Live plus Digital… ist nicht gleich „Hybrid”

Was bringt die Zukunft für hybride Events?

Eine Analyse, die auch jetzt noch Bestand hat: Gezielte Dämpfer auf die Digital-Euphorie bei der Planung und Durchführung von Events verteilte Prof. Dr. Hans Rück, Dekan des Fachbereichs Touristik­/­Verkehrswesen an der Hochschule Worms, am MICE-Day des ITB-Kongresses 2016 in Berlin. Präzise wog er in seiner Präsentation „SoLoMo – die faszinierenden Chancen und verdeckten Risiken der Digitalisierung von Events“ ab.

Smartphone Business Digital(Bild: Pexels)

SoLoMo steht für Social-Media-Location-based-Services – mobile Applications, ein Instrumentarium wie maßgeschneidert für den Event-Sektor. Jein, sagt Rück. Das gilt nur, wenn es als digitale Anwendung eine Präsenzveranstaltung optimiert, ohne sie ersetzen zu wollen.

Anzeige

Als Beispiele bringt er:

1. Im Vorfeld, d.h., Planung und Konzeption

  • Social-Monitoring
  • Crowd-Sourcing (hier nicht Gewinnung von Kapital, sondern von Ideen)
  • Vorfeld-Information (Newsroom)
  • Vorankündigung und Einladung (eigene Event-Homepage)
  • Networking (Teilnehmer-Management-Systeme, z.B. Xing Events)

2. Präsenzveranstaltung/Ablaufphase

  • Location-based Services (z.B. Virtual Reality, Kongress-Guide)
  • Live-Streaming
  • Social-Media-Monitoring, Event-Controlling
  • Virtuelle Parallel-Events

3. Im Nachfeld

  • File-Sharing
  • Video on Demand
  • Networking
  • Social-Media-Monitoring, Event-Controlling

Die Vorteile digital optimierter Events liegen auf der Hand:

  • größere Reichweite (Nicht-Teilnehmer, Interessenten, breite Öffentlichkeit)
  • höherer Nutzen für die Teilnehmer
  • Networking
  • verbesserte Information: Informationstiefe und Verfügbarkeit
  • höhere Interaktionsfrequenz vor, auf und nach dem Event
  • Verlängerung des Event-Erlebnisses in Vor-und Nachlaufphase hinein
  • zusätzliches Marketing-Instrument, „Buzz“-Marketing

Hybride Events – eine Warnung

Zu viel des Guten wäre auch nicht sinnvoll, warnt Rück, und weist auf die Risiken hin wie: elektronischer Overkill, Datenschutz, abnehmende Interaktionsqualität und schließlich Phubbing als Horrorszenario für ein Event: die Teilnehmer sind physisch an-, aber mental abwesend, irgendwo „im Netz“.

Im Buch der Könige kamen aus allen Völkern Leute nach Jerusalem, um die Weisheit Salomons begeistert zu erfahren. Nach heutiger Lesart muss es eine Fülle an Events, Meetings, Sessions und Präsentationen gegeben haben. Und Salomon hat dabei sicher auf seine Weise die Prinzipien von SoLoMo genutzt. Aber, und damit hat Rück schon im Alten Testament Zeugen, alle kamen, selbst die Königin von Saba, um sich selbst davon zu überzeugen („… und konnte mit eigenen Augen sehen“) – also live!

Denn Präsenz, direkt dabei sein, schafft, um Rücks Argumente gegen Online-Events ins Positive zu kehren, Interaktionsqualität, bietet Multisensorik, löst Begeisterung aus und bildet die Basis für gegenseitiges Verstehen, und darauf gründendes Vertrauen.

Folgerichtig warnt Rück abschließend davor, „Hybrid-Event“ als Gattungsbegriff für einen neuen Typ von Events einzuführen, denn falsche Begriffe lösen falsches Denken aus. „Hybrid“ könne hier allenfalls als ein Hinweis darauf gelten, dass ein konventionelles Event durch virtuelle/ digitalisierte Instrumente, also SoLoMo, ergänzt wird.

Es gehe hier nicht um Hybridisierung, sondern um digitale Optimierung! Bei einem Event ist Präsenz die Pflicht, Online die Kür! Zusammengefasst: „Die Events der Zukunft sind nicht »digital«. Die Events der Zukunft sind Events plus gezielte virtuelle Kommunikation!“

Hier können Sie sich den ganzen Vortrag „SoLoMo – die faszinierenden Chancen und verdeckten Risiken der Digitalisierung von Events“ noch einmal angucken:

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich kann nur gratulieren, dass die Redaktion diesen Vortrag aus 2016 ausgegraben hat. Ja, Corona vernebelt unser Denken und jeder jubelt über die Virtualität und die entsprechende Umsetzung. Dabei ist es in den meisten Fällen nur ein schlechtes Streaming unserer Live-Veranstaltungen. Hat denn diese virtuelle Umsetzung die Qualität meinen Teilnehmer wirklich bei der Stange zu halten? Ich kann nur empfehlen, sich diesen Vortrag von Prof. Rück genau anzusehen und denkt daran in nächster Zeit sind wir wieder Live und dann ist digital eine “Zugabe” und nicht mehr!
    Ich habe noch keinen gesehen – liegt vielleicht daran, dass wir noch keine Zeit hatten – der sich um die Zukunft nach Corona Gedanken gemacht hat. Aber diese Zukunft verlangt von uns Neues und Altes zu einer Einheit, zu einem Produkt zu entwickeln und dann verlangt diese “Zugabe” eine ebenso hohe Qualität in Ansprache, Umsetzung und Professionalität, wie wir sie vor Corona von unseren Live – Events verlangt haben.

    Denn das was wir zur Zeit produzieren ist gelinde gesagt Schrott. Schrott der uns abgenommen wird, weil wir einen schnellen Ersatz brauchten, aber dieser wird, wenn er mit dem Live-Event mithalten will bzw. eine wirkliche “Zugabe” sein soll, ein viel höheres Level, eigene Regeln der Kommunikation und damit ein eigenes Konzept benötigen. Also macht Euch ganz schnell auf den Weg, in die nach Corona Zukunft zu denken. Diese Zeit wird hoffentlich schneller kommen und denkt aber auch an die Budgets, diese Einheit von Live- und Digital wird ein doppelt so hohes Budget benötigen. Denn Qualität kostet nun mal Geld.

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreiben Sie einen Kommentar zu Michel Maugé Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.