Die Deutsche Bahn hat ihr bewährtes Veranstaltungsticket durch die Event-Angebote ersetzt. Was als Modernisierung angepriesen wird, offenbart für Prof. Dr. Markus Große Ophoff vom Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in der Praxis erhebliche Schwächen. Er zieht Bilanz.
Seit dem 1. Juli gelten die neuen DB Event-Angebote. (Bild: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben)
Seit mehr als 20 Jahren konnten wir unseren Tagungsteilnehmenden das Veranstaltungsticket der Deutschen Bahn für alle unsere Veranstaltungen anbieten. Für Großveranstaltungen konnten wir früher sogar spezielle Tarife erhalten. So kostete die Fahrt zur Woche der Umwelt des Bundespräsidenten im Jahr 2012 in der zweiten Klasse 69 Euro und in der ersten Klasse 109 Euro. Die Fahrkarte galt ab zwei Tage vor bis zwei Tage nach der Veranstaltung für jeden beliebige Zugverbindung. Für unser kleines Veranstaltungszentrum mit max. 200 Gästen hatten wir ein Pauschalangebot, das für jede Veranstaltung über ein ganzes Jahr genutzt werden konnte. Diese Jahresvereinbarungen haben wir kontinuierlich bis jetzt betrieben.
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Leider ist dies seit dem 1. Juli 2025 nicht mehr der Fall. Nun können wir nur noch für Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmenden ein entsprechendes Veranstaltungsticket anbieten und müssen dieses jedes Mal einzeln für jede Veranstaltung beantragen. Wir haben jedoch im Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt viele Veranstaltungen im Größenbereich zwischen 50 und 100 Teilnehmenden, die jetzt leider wegfallen. Bei den Veranstaltungen mit mehr als 100 Gästen steigt der Bürokratieaufwand für uns als Veranstalter deutlich an. Zudem ist der Preisvorteil des neuen Veranstaltungstickets nur noch schwierig nachvollziehbar, da nun auch hier ein dynamisches Preismodell angewandt wird und man den wirklichen Preis im Zuge der Buchung sehen kann.
Digitales Ticket im DB Navigator (Bild: Deutsche Bahn AG / Dominic Dupont)
All dies betrifft viele Veranstaltungshäuser. Alle müssen nun für jede Veranstaltung einzeln das Veranstaltungsticket beantragen und dann natürlich auch einzeln bei der jeweiligen Veranstaltung über die Webseite und weitere Kanäle kommunizieren. Ich habe für unser Haus eine Abschätzung vorgenommen: Wenn wir alle Veranstaltungen, die bisher das Veranstaltungsticket nutzen konnten, nach den neuen Konditionen anmelden und das dann jeweils kommunizieren, dann wird das bis zu einen Personenmonat an Aufwand erzeugen.
Wir haben die Buchung nun auch praktisch erproben können. Für die Verleihung des Deutschen Umweltpreises in Chemnitz mit rund 1.000 erwarteten Gästen haben wir das neue Event-Ticket angelegt und ausprobiert, wie es mit dem Preisvorteil aussieht. Für genau die gleichen Zeiten und Verbindungen von Osnabrück nach Chemnitz und zurück wurden die Preise einmal über den Link des Event-Tickets und andererseits über das normale Buchungssystem der Bahn gesucht. Dies ist das aktuelle Ergebnis recherchiert am 21. August:
Der günstigere Preis ist jeweils blau markiert. Ergebnis: Der Super Sparpreis und der Flexpreis ist bei der Eventvariante jeweils rund 10 % günstiger. Der Sparpreis ist in der Eventvariante aber mehr als 8 Euro teurer!
Wie kann das sein? Können wir unseren Kunden das Eventangebot so überhaupt noch empfehlen? Ich hätte fest erwartet, dass der Preis maximal so hoch ist, wie die jeweils entsprechende normale Buchung. Helfen wir durch den Link zum Event-Ticket der Bahn dabei unsere Kunden – zumindest in Einzelfällen – zu benachteiligen? Wir haben es mehrfach geprüft, da wir es nicht glauben wollten. Es ist wirklich so. Auch bei einer Recherche im Juli war der „Sparpreis-Event“ teurer als der normale Sparpreis. Das alte Veranstaltungsticket wäre bei der Fahrt beim Flexpreis bei Buchung im Juli rund 20 % und bei der aktuellen Buchungsanfrage im August rund 30 % preiswerter gewesen.
Erwartungen an die Deutsche Bahn
Damit das Veranstaltungsticket weiter funktionieren kann, braucht es zweierlei: Erstens muss es einen klar ersichtlichen Preisvorteil geben und zweitens muss es für Veranstalter und Veranstaltungsstätten praktikabel umsetzbar sein.
Es braucht zumindest Folgendes:
Das Veranstaltungsticket darf niemals teurer sein als ein entsprechendes normales Ticket
Für die Kommunikation mit den Teilnehmenden an Veranstaltungen wäre es gut, wenn man den Vorteil klar kommunizieren könnte. Dies wäre beispielsweise 10 % Preisvorteil gegenüber den normalen Preisen.
Es müssen Wege gefunden werden, wie dies für Veranstalter und Veranstaltungshäuser ohne den aktuell riesigen Zusatzaufwand umsetzbar ist. Hier wäre mehr Flexibilität in Absprache mit den Kunden wünschenswert.
Die Bahn sollte die Änderung als das kommunizieren, was sie sind: Sparmaßnahmen! Das wäre deutlich glaubwürdiger als das neue dynamische Preismodell schönzureden.
Wenn das Veranstaltungsticket, wie oben aufgezeigt, bei bestimmten Buchungen auch teurer ist, dann hat es seine Berechtigung verloren.
Welche Konsequenzen ziehen wir
Aktuell werden wir im Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt das Veranstaltungsticket für große Veranstaltungen wie die Verleihung des Deutschen Umweltpreises weiter anbieten. Wir werden auf der Webseite aber einen Warnhinweis in dieser Richtung ergänzen: „Das neue Event-Ticket ist oft günstiger als ein normales Ticket der Deutschen Bahn. In Einzelfällen kann es aber auch teurer sein. Wir empfehlen den Vergleich mit den normalen Preisen der Bahn und anderen Preisen des öffentlichen Schienen- und Busverkehrs.“ Weiterhin werden wir Kontakt mit anderen Anbietern aufnehmen, da das aktuelle Event-Ticket der Deutschen Bahn es nicht mehr rechtfertigt bei unseren Angeboten ausschließlich die Deutsche Bahn als Anbieter im Schienenverkehr zu kommunizieren.
Das Veranstaltungsticket ist in den erst Anfang des Jahres veröffentlichten Kriterien für den Blauen Engel für Veranstaltungen ein „Muss-Kriterium“. Ich denke nicht, dass dies unter den aktuellen Rahmenbedingungen noch haltbar ist, da es zu Mehrkosten bei den Teilnehmenden an den Veranstaltungen führen könnte. Dieses Kriterium sollte nun wohl leider angepasst werden.
Wir werden uns weiterhin für eine nachhaltige Mobilität einsetzen und alles dafür tun, dass dies gelingt. Unter den aktuellen Konditionen, wo eine Event-Ticket sogar teurer sein kann, sehe ich dieses nicht als zukunftsfähig an. Ich hoffe, dass sich die Deutsche Bahn noch bewegt.
(Bild: Hochschule Osnabrück)Markus Große Ophoff leitet das DBU Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und ist Honorarprofessor für Veranstaltungsmanagement und Nachhaltigkeitskommunikation an der Hochschule Osnabrück.