Interview mit Media Artist Andree Verleger

Die kreative Konzeption großer Shows

Wenn es um die ganz großen Eventshows geht, ist Media Artist Andree Verleger mit seiner Kölner Firma ABC Event Production für viele Eventagenturen und Firmen die erste Wahl in Sachen Kreativkonzept.

Eventagenturen wie Endkunden greifen zum Hörer, um die kreativen Showkonzepte von Media Artist Andree Verleger einzukaufen. Ende 2014 gewann der Media Artist beim FAMAB Award einen goldenen Apfel für das Best Public Event mit „New Year‘s Eve 2012/2013 & Water, Fire & Light 2013“, das offizielle Neujahrsevent in Downtown Dubai. EVENT PARTNER sprach mit ihm über die Quelle seiner Inspiration:

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Was treibt Sie als Media Artist bei Ihrer Arbeit an?
Das ist zum einen der Wunsch, das, was in meinem Kopf an Kreationen ist, tatsächlich auf die Bühne zu bringen. Und zum anderen möchte ich neue Ideen und Innovationen entwickeln. Es ist die Neugierde, die mich antreibt, die Ideen in meinem Kopf weiterzuentwickeln und etwas Eigenes zu kreieren. Dabei stelle ich mir nicht unbedingt die Frage: Was kostet das? – wie es ein Geschäftsmann tut. Stattdessen schaue ich: Wie sieht das aus, was bringt mir das für den Kopf?

Ich bin in der Kreationsphase typischerweise derjenige, der sich mit der Kostenstelle rumprügelt. Die fragen, was das Ganze bringe, ich antworte, keine Ahnung, aber so sei es am Innovativsten. Das Verhängnis ist dabei natürlich, dass man nicht einfach nach Ideen im Internet recherchieren kann, sondern selbst denken muss, was ja heutzutage kaum noch jemand tut. Ich kann das insofern nachvollziehen, als dass der Zeitdruck meistens so groß ist, dass man nicht unbedingt die Möglichkeit hat, seinen eigenen Kopf einzusetzen und ein eigenes Design zu entwickeln. Da ist es eben einfacher, woanders nachzusehen.

Ich selbst schaue sehr selten ins Internet, weil ich weiß, dass mich das viel zu stark in der Innovation beeinflusst. Das bringt mich nachher in eine Richtung, in die ich nicht will. Wenn man als Media Artist die Bilder aus dem Internet nicht aus dem Kopf bekommt, ist kein Platz für neue da.

Wo holen Sie sich die Inspiration für Ihre eigenen Bilder?
Das sind manchmal einfach Schlüsselsituationen. In der letzten Zeit kommen sehr viele Anfragen aus dem Ausland, da gibt es bestimmte Thematiken, um die es geht. Da mache ich mir Gedanken darüber, und manchmal entsteht aus einem Geistesblitz im Kopf ein Film. Ich kann ja nichts komplett Neues erfinden. Ich kann höchstens die Bestandteile nehmen und sie vom Ansatz her neu kombinieren, so dass sie eine neue Anmutung bekommen. Wenn ich etwas entwickle, überlege ich mir, wie man es bisher gemacht hat – und denke dann darüber nach, wie man es anders machen könnte; so, wie man es vorher noch nicht gemacht hat. Diese Ideen entstehen innerhalb von Augenblicken, insbesondere wenn ich unter Druck gerate.

Natürlich informiere ich mich als Media Artist auch über den Stand der Dinge und fliege hierzu regelmäßig nach Las Vegas. Dort sieht man gebündelt alle aktuellen Shows aus dem Entertainmentbereich. So sehe ich, wo ich derzeit stehe. Aber das will ich nicht kopieren, sondern gleich vom Ansatz her etwas ganz Neues machen.

Ist „immer neu“ aber nicht auch ein Stück Überzeugungsarbeit gegenüber dem Kunden? Man kann sich als Media Artist ja nicht auf Referenzen beziehen und hat auch einen ganz anderen Kostenfaktor. Standardmodule sind im Regelfall ja günstiger, als alles immer neu zu entwickeln.
Wir haben früher probiert, Module zu entwickeln. Das Problem ist aber, dass man in jedem Briefing einen anderen Ansatz und eine neue Basis hat. Somit kann man die Module oft nicht übertragen. Plus: In derselben Branche kann man nicht für verschiedene Marken das Gleiche machen. Andere können Module benutzen: Sie investieren einmal, entwickeln ein Produkt und verdienen dann daran, es mehrmals für verschiedene Projekte zu verkaufen. Das geht bei mir als Media Artist nicht, meine Arbeit kann ich nur einmal verwerten. Sie wird von zu vielen Leuten gesehen. Wenn ich etwas entwickle, sind manchmal ähnliche Teile darin, aber diese sind nicht wirklich sichtbar und im Prinzip ist es immer etwas Neues. In der Kombination der Elemente stecken viele neue Möglichkeiten für Events.

Was sind für Sie Trends in technischer Hinsicht?
Das ist das, was ich echt bemängele. Ich sehe momentan keine. Video-Mapping ist ja im Grunde auch nur Video-Projektion – jetzt eben um die Kurve herum. Damit stellt es für mich aber nur einen weiteren Aspekt des Vorhandenen dar und ist nichts Innovatives. Innovation ist die Kombination von allem: Bewegung/Kinetik auf der Bühne, verbunden mit Video-Mapping und ausgeschmückt mit der richtigen Form von Interaktion, beispielsweise mit Hilfe von Tracking. Aber echte Interaktion hat noch zu viele Tücken, sie ist derzeit noch zu stark begrenzt.

Wichtig ist, dass eine Magie im Bild entsteht, und dass man diese Magie einfängt und sie in kürzester Zeit auf Situationen überträgt. Auf der Bühne muss Perfektion im Detail herrschen, sonst geht die Magie verloren. Trends muss man selbst entwickeln. Ich arbeite gerade an solchen Ansätzen, so ein „never seen before“. Ich nehme bekannte Dinge wie Holoprojektion und Laser und entwickle neue Möglichkeiten, sie einzusetzen. Dabei muss man aber sehr schnelle Schritte machen, weil heutzutage einfach zu viel zu schnell kopiert wird.

Andree Verleger (l.), Media Artist und CEO von ABC Event Production, und Charlie Chen, CEO SMS Group – Sculpture Marketing Services
Andree Verleger (l.), Media Artist und CEO von ABC Event Production, und Charlie Chen, CEO SMS Group – Sculpture Marketing Services, anlässlich des Launch des Skoda YETI in Shanghai. (Bild: JXY)

Insgesamt gibt es meiner Meinung nach im Eventbereich wenige Trends, vieles wiederholt sich ständig. Man ist immer noch sehr begrenzt auf große Projektionsflächen. Aber es steckt viel Potenzial in der Ausdruckskraft von Bildern und den Möglichkeiten, mit Hilfe von CGI ganze Bilderwelten zu schaffen. Wenn man das mit Interaktion, Virtualität und Kinetik verbindet, dann hat man Innovation. Leider gehen Innovation und Perfektion im Eventbereich oft durch Zeitmangel verloren.

Wie viel Zeit benötigt man Ihrer Meinung nach für eine gute Show?
Damit das Ganze den optimalen Effekt hat, sollte man als Media Artist schon zwei bis drei Wochen einplanen. Die Show muss in den Proben sorgfältig ausgearbeitet werden. Man sieht deutliche Unterschiede zwischen der Show nach fünf Tagen und nach zwei bis drei Wochen Proben, auch wenn die Akteure genau das Gleiche machen wie am Anfang. Das Gespür für die Übergänge und der richtige „Flow“ kommen einfach erst mit der Zeit. An einem bestimmten Punkt passiert der Durchbruch und ab dann kommen die magischen Momente, die Perfektion.

In der Eventbranche ist das den Kunden aber schwer zu vermitteln. Viele Briefings sind überladen mit Informationen, die alle in einer Idee transportiert werden sollen. Das überfordert aber den Zuschauer. Ähnlich sieht es mit zu viel Wort und Schrift aus – die besten Shows sind meiner Meinung nach die, die ohne Worte verstanden werden.

Gibt es denn da international verschiedene Geschmäcker?
Auf jeden Fall! China tickt definitiv anders als Deutschland. Die internationalste Sprache ist natürlich die ohne Worte. Aber eine Show, die für Deutschland konzipiert wurde, könnte so in China nicht gezeigt werden. Dort sind das Verständnis und die Verarbeitung von Informationen völlig anders und auch die Erwartungen unterscheiden sich. Ebenso müssen die Events für Russland, Amerika oder die arabische Welt wieder abgewandelt werden. Es herrschen einfach verschiedene geistige Haltungen und überall ein anderes Verständnis von Show. Was genau anders ist, kann ich so direkt gar nicht benennen, aber ich habe ein Gespür dafür entwickelt, was geht und was nicht, bzw. was interessant ist und was nicht. Das lernt man mit der Zeit.

Und wie vermitteln Sie den Auftraggebern die Ideen aus Ihrem Kopf?
Ich versuche gern, meine Ideen filmisch darzustellen, weil ich ja die Fantasie des Kunden nicht passgenau abrufen kann. Auf diese Weise werden meine Vorstellungen anschaulicher – und auch besser übertragbar, zum Beispiel wenn mehrere Personen nacheinander Entscheidungen treffen. Anstatt dass der Ansprechpartner versuchen muss, dem Chef die Idee zu vermitteln, macht ein Film das viel griffiger. Deshalb ist so ein Präsentationsfilm sehr genau und dokumentarisch gemacht. Er soll darstellen, wie die Show am Ende aussehen kann, nach dem Motto „what you see is what you get“. Das machen wir aber nur bei genug Zeit und Jobs mit einem großen Auftragsvolumen. Immerhin sind für einen guten Film sechs bis sieben Leute für zwei bis drei Wochen beschäftigt. Und man braucht Spezialisten, die eine eigene Handschrift einbringen können.

Das Problem dabei ist doch aber, dass Pitches oft gar nicht bezahlt werden.
Das stimmt. Ich finde diese Haltung sehr ineffektiv und kann sie nicht wirklich nachvollziehen. Warum holt man sich nicht dauerhaft die Media Artists ins Boot, von denen man weiß, dass sie gut sind? Oder, was ich mich auch schon gefragt habe: Warum wird nicht in eine eigene Entwicklungsabteilung für den Eventbereich investiert, anstatt regelmäßig Geld für neue Pitches und Ausschreibungen rauszublasen? Aber bisher konnte ich darauf noch keine Antwort bekommen …

Sie arbeiten sehr viel in China, den Emiraten und Hongkong. Verschiebt sich Ihre Arbeitsumgebung als Media Artist mehr in den internationalen Bereich?
Ja, sie verschiebt sich definitiv, und ich finde, es ist ein Privileg, so zu arbeiten. Die Märkte verändern sich aber auch. Früher war es so, dass deutsche Agenturen nach China gegangen sind, weil dort die Expertise fehlte und westliche Standards gefragt waren. Heute arbeiten die meisten Kunden mit Agenturen aus Hongkong, Taiwan und dem restlichen Asien zusammen. Deren Standards sind längst mit den deutschen vergleichbar. Die großen Aufträge kommen ebenfalls meistens aus China. Dort finden Events einfach häufiger und in einer anderen Größenordnung statt.

Geben die chinesischen Unternehmen denn mehr für Events aus?
Wenn man die Ausgaben an den Lebenshaltungskosten dort im Vergleich zu hier misst, geben sie mehr für den Bereich aus. Aber die Art und Weise, wie Jobs vergeben werden, ist ein Problem. Alles wird ausgeschrieben und am Ende weiß man nicht, woher das Material oder die Technik kommen und wie ihre Qualität ist. Das macht die Zusammenarbeit schwieriger. Aber dafür ist dort viel mehr möglich, in China ist man bei der Inszenierung mutiger. Für die Kreation ist China ein guter Markt.

 

Weiterlesen: Ein Projektbericht über die Nu Skin Gala in Dubai, konzipiert von Uniplan und Andree Verleger.

 

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