Technische Möglichkeiten und Herausforderungen von Virtual Reality

Virtual Reality und 360°-Videos: Wie erstellt man den passenden Content?

Wer sich für sein Event ein 360°-Video bzw. Aufnahmen für die Virtual Reality wünscht, sollte sich im Vorfeld genau informieren, welche Herausforderungen und Aspekte dabei im Detail zu beachten sind. Ein Beispiel: Wer alles zeigen will, der lässt auch wirklich alles sehen – auch Dinge, die man besser versteckt halten möchte, wie herumliegendes Kabelgewirr hinter den Boxen oder leere Müslipackungen am Messestand.

Live-Setup mit OZO-Kamera
Live-Setup mit einer OZO-Kamera auf dem Montreux Jazz Festival.

Was möchte ich zeigen?

Das Thema der 360°-Videos macht seit diesem Jahr immer mehr die Runde und auch Agenturen und Unternehmen wünschen sich Content mit Rundum-Ansicht. Vielen ist jedoch nicht bewusst, dass beim 360° Content auch wirklich alles gesehen werden kann: Dazu gehört u. a. die Technik, Kabelgewirr oder die leeren Getränkebecher am Messestand. Alles, was in 360°-Videos nicht gesehen werden soll, muss deshalb im Vorfeld kaschiert oder in aufwändiger Post Production retuschiert werden. Die Post Production bei 360°- Videos ist jedoch weitaus zeit- und arbeitsintensiver als bei gewöhnlichen Videos, da nicht nur die Aufnahmen einer, sondern gleich mehrerer Kameras bearbeitet werden müssen. Wer von 360°-Videos träumt, sollte sich zudem bereits im Vorfeld überlegen, was genau er zeigen möchte: Stellt sich im Anschluss an die Aufnahmen nämlich heraus, dass nur ein bestimmter Teil des Materials genutzt werden soll, muss das ursprünglich rectangular aufgenommene Format entzerrt werden. Dadurch entsteht ein höherer Zeit- und Kostenaufwand.

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“Wer alles zeigen will, der lässt auch alles sehen…”

 

Passt das Kamera-System in mein Gestaltungskonzept?

Eine 360°-Kamera lässt sich nicht wie „gewöhnliche“ Fernseh- und Aufnahmetechnik aus dem Geschehen einer Veranstaltung fernhalten. Um optimale Aufnahmen zu bekommen, muss das Kamera-System mitten im Geschehen aufgestellt sein. Bei einer eventuellen Bühnengestaltung muss das System also berücksichtigt und im Idealfall nahezu unsichtbar integriert werden.

Die erste Frage, die sich 360°-Interessierte also stellen sollten, ist: Darf die Kamera auf der Bühne beziehungsweise dem Event für alle sichtbar aufgebaut werden? Wenn diese Frage mit ja beantwortet werden kann, stellt sich als Folge die Frage, wo die Kamera aufgestellt werden kann. Da bei spielt nicht nur das gewünschte Bühnenkonzept eine Rolle, sondern auch die Sichtwinkelbeurteilung, die Perspektive und mögliche Artefakte, die sich im besten Fall nicht direkt auf dem Hauptakteur befinden.

Wie bringe ich das Video zur Zielgruppe?

Wer sich für Virtual Reality- und 360°-Content interessiert, stöbert wahrscheinlich zu Anfang im Internet nach entsprechenden Videos, um sich einen Eindruck zu verschaffen und dann oft enttäuscht die Seite verlässt. Denn die Inhalte, die im Netz frei zugänglich sind, sind oft Amateur-Aufnahmen oder werden durch die Download-Einstellungen der Videoplattformen verändert. So achtet YouTube beispielsweise auf die Geschwindigkeit eines Downloads und skaliert die Auflösung des Videos bei Bedarf herunter. Wer also ein Video in 4K hochlädt, schaut sich dieses Video unter Umständen später trotzdem nur in SD an, sofern die Internetverbindung nicht ausreicht, um die Daten schnell genug wiederzugeben. Die qualitative Endkontrolle geht durch die zahlreichen Zwischenplattformen verloren. Doch auch die Aktualität des Smartphones oder Tablets, das zum Streaming genutzt wird, kann auf die Qualität der Videos, die der Nutzer im Endeffekt sieht, Einfluss haben. Um eine Skalierung durch Zwischenplattformen zu umgehen, könnte man das Video vorladen bzw. puffern lassen, doch die meisten haben sich mittlerweile an kurze Ladezeiten gewöhnt und würden womöglich nicht die dafür nötige Geduld aufbringen. Beim Einsatz von 360°-Videos und Virtual Reality im Rahmen einer Produkt-Präsentation oder als Unterhaltungsaspekt einer Veranstaltung sind diese Schwierigkeiten leichter zu bewältigen, da die Qualität der Geräte und der Wiedergabe im eigenen Kontrollbereich liegen.

Wer seine Kontrollmöglichkeiten zugunsten von Zwischenplattformen aufgibt, riskiert es, seiner Zielgruppe einen verfälschten Eindruck von Virtual Reality und 360°-Videos zu vermitteln – ein Eindruck, dem professionelle Anbieter mit qualitativ hochwertigen Videos und Überzeugungsarbeit entgegenwirken müssen.

Wie man Content für Virtual Reality und 360°-Videos erstellt

Virtual Reality ist aus der aktuellen Berichterstattung nicht mehr wegzudenken. Jeden Tag erreichen neue technische Anwendungsbeispiele den Markt. Die wenigsten wissen jedoch, dass Virtual Reality gar keine so neue Erfindung ist …

Virtual Reality mag vielen unglaublich neu erscheinen, doch der aufmerksame Beobachter weiß, dass diese Technik gar nicht so neu ist. Im Prinzip erleben wir gerade bereits die zweite Welle von VR. Schon vor 30 bis 40 Jahren erforschten einige kluge Köpfe das weite Feld der VR. Aufgrund einer zu niedrigen Qualität der Displays und des Contents, konnte sich Virtual Reality damals jedoch nicht weiter durchsetzen.

Mittlerweile hat sich die Qualität der VR-Technik jedoch enorm verbessert, nicht zuletzt da die heutigen Speichermedien sehr viel ausgereifter sind als noch vor wenigen Jahren. Hinzu kommt eine stetig wachsende Infrastruktur: Viele Virtual Reality-Geräte gibt es bereits zu erschwinglichen Preisen, weshalb sich immer mehr Endkunden diese Technik anschaffen. Sobald diese Infrastruktur einmal vorhanden ist, erwarten die Kunden den entsprechenden VR-Content.

Artefakte vermeiden und Schnittstellen richtig positionieren

Um Inhalte für Virtual Reality zu erstellen, benötigt man – zumindest im professionellen Bereich – Kamerasysteme, die sich von gewöhnlichem Kamera-Equipment unterscheiden. Meistens werden dazu sogenannte Kamera-Rigs verwendet, also nebeneinander geschaltete Kameras, die auf eine Halterung montiert sind. Im PRG Lab in Düsseldorf hat man sich zur Erstellung von 360°-Content für die aktuelle Lösung von Nokia entschieden: das OZO-System. Verpackt in einer kugelförmigen Gestalt, vereint das OZO-System acht HD-Kameras. Das System verfügt über ein äußerst kompaktes und stylisches Design, das nicht größer als ein menschlicher Kopf ist. Dadurch lässt sich die Kamera relativ leicht in eine Veranstaltung oder eine Bühnengestaltung integrieren. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenzprodukten kommt das OZO-System zudem mit verhältnismäßig wenigen Kabeln aus und kann bei Bedarf sogar im Batteriebetrieb laufen. Ein immenser Vorteil, denn ein größeres System mit 16 bis 18 Kameras mag vielleicht ein größeres Pixelmap bieten, bringt jedoch nichts, wenn das System aufgrund seiner Maße und seiner Verkabelung gar nicht erst ins Bühnenkonzept passt.

OZO Creator Screenshot
Alle acht OZO-Kameramodule als Preview (Bild: PRG Lab )

Im Nachgang jeder Aufnahme mit einem 360°-Kamera-System muss das Videomaterial aufwändig zusammengeschnitten werden, bevor daraus eine richtige 360°-Sicht wird. Besonders die Übergänge zwischen den einzelnen Kameras sind sehr sensible Bereiche, da diese Schnittstellen häufig pixelig und unscharf sind. Diese Schnittstellen erfordern eine genaue Positionierung der Kamera sowie eine exakte Sichtwinkelbeurteilung, da sichergestellt sein muss, dass eine solche Kante nicht aus Versehen genau über dem Hauptgeschehen liegt.

Leider ist es fast unmöglich eine 360°-Aufnahme zu gewährleisten, bei der es keine Artefakte gibt. Am besten legt man deshalb den Fokus auf einen bestimmten Bereich und versucht, die Schnittstellen in den anderen Bereichen besonders unauffällig erscheinen zu lassen. Schwieriger wird die Festlegung des Hauptgeschehens im Kultur- und Live- Bereich sowie auf Veranstaltungen, bei denen sich Personen oder Objekte viel bewegen: Nimmt man beispielsweise ein Fußballspiel, das in 360° aufgenommen werden soll, kann es passieren, dass der Ball oder auch die Fußballer zwischenzeitlich in diesen Randzonen verschwinden.

Motion Sickness und das Problem der Datenspeicherung

Um einen möglichst homogenen 360°-Content zu erhalten, muss in der Post Production zudem die Perspektive der Bilder im Stitching angepasst werden. Steht die Kamera während der Veranstaltung an nur einem Ort, stellt dieser Aspekt meist weniger Probleme dar. Schwieriger wird es, wenn das System bewegt wird: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Perspektiv-Einstellungen während eines Ortswechsels verändern, ist ungleich viel höher und bedeutet logischerweise mehr Aufwand in der Post Production. Ähnliches gilt für mobile Aufnahmen. In diesem Fall kommt darüber hinaus noch die Motion Sickness hinzu, wenn der mobil aufgenommene 360°-Inhalt als VR-Content eingesetzt werden soll: Die Diskrepanz zwischen dem bewegten Content und dem immobilen Nutzer der VR-Brille führt häufig zu Unwohlsein, Schwindel und Übelkeit, die bereits durch kleinste Bewegungen ausgelöst werden können. Wie heftig jemand auf die Bewegungen reagiert, ist dabei individuell unterschiedlich.

OZO-Kamerasystem von Nokia
Nicht größer als ein Kopf, lässt sich das OZO- Kamerasystem von Nokia leicht in Gestaltungs – konzepte integrieren. (Bild: Sylvia Koch )

Eine der größten Herausforderungen, die es zum aktuellen Zeitpunkt zu bewältigen gilt, ist jedoch die Verarbeitung und Speicherung der enormen Datenmengen, die während der Produktion von 360°- und VR-Content entstehen. Über verschiedene Skalierungs- und Komprimierungsmöglichkeiten lassen sich die Datenmengen bändigen, so dass ein flexiblerer Umgang mit der Technik möglich wird. Die Skalierung und Komprimierung der Daten ist jedoch nur eine Behelfslösung. Damit die Technik wirklich alltagstauglich wird, besteht noch eine Menge Entwicklungsbedarf, damit die Datenträger noch größere Datenmengen speichern und verarbeiten können.

Einsatzmöglichkeiten von Virtual Reality im Eventbereich und Zukunftsmusik

Im Corporate-Bereich eignen sich Virtual Reality und 360°-Videos für eine ganze Reihe von Anwendungen: Dazu gehören u. a. touristische Kampagnen, als Tool für Design, Städteplanung, Architektur, Gaming, jede Art von Showroom, Exhibitions, in der Medizin, für Sport-Aufnahmen, im Bereich Real Estate, in der (militärischen) Aviation und bei Drohnenflügen, Conferencing sowie natürlich für das Gebiet Entertainment und Events.

Gemeinsam mit seinen Geschäftskontakten in einem Raum zu sitzen, ohne tatsächlich anwesend zu sein, ist schon lange ein Gesprächsthema. Mit dem Einsatz von VR und 360°-Aufnahmen wird diese Möglichkeit endlich realistisch. Für Events eignet sich die Technik besonders in Form von interaktiven Anwendungen, mit denen Unternehmen Besucher auf ihre Veranstaltung oder an ihren Messestand locken. Abhängig vom gewählten Content bzw. dem Industriezweig kann auf diese Weise eine große Zielgruppe erreicht werden. Die Option, eine Veranstaltung vollkommen auf dem Einsatz von VR zu begründen, sollte jedoch mit Vorsicht betrachtet werden. Denn der Gedanke hinter Events ist der Kontakt zu anderen Menschen und das daraus hervorgehende Networking. Wer seinen Besuchern jedoch eine VR-Brille aufsetzt, schränkt die Interaktion der Besucher ein. Denkbar ist jedoch ein kurzer Einschub mit VR während einer Veranstaltung, der für Abwechslung und Highlight-Momente sorgt. Aufgrund des hohen Aufwands in der Post Production und den damit einhergehenden finanziellen Belastungen, sollte jedoch im Vorfeld eine genaue Kosten-Nutzen-Kalkulation aufgestellt werden. Der Nutzen erhöht sich logischerweise, je öfter das finale Video bzw. die Anwendung eingesetzt wird. Festinstallationen oder häufig eingesetzte Anwendungen profitieren demnach mehr von 360°- und VR-Content als einmalige Veranstaltungen.

OZO Creator Screenshot
Konzert „Get-in“ Situation: Stitching Preview vom Montreux Jazz Festival (Bild: PRG Lab)

Einhergehend mit der weiteren Entwicklung von 360° werden sich auch artverwandte Techniken weiterentwickeln. Dazu gehört beispielsweise die Akustik, bereits jetzt gibt es Möglichkeiten der binauralen 3D-Wiedergabe. Im Gegensatz zum Stereosound, bei dem sich die  Geräuschquelle an einem festen Ort befindet, bewegt sich die Akustik bei der binauralen Wiedergabe passend zur Blickrichtung mit. Ein 3D-Audio-Mix, der sich abhängig von der Blickrichtung des Users entsprechend des Trackings der Brille anders positioniert, lässt die gesamte virtuelle Realität realer erscheinen, da das Unterbewusstsein ab einem bestimmten Alter genug Erfahrungswerte gesammelt hat, um eine Veränderung der Geräuschkulisse nicht nur zu erwarten, sondern quasi vorauszusetzen.

Um 360°-Videos und Virtual Reality noch realistischer erscheinen zu lassen, muss eine explizite Ansprache der verschiedenen Sinne gewährleistet sein oder anders herum ausgedrückt: Je mehr Sinne angetriggert werden, desto glaubwürdiger erscheint eine virtuelle Realität. Um das zu erreichen, gibt es die verschiedensten Ideen, die vom Einsatz verschiedener Düfte über die Nutzung von Ventilatoren bis hin zu echten G-Kräften reichen, die mit Hilfe entsprechender Simulatoren vorgetäuscht werden.


“Raketentechnik in der Entwicklungsphase”: Das PRG Lab in Düsseldorf

Seit Anfang des Jahres 2016 beschäftigt sich in Düsseldorf eine eigenständige Unit der PRG Group mit der Erforschung und Entwicklung neuer technischer Möglichkeit, die in der PRG Welt bislang noch nicht existieren. Der Fokus liegt dabei auf interaktiven Anwendungen und damit u. a. auch bei VR, AR sowie der dazugehörigen Steuersoftware und -hardware.

Daniel Hölscher (l.) und Michael Ochs
„Raketentechnik“ in der Entwicklungsphase: Daniel Hölscher (l.) und Michael Ochs (Bild: Sylvia Koch )

Innerhalb der PRG Group fällt dem Lab neben der Entwicklung und Erforschung neuer technischer Möglichkeiten die Aufgabe zu, aus klassischen und erlebten Anwendungslösungen Angebote für die Kunden zu generieren. Das Lab besteht als Forschungseinheit jedoch nicht nur aus Ingenieuren, sondern auch aus Designern, 3D-Artists und Grafikern. Mit dieser Kombination hat sich das PRG Lab besonders breit aufgestellt und verfügt über vielfältiges Know-how, das in die verschiedenen Projekte mit einfließt.

Daniel Hölscher, Head of PRG Lab, und sein Team haben bereits für verschiedenste Kunden Projekte geplant und umgesetzt. So entwickelte die PRG Unit beispielsweise den Time-Freeze für Opel, der sowohl auf der IAA 2015 als auch auf der BOE 2016 zu sehen war. Seit dem großen Erfolg der Anwendung wird diese nun als eigenes Format von PRG weitervermarktet. Gemeinsam mit audioborn machte sich das PRG Lab zudem an die Aufgabe, das Montreux Jazz Festival 2016 mit dem OZO-System aufzunehmen. Die Auftritte von 21 Artists wurden auf diese Weise in 360° festgehalten.

Wir bedanken uns noch einmal für das schöne Gespräch mit Daniel Hölscher und Michael Ochs aus dem PRG Lab!

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