Über die Sinnhaftigkeit von Akkreditierungen auf Events

Pro & Contra: Sammeln personenbezogener Daten des Eventpersonals

Macht das Sammeln personenbezogener Daten des Eventpersonals Sinn und trägt es wirklich zur Erhöhung der Veranstaltungssicherheit bei? Eine heiße Diskussion in einer Zeit, in der der eine Personenkreis bereitwillig alle persönlichen Daten offeriert, um eine vermeintlich höhere Sicherheit zu erlangen, während andere Gruppierungen vehement gegen die Aufgabe der Persönlichkeitsrechte wettern.

(Bild: Pixabay)

Noch nie wurde das Thema Veranstaltungssicherheit auf Events so hoch gehängt wie heute in Zeiten des modernen Terrorismus. Ein Sicherheitskonzept darf dabei natürlich nicht fehlen. Fester Bestandteil dessen: Die Überprüfung aller am Event beteiligten Personen, sei es der Aufbauhelfer oder der Koch. Personenbezogene Daten werden gesammelt, um (ein Gefühl der) Sicherheit zu schaffen. Nur, sind wir so tatsächlich sicherer? Oder ist es ein Datensammeln um des Sammelns willen, da die vollständige Überprüfung des gesamten anwesenden Eventpersonals eine Illusion ist? Doch sind wir den Versuch nicht den Gästen schuldig?

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Fragen, zu denen Sabine Funk, Geschäftsführerin des Internationalen Bildungs- und Trainingszentrums für Veranstaltungssicherheit (IBIT), und Brigitte Nußbaum, Geschäftsführerin der Eventagentur trendhouse event marketing, in unserem Pro & Contra Stellung beziehen.

Pro: Ein Feuerwerk zünden – aber bitte nur für die Gefühle

Brigitte Nussbaum(Bild: trendhouse event marketing)

Brigitte Nußbaum, Geschäftsführerin trendhouse event marketing

Events sind ein Erlebnis. Wir inszenieren darin Botschaften als ein Feuerwerk der Emotionen – und das als Rundum-Sorglos-Paket. Diese Leichtigkeit des Seins verbindet sich im professionellen Bereich immer mit unterschiedlichsten Rechtskreisen und elementaren Fragen der Sicherheit. Der Bundesgerichtshof hat dazu in einem Urteil die Richtung vorgegeben: „Die Sicherheit des Besuchers hat absoluten Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen des Veranstalters.“ Sicherheit ist mit anderen Worten ein Must-have. Mit „ein bisschen“ oder „das müssen wir nicht ganz so eng sehen“ ist es definitiv nicht getan. Und das aus zwei Gründen: Zum einen gilt wie in allen Geschäftsbereichen der Rechtsgrundsatz: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Zum anderen stehen wir gegenüber unseren Kunden und ihren Gästen in einer besonderen Verantwortung. Diese müssen maximal und kompromisslos darauf vertrauen können, dass alle Besucher wieder gesund nach Hause zurückkehren können. Dem muss eine entsprechende Sicherheitsplanung Rechnung tragen.

Als beratende Dienstleister liegt dabei der Ball in unserem Spielfeld. Das heißt, wir müssen uns um alle (!) sicherheitsrelevanten Belange kümmern, unsere Kunden entsprechend aufklären und so den Weg in die angestrebte Rundum-sorglos-Veranstaltung ebnen, wohl wissend, dass kein Sicherheitskonzept der Welt jeglichen Schaden verhindern kann. Gleichwohl müssen wir alles menschlich und technisch Mögliche tun, dass das Sicherheitskonzept auch umgesetzt wird. Es nur zu erstellen, reicht nicht! In der digitalen Welt sind dabei der Umgang mit Daten und IT-Sicherheit ebenso wichtige Bausteine wie Arbeitsschutz, Lebensmittelhygiene, Lärm- und Jugendschutz oder die Wahrung von Urheber- oder Persönlichkeitsrechten.

Wenn wir alles Erforderliche und Zumutbare tun wollen, um Schäden von Mitarbeitern, Mitwirkenden, Dienstleistern und Besuchern fernzuhalten, gehört dazu auch die Akkreditierung des eingesetzten Personals. Ja, wir wollen ganz genau wissen, mit wem wir zusammenarbeiten und wem wir unsere Gäste anvertrauen. Und zwar ohne Wenn und Aber. Den Rahmen für solche Überprüfungen setzt die Datenschutzgrundverordnung. Diese wurde bei ihrer Einführung oft als „lästig und umständlich“ gescholten. In diesem Fall setzt sie aber für uns als Veranstalter Leitplanken, an denen wir uns in Sicherheitsfragen gut orientieren können. Gewiss, Sicherheitsüberprüfungen mögen lästig und aufwändig sein. Sie nicht mit aller Konsequenz anzugehen, wäre jedoch nicht nur fahrlässig, sondern auch unverantwortlich und damit keinesfalls akzeptabel. Also, geben wir doch einfach immer unser Bestmögliches. Um des großen unbeschwerten Erlebnisses willen.

Contra: Daten, Fakten … Einstellung?

Sabine Funk
Sabine Funk (Bild: IBIT)

Sabine Funk, Geschäftsführerin IBIT

Sucht man nach einem Synonym für „heißes Eisen“, findet man „in ein Wespennest stechen“, „einen Nerv treffen“, „einen wunden Punkt berühren“ – und ja, all das trifft das Thema der letzten beiden Veranstaltungssaisons ziemlich gut: Akkreditierung – und noch besser im Sinne der Dramatik: Zuverlässigkeitsüberprüfung. Rock am Ring 2017 hat gezeigt, welche Auswirkungen ein kleiner Übertragungsfehler in einem Namen haben kann – was nicht bedeutet, dass es nicht absolut wünschenswert ist zu wissen, wer sich eigentlich alles auf der eigenen Veranstaltung bewegt. Die Frage ist nur: Was nutzt das? Was nutzt es, wenn ein Teil der Leute akkreditiert und gegebenenfalls sogar zuverlässigkeitsüberprüft wurde? Was ist mit dem anderen Teil? Sind wir sicherer, wenn wir die Namen von 50% der sich bei uns bewegenden Menschen kennen?

Ich ignoriere an dieser Stelle die Variante „Akkreditierung ohne Passkontrolle“ – darüber zu schreiben, ist nun wirklich müßig (nicht, dass es nicht in der Welt da draußen nicht genauso passieren würde), und betrachte die Variante „perfekte Welt“: Alle Mitwirkenden (also: alle!) sind akkreditiert, die Personalien vor Ausgabe des Arbeitspasses überprüft und die Sicherheitskräfte nach §34a GewO darüber hinaus noch zuverlässigkeitsüberprüft, weil wir es geschafft haben, alle Namen vier Wochen vor der Veranstaltung einzureichen und es seither auch keine Verschiebungen und Ausfälle gegeben hat. Mal sehen, was wir gewonnen haben: Wir kennen alle Namen. Topp – insbesondere auch aus menschlicher Sicht. Wir wissen, dass die Sicherheitskräfte nach §34a auf keiner Fahndungsliste stehen. Auch gut. Wir wissen auch, dass niemand der überprüften letztlich beim Schwarzfahren erwischt wurde (kostet schon mal die Zuverlässigkeit). Danach wird es schon etwas schwieriger, wissen wir doch immer noch nicht, ob uns der eine Mensch mit dem blütenweißen Register Böses will oder ob der andere seit der letzten Überprüfung vielleicht jemanden kennengelernt hat, der ihn/sie auf dumme Gedanken gebracht hat. Leider wissen wir auch nicht, ob der Überprüfte neben der blütenweißen Weste noch etwas anderes mitbringt, zum Beispiel die Qualifikation für seine Arbeit.

In der Realität kommen allerdings durchaus noch pragmatischer Probleme dazu: Der akkreditierte sicherheitsüberprüfte Kollege ist krank – ausgerechnet heute! – und wird ersetzt durch den akkreditierten (geht ja ganz fix), leider aber nun nicht mehr sicherheitsüberprüften Kollegen. Und nun? Und ach ja, XXX weiß noch nicht, wen er schickt, und XXY gibt die Namen seiner Mitarbeiter sowieso nicht raus …

Nicht selten wirkt es, als werde die Akkreditierung als Beweis der Sicherheit geführt – letztendlich ist es jedoch ein Scheinargument, das über deutlich gravierendere Probleme hinwegtäuscht.

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