summe ausgeben sollte, wenn daraus nicht ein Nutzen für das Unternehmen entsteht ???

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